Deutsche Diabetes Gesellschaft kritisiert Stellungnahme des IQWiG zur Nutzenbewertung von Linagliptin

Wissenschaftlich nicht haltbar und methodisch mangelhaft

 

Berlin (10. Dezember 2012) – Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat den Abschlussbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Zusatznutzen für das Diabetes-Medikament Linagliptin als „wissenschaftlich nicht haltbar“ und methodisch mangelhaft kritisiert. Es gebe aus Sicht der DDG derzeit keinen Zweifel am Vorteil der DPP-4 Inhibitoren gegenüber Sulfonylharnstoffen, heißt es in einer aktuellen DDG-Stellungnahme. Es sei zu befürchten, dass in Folge des IQWiG-Berichts Diabetespatienten in Deutschland vom weltweiten Therapiefortschritt abgekoppelt würden.

 

Linagliptin ist ein Medikament aus der Gruppe der DPP-4 Inhibitoren zur Behandlung des Typ 2 Diabetes in Tablettenform, das im August 2011 von der Europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen worden ist. Die DPP-4 Inhibitoren hemmen den Abbau des Proteins Glukagon-like Peptide 1, das eine wichtige Rolle im Zuckerstoffwechsel spielt. Wenn Patienten mit dem gängigen Präparat Metformin ihr individuelles Therapieziel nicht mehr erreichen, stellen DPP-4 Inhibitoren eine effektive und sichere Therapieeskalation dar.

 

Die Kritik der DDG am Abschlussbericht des IQWiG entzündet sich wesentlich an drei Punkten. So hatte das IQWiG beim Vergleich von Linagliptin plus Metformin gegenüber Metformin plus dem Sulfonylharnstoff Glimepirid „unterschiedliche Therapiestrategien“ bemängelt und die günstigen Effekte von Linagliptin in Zweifel gezogen. Konkret hatte das IQWiG beanstandet, dass bei dieser Vergleichsstudie die Dosis bei der Glimepirid-Gruppe nach und nach erhöht wurde, während die Linagliptin-Patienten eine feste Standarddosierung erhielten. Die Aufdosierung von Glimepirid sei in der Fachinformation vorgeschrieben und erforderlich, um die beste Wirkung dieses Medikaments auf den Glukosespiegel zu erzielen, betont die DDG in ihrer Stellungnahme. Für die Substanzklasse der DPP-4 Inhibitoren hingegen sei eine Standarddosierung in der Fachinformation vorgesehen und übliches klinisch-praktisches Vorgehen. Das verringerte Auftreten von lebensgefährlichen Unterzuckerungen und Herzinfarkten bei den mit Linagliptin behandelten Patienten auf unterschiedliche Therapiestrategien zurückzuführen, wie es das IQWiG tut, sei daher „wissenschaftlich nicht haltbar“, so die DDG.

 

Das IQWiG bezieht sich bei der Bewertung der Unterzuckerungen vorzugsweise auf die „erstmalig“ auftretende Unterzuckerung. „Dieses Vorgehen entspricht nicht internationalem wissenschaftlichen Standard, da jedes Hypoglykämieereignis für einen Patienten mit einem gleichen Risiko verbunden ist“, sagt DDG-Präsident Professor Dr. med. Stephan Matthaei. Darüber hinaus hatte das IQWiG in seinem Abschlussbericht kritisiert, dass eine direkte Vergleichsstudie von Linagliptin mit einem Sulfonylharnstoff fehle. „Diese Auffassung berücksichtigt nicht, dass Metformin weltweit als Mittel der ersten Wahl empfohlen wird und aus guten Gründen nicht ein Sulfonylharnstoff“, hält Matthaei der IQWiG-Kritik entgegen. Die vom IQWiG geforderte Studie sei ethisch zweifelhaft, weil sie gesundheitliche Schäden für die Teilnehmer riskiert.

 

Schließlich verlangt das IQWiG in seinem Abschlussbericht eine Vergleichstherapie mit der Kombination Metformin und Insulin – also den Vergleich zwischen einem Medikament in Tablettenform mit einem Präparat, das der Patient ins Blut injiziert. „Hier wird ein Vergleichsarm gefordert, der sich methodisch unterscheidet“, bemängelt die Deutsche Diabetes Gesellschaft und stellt fest: Im gleichen Gutachten kommt das IQWiG für die Zweifachtherapie zum dem Schluss, dass aus Methodengründen eine Standarddosierung eines Medikamentes und eine Steigerung auf Blutzuckerzielwerte keinen direkten Vergleich zulässt. Dies stelle einen klaren wissenschaftlichen Widerspruch und Methodenmangel in der Vorgehensweise des IQWiG dar.

 

Fazit der DDG: Es ist zu befürchten, dass die durch die Datenlage unbegründete Vorgehensweise und negative Bewertung des IQWiG gegenüber Linagliptin sich auf die gesamte Substanzgruppe der DPP-4 Inhibitoren ausweitet. Somit würde den Patienten mit Typ 2-Diabetes in Deutschland ein therapeutischer Fortschritt vorenthalten, von dem weltweit Millionen Patienten profitieren.

 

 

Die vollständige Stellungnahme können Sie einsehen unter:

 

 


 

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), 10.12.2012 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…