Photo: DegumMit Ultraschall Kindesmisshandlung erkennen

Bonn (16. Dezember 2011) – Etwa 100 bis 200 Säuglinge sterben jährlich in Deutschland an den Folgen eines Schütteltraumas. Starkes Schütteln von Babys und Kleinkindern ist eine der häufigsten Formen von Kindesmisshandlung. Stirbt das Kind nicht, erleidet es mitunter schwerste Behinderungen. Mittels Ultraschall lässt sich ein Schütteltrauma diagnostizieren, denn die Sonografie macht die für dieses Trauma typischen Blutergüsse (subdurale Hämatome) um das Gehirn sichtbar. Einer aktuellen Studie zufolge ist oft auch der Wirbelkanal betroffen, der das Rückenmark schützt. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) rät deshalb, in die Diagnostik des Schütteltraumas die Sonografie des Wirbelkanals einzubeziehen.

Schreien Säuglinge stunden- oder gar nächtelang, verlieren Eltern aus Verzweiflung oder Überforderung mitunter die Kontrolle über sich und schütteln ihr Kind heftig. Babys können dadurch schwere Verletzungen an Gehirn und Rückenmark erleiden. „Schwingt der kleine Kopf durch das Schütteln stark hin und her, bilden sich schnell subdurale Hämatome“, sagt Dr. med. Axel Feldkamp, Leitender Oberarzt der Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin am Klinikum Duisburg und Leiter der Sektion Pädiatrie der DEGUM. Für Ärzte sind die Blutergüsse unter der Hirnhaut ein wichtiger Hinweis auf ein Schütteltrauma. Denn in vielen Fällen treten keine äußeren Verletzungen auf.

Eine Studie an der Universitätsklinik Innsbruck zeigt jetzt, dass auch Blutergüsse um das Rückenmark des Kindes darauf hindeuten können: Nachdem Dr. med. Ingmar Gassner bei sechs Säuglingen mittels Ultraschall Blutergüsse um das Gehirn festgestellt hatte, untersuchte er auch deren Rückenmark. Bei Säuglingen ist der Wirbelkanal einschließlich des Rückenmarks mittels Sonografie sichtbar, da die schützenden Wirbelbögen noch weitgehend aus Knorpel bestehen, den die Ultraschallwellen durchdringen. Beim Erwachsenen ist dies nicht mehr möglich, da die Wirbelbogen verknöchert sind.

Ultraschallexperte Dr. Gassner entdeckte bei allen sechs Säuglingen Blutergüsse auch um das Rückenmark. „Ihr gemeinsames Auftreten um Gehirn und Rückenmark kann den Verdacht eines Schütteltraumas erhärten“, sagt Dr. Gassner. Er empfiehlt daher, bei jedem Verdacht auf ein Schütteltrauma stets sowohl Gehirn als auch Rückenmark mittels Ultraschall zu untersuchen. Denn eine übersehene Kindesmisshandlung könne schwerwiegende Folgen für einen Säugling haben: Die durch das Schütteltrauma verursachten Schädigungen des Gehirns verursachen oft schwere geistige und körperliche Behinderungen oder sogar den Tod des Kindes. Etwa ein Viertel aller Babys mit Schütteltrauma sterben daran.

Die DEGUM befürwortet bei Verdacht auf ein Schütteltrauma die Sonografie des Gehirns und auch des Wirbelkanals ausdrücklich. „Es gelingt damit, den Verletzungsgrad und die Ursache der Blutung genauer und sicherer festzulegen“, sagt Pädiater Dr. Feldkamp: „Die Studie sollte alle Ärzte, die Kinder mit dem Verdacht auf ein Schütteltrauma behandeln, dazu anregen, mittels Ultraschall zusätzlich den Wirbelkanal zu untersuchen.“


Quelle

  • M. Edelbauer, K. Maurer, I. Gassner
    Spinal Subdural Effusion – An Additional Sonographic Sign of Child Abuse
    Ultraschall in der Medizin 2011; doi: 10.1055/s-0031-1281670


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V., 16.12.2012 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…