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Demenzerkrankungen auf dem Vormarsch:
Fachtagung an Marburger Altenpflegeschule diskutierte Herausforderungen für die Zukunft
Marburg (20. September 2008) – Einen Tag vor dem Weltalzheimertag lud DIE SCHULE für Altenpflege am 20. September zur Fachtagung Gerontopsychiatrie nach Marburg in die Afföllerstraße 51 ein. Rund 120 Pflegeexperten und Angehörige nahmen teil. Im Mittelpunkt standen Demenzerkrankungen, unter die auch das Krankheitsbild Alzheimer fällt.
Demenzerkrankungen sind auf dem Vormarsch. Unter den mehr als 50 Formen von Demenz ist die Alzheimer-Erkrankung mit Abstand die häufigste. Rund 1,2 Millionen Menschen sind in Deutschland betroffen – und es werden immer mehr. Die Ursachen der Gehirnerkrankung sind weitgehend unbekannt, eine Heilung ist derzeit nicht möglich. Das Risiko, an Alzheimer zu erkranken steigt mit dem Lebensalter: Jeder dritte 90-Jährige und jeder zweite 95-Jährige ist betroffen. Da die Menschen in Deutschland immer älter werden, wird sich auch die Zahl der Altersverwirrten erheblich erhöhen. „Das wird drastische Folgen für die Pflege und Betreuung alter Menschen haben“, so Kerstin Freund, Altenpflegeschulleiterin und Gastgeberin der Fachtagung. Hauptziel der Fachtagung war deshalb, eine Kommunikationsplattform für Pflegekräfte, Angehörige, Heimbetreiber und politische Entscheidungsträger zu bieten. Freund: „Das könnte ein erster Schritt sein, ein Demenz-Netzwerk ins Leben zu rufen, das es in der Marburger Region derzeit nicht gibt.“
Ärzten fehlt Wissen und Gesellschaft tabuisiert
Die Schwierigkeiten im Umgang mit der „Volkskrankheit Demenz“ beschrieben auch Hans-Joachim Wagner und Norbert Wenig von der Alzheimer-Gesellschaft Dill auf der Fachtagung. Drei bis zehn Jahre gehen ins Land, bevor Alzheimer diagnostiziert werde. Mangelnde Kenntnisse bei den Hausärzten seien ebenso dafür verantwortlich wie die geringe Anzahl an Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie. Hinzu komme, dass das Thema Demenz in der Gesellschaft tabuisiert werde und die Betroffenen und die Angehörigen die Erkrankung deshalb nicht erkennen oder sogar verheimlichen.
Stochern in der Erinnerung: Durch Biografiearbeit Demenzkranke erreichen
Wagner und Wenig leiten „Die Brücke“, eine spezielle Einrichtung für Alzheimererkrankte und chronisch verwirrte Menschen in Beitscheid. Dort wird das so genannte psychobiographische Pflegemodell nach dem Österreicher Erwin Böhm angewandt. Die Biografie der Betroffenen spielt hier eine Schlüsselrolle beim Versuch, Zugang zu den dementen Menschen zu bekommen und sie durch Erinnerung an Vergangenes wieder zu aktivieren. „Vor den Beinen muss die Seele bewegt werden“, fasste Wagner Böhms Pflegekonzept in einem Satz zusammen. Das Lebensumfeld wird – soweit möglich – ebenfalls an der Biografie der Erkrankten ausgerichtet, um ein „Daheim-Gefühl“ und somit Sicherheit zu vermitteln.
Altenpflegeschüler gaben Tipps für die häusliche Pflege
Rund 80 Prozent der Demenzkranken werden nicht in Heimen sondern im häuslichen Umfeld betreut. Angehörige sind nicht selten mit der Pflege überfordert. Marburger Altenpflegeschüler stellten mit ihrer Lehrerin Silvia Ernst-Tijero in einem mehrstündigen Workshop Möglichkeiten vor, wie demente Menschen gefördert, unterstützt und in den häuslichen Alltag eingebunden werden können. Auch hier spielte die Biografiearbeit eine zentrale Rolle. Wie es möglich ist, die Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger mit der eignen Berufstätigkeit zu vereinbaren und welche Unterstützungsleistungen die Krankenkassen anbieten, darüber informierte Sabine Geller-Gunhold von der AOK Marburg.
„Dementen-WG“: Wohnprojekte zwischen Haus und Heim
Da die Nachfrage groß ist und die Versorgung von Demenzkranken besondere Herausforderungen mit sich bringt, entstehen nach und nach Betreuungsprojekte, die zwischen der häuslichen Pflege und den „herkömmlichen“ Heimen angesiedelt sind. Solche Wohnformen können je nach ihrer Organisation dem Heimgesetz unterliegen oder nicht. Zwei Projekte wurden auf der Marburger Fachtagung vorgestellt: Die Wohngruppen „Auf dem Höhlchen“ in Wetter und „Dreihausen“ in Ebsdorfergrund-Dreihausen. Dort leben die Senioren in einer überschaubaren Gemeinschaft, in der sie so weit wie möglich in die Hausarbeit einbezogen werden. Im Vergleich zu größeren Heimen können die Bewohner mehr selbst über ihre eigene Zeiteinteilung bestimmen.
Heimaufsicht: „Kontrolle ist externe Qualitätssicherung“
Mit einem Jahresbudget von 30 Millionen Euro fördert das Land Hessen unter anderem Modellprojekte, die sich gerontopsychiatrischen Fragestellungen gewidmet haben. Das berichtete zum Abschluss der Fachtagung Gunter Crößmann, Leiter der Heimaufsicht Hessen. Er stellte die Arbeit der Heimaufsicht vor erklärte Unterschiede zwischen „Betreutem Wohnen“ und Versorgungsformen, die dem Heimgesetz unterliegen. Er betonte, dass die Kontrollen durch die Heimaufsicht Impulse für positive Weiterentwicklungen der Heime hervorrufen und als externe Qualitätssicherung verstanden werden sollten. „Die Erprobung neuer Wohn- oder Versorgungsformen für ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung ist ein Gebot kreativer Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Gesetzliche Rahmenbedingungen dürfen nicht wichtige Entwicklungen behindern oder gar unmöglich machen, sofern der notwendige Schutz hilfebedürftiger Menschen gewahrt bleibt“, stellte Crößmann klar.
Quelle: Pressemitteilung von „DIE SCHULE für Berufe mit Zukunft“ vom 20.09.2008.