Aufbereitung von Einmal-Medizinprodukten

Risiko nicht quantifizierbar

 

Berlin (4. Mai 2010) – Das Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (SCENIHR) hat am 20. April 2010 eine Expertise zur Sicherheit von aufbereiteten Einmal-Medizinprodukten veröffentlicht. Die Expertise ist Teil eines umfassenden Berichts der EU-Kommission – und der wird in ganz Europa mit Spannung erwartet.

Der im April vorgelegte Bericht des SCENIHR beinhaltet das, was in Deutschland längst bekannt ist: Die Aufbereitung von Medizinprodukten ist mit Risiken verbunden und nicht jedes Einmalprodukt ist für die Aufbereitung geeignet. Außerdem empfiehlt das SCENIHR eine Evaluation und Validierung des gesamten Aufbereitungsprozesses von Einmalprodukten – vom Einsammeln beim Anwender nach Gebrauch bis zur Sterilisation und zum Transport – einschließlich der funktionellen Leistungsfähigkeit.

 

"Diese Forderung ist bereits in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung enthalten und gilt sowohl für die Aufbereitung von Einweg- als auch von Mehrwegprodukten", sagte Prof. Axel Kramer, Sprecher der 2006 in Deutschland gegründeten Expert Group for Safety in Medical Devices Reprocessing (smdr), die sich mit der Risikobewertung zur Aufbereitung von Medizinprodukten befasst. Insofern komme der Inhalt des Berichts für ihn nicht überraschend. Dennoch sei es wichtig, noch mal auf die Risiken hinzuweisen. "Ich halte weniger die industrielle Aufbereitung von Einmalprodukten für problematisch, als vielmehr die oftmals nicht dem Stand der Technik entsprechende und nicht einem adäquaten Qualitätsmanagement unterworfene Aufbereitung von Mehrwegprodukten", so Axel Kramer.

 

Bei der Aufbereitung von Einmalprodukten gelten – zumindest in Deutschland – strenge Sicherheitsanforderungen, denen sich kein industrieller Aufbereiter entziehen kann. Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Großkopf, Mitglied der smdr, bedauerte, dass von der Qualität der Aufbereitung im Bericht keine Rede sei. Er sagte: "Die möglichen Risiken sind im Bericht korrekt erfasst worden. Allerdings geht aus dem Bericht nicht hervor, dass die aufgezeigten Risiken von der Industrie beherrschbar sind, so dass bei einer sach- und fachgerechten Aufbereitung keine Risikoerhöhung für Patient und Anwender entsteht."

 

Eine Stellungnahme zur Qualität der Aufbereitungsprozesse wird es wohl erst in dem vollständigen Bericht der EU-Kommission im September geben. In Deutschland werden professionelle Aufbereiter regelmäßig von den zuständigen Behörden überprüft. So wird sichergestellt, dass die geforderten Kriterien eingehalten werden. "Bei professionellen Aufbereitern ist das Risiko nicht erhöht, das zeigen auch die Vorkommnismeldungen des BfArM und der US-Behörden", sagt Dr. Jäkel, Fachanwalt für Medizinrecht und Mitglied der smdr. Das bestätigt auch der Erfahrungsbericht des Bundesgesundheitsministeriums zur Aufbereitung von Medizinprodukten in Deutschland aus dem Jahre 2008. Bei der Anwendung von professionell aufbereiteten Einmalmedizinprodukten bestehe kein erhöhtes Risiko für Patient und Anwender, heißt es in dem Bericht.

 

Wie hoch das mit der Aufbereitung von Einmalprodukten verbundene Risiko tatsächlich ist, lässt auch der SCENIHR-Bericht offen. "Wenn das Risiko nicht quantifiziert werden kann, kann es also genauso gut sein, dass das Risiko gar nicht erhöht ist", sagt dazu Dr. Christian Jäkel. "In der Praxis wird es auf die Qualität der Aufbereitung ankommen. Diese ist in Deutschland durch entsprechende Vorschriften und Überwachung sichergestellt."

 

Um die Qualität der Aufbereitung in Deutschland weiter zu sichern, erarbeitet derzeit der Fachausschuss "Risikomanagement der Aufbereitung von Medizinprodukten" im Verband Deutscher Ingenieure eine neue VDI Richtlinie (VDI 5700). "Die geplante Richtlinie konzentriert sich auf das Management von Risiken, die durch die Verwendung von aufbereiteten Medizinprodukten entstehen können", sagt Prof. Marc Kraft, Lehrstuhlinhaber für Medizintechnik an der TU Berlin und Leiter des Fachausschusses. "Sie soll ein Leitfaden für Anwender sein."

 

Unterdessen wird in Europa der Bericht der EU-Kommission mit Spannung erwartet. Möglicherweise strebt die Europäische Kommission ein Konformitätsbewertungsverfahren für die Aufbereitung von Einmalprodukten an. Sicher wäre nicht jedes Land so gut darauf vorbereitet wie Deutschland. Auch die Medizinproduktehersteller dürfen gespannt sein. Denn die meisten von ihnen wehren sich seit Jahren gegen die Aufbereitung und Wiederverwendung von Einmalprodukten. Schließlich nehmen sie dadurch erhebliche Umsatzeinbußen in Kauf. Smdr-Sprecher Axel Kramer hingegen hält das Wegwerfen teurer Medizinprodukte nach einmaliger Verwendung für nicht mehr zeitgemäß: "Wir haben heute die technischen Möglichkeiten, ein derartiges Produkt für die Wiederverwendung aufzubereiten und diese Möglichkeiten sollten wir nutzen. Die wirtschaftliche Entwicklung erfordert eine rasche und durchgreifende Kursänderung mit mehr Rücksicht auf die Umwelt Die globale Herausforderung für die Menschheit besteht daher in die Wahrung einer nachhaltigen zukunftssicheren Entwicklung."

 


 

Quelle: Pressemitteilung des Medical Data Institute GmbH, 04.05.2010 (tB).

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