Barmer GEK Pflegereport 2012

Erstmals Klarheit über Lebenszeitkosten

 

Berlin (27. November 2012) – Die pflegerische Versorgung von Frauen ist deutlich teurer als die von Männern. Erstmals werden mit dem Barmer GEK Pflegereport die genauen Ausgaben der Pflegeversicherung sowie die privaten Kostenanteile geschlechtsspezifisch ermittelt. Für Frauen fallen insgesamt mit fast 84.000 Euro im Durchschnitt doppelt so hohe Pflegekosten an wie für Männer, deren Pflege Durchschnittsausgaben von 42.000 Euro verursacht.

 

 

Hoher Privatkostenanteil in der Pflege

 

Der Blick auf die privat zu tragenden Anteile der Pflegekosten zeigt besonders deutlich, dass Frauen vor allem wegen ihrer längeren Heimpflege mehr belastet werden. Sie müssen zu ihren Pflegekosten privat durchschnittlich etwa 45.000 Euro beisteuern, während Männer cirka 21.000 Euro Eigenanteile aufbringen müssen. Damit wird konkret fassbar, dass die Pflegeversicherung immer eine Teilkaskoversicherung war, ist und bleiben wird, so Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK. Private Vorsorge mit dem "Pflege-Bahr" wirke da allenfalls wie der Tropfen auf den heißen Stein. Und die aktuell von der Gewerkschaft Verdi vorgeschlagene Pflege-Vollversicherung klingt zwar vielversprechend, ist finanziell aber wohl unrealistisch und führt sozialpolitisch eher in die Irre.

 

 

Kostenanalysen in der Langzeitbetrachtung

 

Für die Berechnung der Gesamtlebenszeitkosten der Pflege hatte das Autorenteam des Pflegereports um Prof. Dr. Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen die Kosten für rund 2000 Versicherte ab 60 Jahren analysiert, die im Jahr 2000 erstmalig pflegebedürftig geworden waren. Dazu wurden die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung in den Jahren 2000 bis 2011 summiert, erwartete Kosten bis 2024 haben die Autoren geschätzt. „Erstmalig können wir nun beziffern, welche Kosten in der Pflegeversicherung, bei der Sozialhilfe und vor allem privat für die Pflege aufgebracht werden“, so Rothgang.

 

 

Enorme Schwankungen bis ins Extrem

 

Auffällig sind die dabei ermittelten Unterschiede: So übernimmt die soziale Pflegeversicherung im Durchschnitt für einen Pflegeversicherten Leistungen in Höhe von rund 33.000 Euro. Dabei liegt die Spanne zwischen 13 und 262.000 Euro. Derartig hohe Beträge müssen jedoch nur für einen sehr kleinen Teil der Versicherten aufgebracht werden. Rund 28 Prozent der Pflegebedürftigen beanspruchen von den Pflegekassen weniger als 5.000 Euro, weitere 20 Prozent zwischen 5.000 und 15.000 Euro. Ähnliche Schwankungen weisen die privaten Anteile auf. Sie erreichen bei stationärer Pflege im Extremfall bis zu 305.000 Euro, im Durchschnitt liegen sie bei 31.000 Euro.

 

 

Zahl Pflegebedürftiger steigt langsamer und regional unterschiedlich

 

Die Zahl der Pflegebedürftigen ist 2011 erstmals weniger stark gewachsen. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird der Zuwachs im Trend sogar noch weiter zurückgehen, so der Gesundheitsökonom Rothgang. Dabei falle der Anstieg in den Regionen sehr unterschiedlich aus. In den Jahren 2005 bis 2007 war die Zahl der Pflegebedürftigen in den neuen Bundesländern zum Teil erheblich stärker angestiegen als im Bundesdurchschnitt von 5,6 Prozent (Brandenburg 14,1 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern 11,3 Prozent, Thüringen 7,7 Prozent, Sachsen-Anhalt 6,8 Prozent und Sachsen 6 Prozent). Die alten Bundesländer verzeichneten Zuwachsraten überwiegend unter dem Bundesdurchschnitt. In den Jahren 2007 bis 2009 haben sich die Zuwachsraten im Osten zum Teil wieder deutlich abgeschwächt (Brandenburg 0,8 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern 7,9 Prozent, Thüringen 6,6 Prozent, Sachsen-Anhalt -0,1 Prozent und Sachsen 3,7 Prozent). Die Abschwächung fiel in den alten Bundesländern fiel dagegen geringer aus.

 

 

Weitere Ergebnisse des Barmer GEK Pflegereports

 

Pflegehäufigkeit/Neue Fälle: Die Pflegehäufigkeit lässt keinen eindeutigen Trend erkennen. Der Anteil der zu pflegenden Menschen ist zwischen 1998 und 2010 insgesamt um 0,11 auf 2,40 Prozentpunkte gestiegen – ein Zuwachs um 5 Prozent. Die Zahl der Pflegebedürftigen stieg in dieser Zeit um etwa 30 Prozent. Die Steigerung ist damit im Wesentlichen auf eine veränderte Altersstruktur zurückzuführen. Innerhalb der Pflegestufen gewinnt die Stufe 1 an Bedeutung. Hier stieg der Anteil von 0,95 auf 1,28 Prozentpunkte (+ 35%). Dagegen sank die Häufigkeit in Stufe 2 von 0,95 auf 0,77 (-19 %) und in Stufe 3 von 0,39 auf 0,32 Prozentpunkte (-18%). Ein differenziertes Bild zeigt sich bei den neuen Pflegefällen. Sie sind im Trend rückläufig. Bei Männern ist diese so genannte Inzidenz relativ konstant bei 0,53 Prozentpunkten. Bei den Frauen sank die Inzidenz im Zeitraum von 1999 bis 2010 dagegen von 0,72 auf 0,65 Prozentpunkte (- 10%).

 

Kurzzeitpflege gewinnt Bedeutung: Die Kurzzeitpflegefälle haben sich zwischen 1998 und 2011 verdreifacht, während die Zahl der Pflegebedürftigen nur um 20 Prozent anstieg. Diese Leistung wird heute besonders nach Krankenhausaufenthalten genutzt, 2011 in 30 Prozent aller Fälle. Dabei erreicht die Kurzzeitpflege ihr Ziel immer weniger. Statt akute Krisen zu bewältigen, denen weitere häusliche Pflege folgt, schließt sich immer öfter eine vollstationäre Dauerpflege an (1998 bis 2011 Anstieg von 18 auf 30 Prozent). Auch bemerkenswert: Von 1998 bis 2011 hat sich der Anteil der nach einer Kurzzeitpflege Verstorbenen von 11 auf 17 Prozent erhöht.

 

Heimentgelte: Bei den Heimentgelten gibt es beträchtliche Unterschiede, je nach Träger und Region. Private Träger erhalten durchschnittlich weniger als freigemeinnützige und öffentliche. Dies gilt sowohl für die Pflegekosten als auch für die sogenannten Hotelkosten. Die Durchschnittspflegesätze (inklusive Hotelkosten) liegen für die mittlere Hälfte der Einrichtungen (1. bis 3. Quartil) zwischen 1.884 und 2.266 Euro für private Träger. Freigemeinnützige Träger erhalten zwischen 2.081 und 2.574 Euro. Am besten werden die öffentlichen Träger vergütet, ihre Entgelte liegen zwischen 2.245 und 2.565 Euro. Die Vergütung ist in Ostdeutschland niedriger (Ausnahme Berlin), was auf geringere Personalkosten zurückgeführt werden kann.

 

 

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Quelle: Barmer GEK, 27.11.2012 (tB).

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