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Drei Jahre Frühtherapie
Benefit für den Patienten
Von Prof. Dr. Bernhard Hemmer
Leverkusen (4. Juni 2007) – Sehstörungen, Taubheit und Kribbeln in Gesicht, in Armen, Beinen und im Rumpfbereich und eine Schwäche in den Beinen, können ebenso das erste Zeichen einer Multiplen Sklerose (MS) sein wie Steifigkeit, Blasenstörungen, rasche Ermüdbarkeit oder kognitive Einschränkungen. Charakteristisch ist ein schubförmiger Verlauf der Erkrankung, der durch plötzliches Auftreten von Ausfallserscheinungen und meist spontanter Rückbildung gekennzeichnet ist. Allerdings entwickeln viele Patienten im Zeitverlauf Behinderungen, die sich nicht mehr zurückbilden.
Dem ersten Krankheitsschub (CIS, Clinically Isolated Syndrome) gehen im MRT oft entzündliche Hirnläsionen voraus. Die MRT‑ Läsionen müssen aber nicht mit einem klinisch feststellbaren Ereignis assoziiert sein. Die Diagnose einer Multiplen Sklerose wird dabei erst als gesichert betrachtet, wenn nach einem ersten klinischen Schub und entsprechenden MRT Läsionen klinisch ein zweiter Krankheitsschub auftritt (klinisch definierte MS). Alternativ kann die Diagnose gestellt werden, wenn im Zeitverlauf neue Gehirnläsionen mittels MRT nachgewiesen werden (McDonald Kriterien). Entscheidend neben den Krankheitsschüben ist für die Patienten das Ausmaß der Behinderung, das mittels der EDSS‑Skala (expanded disability status scale) bestimmt wird.
BENEFIT‑Studie zur Frühherapie
Inwieweit sich vor diesem Hintergrund durch eine gezielte Behandlung mit Interferon beta‑1b bereits in der Frühphase der Erkrankung bei Patienten mit einem ersten klinischen Schub (CIS) das spätere Outcome beeinflussen lässt, war die zentrale Fragestellung der BENEFIT‑Studie (Betaferon®/Betaseron® in Newly Emerging Multiple Sclerosis For Initial Treatment). Konkret sollte geprüft werden, ob sich durch die Behandlung die Wahrscheinlichkeit reduzieren lässt, dass der Patient eine klinisch definierte Multiple Sklerose entwickelt.
Es sollte weiterhin eruiert werden, ob es Auswirkungen auf die Progression der Erkrankung im dritten und im fünften Jahr gibt, wenn die Patienten verzögert mit Interferon beta‑lb behandelt werden. Dazu wurden die Studienteilnehmer in einer ersten Phase für maximal zwei Jahre (oder bis zum zweiten Krankheitsschub) placebokontrolliert mit Interferon beta‑1b behandelt. Es schloss sich eine zweite Studienphase an, in der alle Patienten Interferon beta lb erhielten.
Durch dieses Studiendesign können nach drei und fünf Jahren Patientenkollektive miteinander verglichen werden, die entweder von Anfang an oder erst nach einer Zeit von zwei Jahren Interferon beta‑1b erhielten. Durch den Vergleich der beiden Kollektive soll ermittelt werden, ob sich durch die Frühtherapie der Krankheitsverlauf über drei respektive fünf Jahre beeinflussen lässt.
Erster Zielparameter der BENEFIT‑Studie ist die Zeit, bis der Patient einen akuten Schub erleidet. Der zweite Zielparameter ist die Diagnose einer Multiplen Sklerose nach den McDonald‑Kriterien, nach denen auch der Nachweis einer neuen Hirnläsion im MRT zur Diagnosestellung ausreicht. Es zeigte sich in der ersten zweijährigen Studienphase unter Interferon beta‑1b eine Reduktion des Risikos, eine klinisch manifeste Multiple Sklerose zu entwickeln, von etwa 50 Prozent.
Weniger klinische MS‑Manifestationen
In der zweiten Phase wurden alle Patienten mit Interferon beta‑1b behandelt mit der Fragestellung, ob es Unterschiede hinsichtlich Schädigungen und Behinderungen bei sofort oder verzögert mit Interferon beta‑1b therapierten Patienten gibt. Voraussetzung für valide Daten zu diesem Studienabschnitt ist eine gute Adhärenz der Patienten, wobei in der BENEFIT‑Studie auch nach drei Jahren mit mehr als 80 Prozent noch ein erfreulich hoher Anteil von Patienten im Rahmen der Studie unter Beobachtung war.
Auch die Drei‑Jahresdaten bestätigen den Vorteil der frühzeitigen Interferon beta‑lb‑Behandlung. So entwickelten im dreijährigen Verlauf in der ursprünglichen Placebogruppe 51 Prozent der Patienten eine klinisch manifeste Multiple Sklerose (CDMS, Clinically Definite Multiple Sclerosis) gegenüber nur 37 Prozent bei initialer Interferon beta‑1b‑Gabe. Die Wahrscheinlichkeit des Fortschreitens zur klinisch manifesten Multiplen Sklerose kann somit eindeutig durch die Frühtherapie reduziert werden.
Geringerer Behinderungsgrad
Auch hinsichtlich des Behinderungsgrades ergab die frühzeitige Behandlung Vorteile: So wurde unter Placebo bei 24 Prozent der Patienten eine Progression des EDSS gesehen gegenüber nur 16 Prozent unter der Interferongabe. Das entspricht einer Risikoreduktion um 40 Prozent, wenn die Patienten bereits initial gezielt behandelt werden. Die Chancen einer verpassten Frühtherapie können demnach offensichtlich nicht wieder aufgeholt werden.
Die integrierte Drei‑Jahres‑Analyse der BENEFIT‑Studie belegt somit, dass eine sofortige Behandlung mit Interferon beta‑1b im Vergleich zur später einsetzenden Therapie das Fortschreiten der neurologischen Schädigung nach drei Jahren hinauszögert und das Risiko der Progression zu einer CDMS reduziert.
Autor
Prof. Dr. med. Bernhard Hemmer
TU‑Klinikum rechts der Isar
Neurologische Klinik und Poliklinik
Möhlstr. 28
81675 München