Deutsche Schmerzgesellschaft und AWMF veröffentlichen Aktualisierung der S3-Leitlinie LONTS

 

Berlin (30. September 2014) – Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) hat die unter Federführung der Deutschen Schmerzgesellschaft aktualisierte S3-Leitlinie LONTS zur Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen veröffentlicht, darauf weist die Deutsche Schmerzgesellschaft heute hin. Die Leitlinie wurde in den letzten Monaten unter Beteiligung von über 40 Expertinnen und Experten aus 22 Fachgesellschaften (u. a. Vertreter aller Gebiete mit Bezug zu erwachsenen Patienten der Muster-Weiterbildungsordnung für Ärzte zuzüglich psychologischer Fachgesellschaften) sowie unter Mitwirkung von Patientenvertretern überarbeitet.


Die Langzeitanwendung von opioidhaltigen Analgetika bei chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen wird national und international kritisch diskutiert. Grund hierfür ist die Frage, in wieweit die bestehende wissenschaftliche Evidenz aus kontrollierten Studien die weite klinische Verbreitung stützen kann. In dieser Diskussion soll die Aktualisierung der Leitlinie einen wichtigen Beitrag leisten und gleichzeitig wichtige Anregungen für den bestimmungsmäßigen Gebrauch und den praktischen Umgang geben.

Die Leitlinie stellt den aktuellen Konsens der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Patientenvertreter dar und soll helfen, den möglichen Nutzen und die Risiken der Langzeitanwendung opioidhaltiger Medikamente bei chronischen nicht turmorbedingten Schmerzen wie chronischen Rücken- oder Nervenschmerzen nach aktuellem Wissensstand zu bewerten. Die Überarbeitung erfolgte gemäß einem transparenten wissenschaftlichen Verfahren. Berücksichtigt werden sowohl klinische Erfahrungen als auch wissenschaftliche Erkenntnisse gemäß der aktuellen Literatur- und Studienlage. Mögliche Interessenkollisionen, abweichende Meinungen bzw. der Zustimmungsgrad werden offen gemäß den Anforderungen der AWMF an eine S3-Leitlinie darlegt.

 

Patientenorganisationen wurden von Beginn an an dem Aktualisierungsprozess beteiligt. Alle Voten und Rückmeldungen auch der öffentlichen Konsultierungsphase sind im Detail u.a. auf der Homepage der AWMF (vgl. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/145-003.html) veröffentlicht.

Die Leitlinie LONTS unterscheidet grundsätzlich eine zeitlich befristete (Dauer ein bis drei Monate) von einer Langzeitanwendung (länger als drei Monate) von Medikamenten mit morphinartiger Wirkung (Opioide).


Wesentliche Inhalte der Leitlinie sind folgende Empfehlungen:

  • Durch Studien gesicherte mögliche Indikationen für 1-3-monatige Therapie mit opioidhaltigen Schmerzmitteln sind chronische Schmerzen bei diabetischer Nervenschädigung, nach Gürtelrose und Gelenkverschleiss (Arthrose) sowie chronische Rückenschmerzen.

  • Bei anderen nicht tumorbedingten Schmerzen (z.B. sekundäre Kopfschmerzen; chronische Schmerzen bei Gehirnläsionen; chronische Schmerzen bei manifester Osteoporose) kann eine Therapie mit opioidhaltigen Schmerzmitteln als individueller Therapieversuch durchgeführt werden.

  • Eine Therapie > 3 Monate soll nur bei individuellem Ansprechen (Erreichen individueller Therapieziele, gute Verträglichkeit) durchgeführt werden.

  • Eine alleinige Therapie mit opioidhaltigen Analgetika soll bei chronischen Schmerzsyndromen nicht durchgeführt werden. Selbsthilfeangebote und physikalische und/oder physiotherapeutische und/oder psychotherapeutische Verfahren (inklusive Patientenedukation) und/oder Lebensstilmodifikation sollen eine medikamentöse Schmerztherapie ergänzen.

  • Eine Dosis von > 120 mg/d orales Morphinäquivalent soll nur in Ausnahmefällen überschritten werden.

  • Nach 6 Monaten soll mit Patienten mit einem guten Ansprechen der Therapie die Möglichkeit einer Dosisreduktion und/oder eines Auslassversuches besprochen werden. Dies dient der Überprüfung der Indikation zur Fortführung der Behandlung und des Ansprechens auf parallel eingeleitete nicht medikamentöse Therapiemaßnahmen (z. B. multimodale Therapie).

  • Migräne- und Spannungskopfschmerzen, Schmerzen bei seelischen Störungen (z. B. Depressionen) und funktionellen Störungen wie Reizdarm und Fibromyalgie sollen nicht mit opioidhaltigen Schmerzmitteln behandelt werden.

Medizinische Leitlinien sind dem Stand der Wissenschaft entsprechende klinische Empfehlungen. Sie sollen Ärzten und Patienten bei der Entscheidung über Diagnostik und Therapie unterstützen. Abweichungen von diesen Empfehlungen sind in begründeten Einzelfällen möglich. Leitlinien werden in drei Stufen unterteilt; die S3-Leitlinie LONTS entspricht der höchsten Stufe wissenschaftlicher Übereinstimmung basierend auf einer Synthese der besten verfügbaren Studien, dem Wissen von Experten und den Erfahrungen von Patienten.

Die Leitlinie finden Sie im Internet unter http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/145-003.html Praxiswerkzeuge zur LONTS-Leitlinie auch auf der Homepage der Deutschen Schmerzgesellschaft unter www.dgss.org/lonts

 

 

Weitere Informationen

 

 


Quelle: Deutsche Schmerzgesellschaft e.V., 30.09.2014 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…