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Bluthochdruck und Diabetes
Große Wissenslücken bei Behandlungsstrategien
Patientenrelevante Kriterien werden in Studien nicht ausreichend berücksichtigt
Gezielte Forschung notwendig
Köln (19. Juli 2012) – Stress, Rauchen und hoher Alkoholkonsum schaden der Gesundheit. Gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind dagegen sinnvoll. So lauten medizinische Empfehlungen auch für Menschen mit hohen Blutdruckwerten oder Diabetes. Doch es fehlen bisher wissenschaftliche Belege dafür, ob und in welchem Maße diese Menschen speziell von Änderungen des Lebensstils oder von einer besonderen Blutdrucksenkung profitieren. Denn trotz der großen epidemiologischen Bedeutung von Bluthochdruck und Diabetes sind insbesondere nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht hinreichend auf ihren Nutzen untersucht. So lautet das Fazit aus den Ergebnissen von 6 Berichten (Rapid Reports), die das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am 19. Juli 2012 veröffentlicht hat.
Umfassendes Auftragspaket jetzt abgeschlossen
Die 6 jetzt veröffentlichten Berichte schließen ein vom G-BA beauftragtes Paket von insgesamt 10 Berichten zu unterschiedlichen Behandlungsstrategien bei essenzieller Hypertonie und Diabetes mellitus ab.
Insgesamt 7 Berichte befassen sich mit nichtmedikamentösen Maßnahmen bei essenzieller Hypertonie, der häufigsten Form des Bluthochdrucks, bei der keine organischen Ursachen für den Bluthochdruck festzustellen sind. Die Berichte zum Nutzen von Kochsalzreduktion, Abnehmen und körperlicher Aktivität für Bluthochdruckpatienten sind bereits publiziert. Jetzt liegen die Ergebnisse der weiteren Berichte zum Nutzen von speziellen Ernährungsformen (DASH-Diät), von Stressbewältigung, vom Verzicht auf Rauchen und von einer Verminderung des Alkoholkonsums vor.
Zum Thema Diabetes mellitus ist bereits ein Bericht zum Nutzen der normnahen Blutzuckersenkung bei Menschen mit Typ-2-Diabetes erschienen. Nun hat das IQWiG den Bericht zum Nutzen von körperlicher Aktivität bei Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes und den Bericht zur langfristigen Blutdrucksenkung auf einen niedrigeren Blutdruckzielwert als die Standardzielwerte (140 und/oder 90 mmHg) bei beiden Formen von Diabetes mellitus veröffentlicht.
Studien lassen kaum Aussagen zu Nutzen zu
Bisher fehlen wissenschaftliche Nachweise dafür, dass speziell Bluthochdruck-Patienten mithilfe von Stressbewältigung, mit Verzicht auf Rauchen und hohen Alkoholkonsum sowie mit speziellen Ernährungsformen länger leben, weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle erleiden, ihren Blutdruck dauerhaft senken oder ihre Lebensqualität verbessern können.
Es gibt auch keine Belege dafür, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes mit gesteigerter körperlicher Aktivität ihre Blutzuckerwerte normalisieren, länger leben und Folgeerkrankungen wie Niereninsuffizienz, Amputationen oder Erblindung verhindern können.
Die Frage, ob Diabetes-Patienten von einer Senkung des Blutdrucks auf ein Niveau im unteren Normbereich profitieren, beantworten die vorliegenden Studien nur bedingt.
Studienlage ist unzureichend
Nach Auswertung der weltweit verfügbaren Literatur stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass die Studienlage für diese Fragestellungen unzureichend ist: Sofern überhaupt vorhanden, betrachten die Studien kaum patientenrelevante Zielgrößen. Oft sind überdies die Studiengruppen zu klein und die Studiendauer ist zu kurz, um belastbare Aussagen abzuleiten. Einige Studienergebnisse, beispielsweise zum Thema Stressbewältigung aus den 1970er und 1980er Jahren, lassen sich nur eingeschränkt auf die heutige Zeit übertragen. Darüber hinaus sind viele Studienergebnisse anfällig für Verzerrungen und daher nicht eindeutig interpretierbar.
Gesunde Lebensweise auch für Menschen mit Bluthochdruck und Diabetes empfohlen
"Die lückenhafte Studienlage bedeutet nicht, dass die von uns bewerteten Maßnahmen grundsätzlich keinen Einfluss auf die Gesundheit haben können", erläutert IQWiG-Leiter Jürgen Windeler. "Für Menschen mit essenzieller Hypertonie und Diabetes mellitus gelten selbstverständlich dieselben allgemeinen medizinischen Erkenntnisse wie für alle anderen: starkes Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen und Alkoholmissbrauch belasten den Körper und schaden der Gesundheit." Die Stressforschung belege, dass belastende Lebenssituationen langfristig zu gesundheitlichen Schädigungen führen könnten. Eine ausgewogene Ernährung und genügend Bewegung könnten dagegen die Gesundheit fördern.
Bessere Standards für Studien zu nichtmedikamentösen Therapien
Für Arzneimitteltherapien werden regelhaft anspruchsvolle Studien durchgeführt. Doch für nichtmedikamentöse Behandlungsformen gibt es keine Zulassungsverfahren und daher auch keine klaren Anforderungen. Nach Auffassung des IQWiG ist es dringend erforderlich, hochwertige und langfristige Studien auch zu nichtmedikamentösen Maßnahmen mit dem Blick auf patientenrelevante Endpunkte durchzuführen. Dass solche Studien möglich sind, ist bereits gezeigt worden.
"Was für die Arzneimittelforschung längst Standard ist, muss auch bei nichtmedikamentösen Verfahren endlich selbstverständlich werden: randomisierte kontrollierte Studien mit patientenrelevanten Therapiezielen, größeren Studiengruppen und längeren Zeiträumen", fordert Jürgen Windeler. "Das gilt insbesondere bei so weit verbreiteten Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck mit einer erheblichen Krankheitslast. Hier ist es dringend notwendig, mehr verlässliche Kenntnisse jenseits von Arzneimitteltherapien zu schaffen, um die Versorgungsqualität von Patientinnen und Patienten zu verbessern", so Windeler. Selbst bei Arzneimittelstudien gebe es noch Defizite, wie der Bericht zur Blutdrucksenkung in den unteren normotonen Bereich bei Diabetes zeigt. Obwohl Arzneimittel im Einsatz sind, ist auch hier die Studienlage für Diabetes Typ 1 eher dürftig.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Der G-BA hatte das IQWiG beauftragt, die Berichte in einem beschleunigten Verfahren, als sogenannte Rapid Reports zu erarbeiten. Im Unterschied zum sonst üblichen Prozedere werden dazu keine Vorberichte veröffentlicht. Zwar wird eine Vorversion der Berichte extern begutachtet, es entfällt aber die Anhörung, bei der alle Interessierten Stellungnahmen abgeben können. Die publizierten Berichte wurden in Zusammenarbeit mit externen Sachverständigen erstellt und zwischen August 2011 und Juni 2012 an den Auftraggeber versandt.
Mehr zu den Ergebnissen der einzelnen Berichte erfahren Sie aus der Fortsetzung der Pressemitteilung. (https://www.iqwig.de/index.1478.html).
Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 19.07.2012 (tB).