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16. Bamberger Gespräche 2012
Inkontinenz – Zukünftige Herausforderungen
Prof. Dr. med. Ingo Füsgen
Bamberg (8. September 2012) – Der demografische Wandel mit dem massiven Anstieg Betagter und Hochbetagter wirft nicht nur soziale Probleme auf, sondern bedeutet auch für das Gesundheitswesen eine Umstellung und Neuausrichtung. Altersabhängige Krankheitsbilder wie die Inkontinenz haben dabei besondere Bedeutung, da sie nicht nur die Lebensqualität der Älteren erheblich beeinträchtigen, sondern auch häufig mit Pflege und damit Kosten für die Gesellschaft verbunden sind. Zu dieser schnellwachsenden Zahl älterer, multimorbider, chronisch Kranker mit Funktionsdefiziten kommt nun noch der Wandel in unseren diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Vorstellungen. Während junge Mediziner in die bestehende und sich weiter rasch verändernde Versorgungssituation hineinwachsen, bedeutet der demografische und der medizinische Wandel eine besondere Herausforderung für die Mehrzahl der bereits länger tätigen Ärzte. Das diesjährige Bamberger Gespräch greift einige Problemkreise auf, die uns alle herausfordern.
In den letzten 40 Jahren sind wir physisch und psychisch 10 Jahre jünger geworden. Ein 70-jähriger heute bringt die Leistung eines 60-jährigen 1970. Im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel stellt sich hier immer drängender die Frage nach der Tätigkeit von Ärzten nach dem 65. Lebensjahr. Dies gilt insbesondere für chirurgisch tätige Ärzte. Herr Prof. Dr. Karl-Heinz Rothenberger aus Landshut greift dieses Thema mit seinem Vortrag „Operateure im Alter oder ändern sich älterwerdende Operateure?“ auf. Rainer Beckers, M.P.H., M.A., Geschäftsführer der ZTG GmbH, Bochum, spricht über das Thema „Medizin und Informationstechnik: Das Beispiel Telemedizin“. Entgegen vielen Vorurteilen kommen anscheinend Ältere mit der Technik relativ gut zurecht – sie muß nur gut sein. So werden nicht unerwartet technische Systeme bei der medizinischen und pflegerischen Betreuung von alten Menschen immer wichtiger. Sie helfen den Betroffenen, länger selbstbewußt in ihrem gewohnten Alltag zu leben. Wenn man über Herausforderungen für uns Ärzte spricht, kommt man um das Thema Medizin und Technik nicht umhin. Die Thematik wird für uns in den nächsten Jahrzehnten ein Dauerthema bleiben.
Ein Dauerthema wird auch die pflegerische Betreuung multimorbider, älterer, chronisch Kranker bleiben. Durch die zunehmende Zahl Hochbetagter mit Pflegebedürftigkeit bei gleichzeitiger Singularisierung der Gesellschaft bekommt das Pflegeheim immer mehr Bedeutung. Jährlich entstehen in Deutschland ca. 100 neue Pflegeheime. Bis zu 60% der Pflegebedürftigen in der stationären Betreuung sind inkontinent und werden nicht immer optimal medizinisch und pflegerisch betreut. Frau Prof. Dr. Katja Boguth greift dankenswerterweise diesen Problemkreis auf.
Neben der rasch zunehmenden Zahl älterer Kranker, gibt es auch eine Reihe neuer diagnostischer Möglichkeiten die uns herausfordern. Zu erwähnen sind hier besonders radiologische und genetische Untersuchungsmöglichkeiten. In der Inkontinenzdiagnostik macht die Pelvic Floor Sonographie von sich reden. Dr. Jacek Kociszewski geht auf den Stellenwert dieser diskutierten Untersuchungsformen ein und versucht eine Bewertung für die Diagnostik der Harninkontinenz durchzuführen.
Verschiedene Gruppen von Medikamenten kommen zur Behandlung der Dranginkontinenz in Betracht. Die wichtigsten Präparate sind die tertiären (Oxibutynin, Tolterodin, Solifenacin und Darifenazin) und quartären Amine (Trospiumchlorid). Prof. Dr. Joachim Geyer von der Universität Giessen geht in seinem Vortrag auf die Unterschiede in der Pharmakokinetik und renalen Elimination von den genannten Substanzgruppen ein. Eine wichtige Frage, da sich die Pharmakokinetik und hier insbesondere die renale Elimination mit zunehmenden Alter physiologischer Weise verändert. Dann wird von Herstellern tertiärer Amine argumentiert, dass quaternäre Amine mit ihrer hauptsächlichen renalen Elimination durch die physiologischen Veränderungen im Alter problemhaft seien.
Das Referat „Dranginkontinenz nicht als isoliertes Krankheitsbild sehen“ geht auf den engen Zusammenhang zwischen hyperaktiver Blase, Stuhlinkontinenz und Obstipation ein. Seit längerem liegen eine Reihe von Untersuchungen vor, die auf einen Zusammenhang der hyperaktiven Blase, Stuhlinkontinenz und Obstipation hinweisen. Jetzt liegen die ersten größeren Untersuchungen bei Erwachsenen vor, die einen Zusammenhang zwischen chronischer Obstipation, Stuhlinkontinenz und den Symptomen einer Dranginkontinenz aufzeigen. Männer und Frauen scheinen dabei in gleicher Weise altersabhängig davon betroffen zu sein. Wahrscheinlich spielen hier Multimorbidität mit mechanischen Einflüssen, cerebrale Probleme und eine Polymedikation die herausragende Rolle. Für die Diagnostik und Behandlung einer Urininkontinenz ergibt sich somit eine Erweiterung der Diagnostik und der therapeutischen Maßnahmen über das rein urologische und frauenfachärztliche Handeln hinaus.
Herr Kollege Dr. Andreas Wiedemann geht auf das schwierige differentialdiagnosche und therapeutische Problem der intravesikalen Obstruktion bei gleichzeitigem Vorliegen einer überaktiven Blase ein. Hier stellt ein besonderes differentialdiagnostisches und therapeutisches Problem das Bestehen einer benignen Prostataobstruktion bei gleichzeitigem Vorliegen einer Kombination eines hyperaktiven aber kontraktionsschwachen Detrusors dar. Das heißt, der Drang ist da, aber die Blase zu schwach, um sich völlig zu entleeren. Für die Differentialdiagnose Obstruktion/Blasenmuskelschwäche genügen nicht die üblichen Untersuchungen. Harnfluß- und Restharnmessungen liefern lediglich Hinweise auf eine benigne Prostataobstruktion. Ein maximaler Harnfluß unter 10 ml/sek. Und Restharnwerte über 100 ml können auch durch einen schwachen Detrusor verursacht sein. Der Beweis für eine benigne Prostataobstruktion allein kann nur durch eine urodynamische Druckflussmessung erbracht werden. Nach den Ausführungen ist wahrscheinlich häufiger eine urodynamische Untersuchung notwendig, als wir sie bisher durchführen. Bei gleichzeitigem Bestehen einer Prostataobstruktion und hyperaktiven Blase erscheint es sinnvoll Alphablocker in Kombination mit einem Spasmolytikum (z.B. Trospiumchlorid) einzusetzen. Aber auch hier müssen einige Probleme beachtet werden, wie Herr Kollege Wiedemann ausführt.
Den Herausforderungen durch den demografischen Wandel und dem Wandel in der Medizin werden wir uns stellen müssen, ob es uns gefällt oder nicht. Das diesjährige Bamberger Gespräch greift einige Problemfelder auf, die in ihrer Komplexität unterschiedlich gesehen werden können. Es wird interessant. Auf alle Fälle sei schon einmal der Firma Pfleger und ihrem Team gedankt, dass sie auch dieses Jahr wieder die Bamberger Gespräche so hervorragend vorbereitet und in Gang gebracht haben.
Quelle: Dr. Pfleger, 08.09.2012 (tB).