Diabetes mellitus Typ 2

Zusatznutzen von Canagliflozin ist nicht belegt

 

  • Hersteller-Dossier liefert für kein Anwendungsgebiet geeignete Daten

 

Köln (16. Juni 2014) – Canagliflozin (Handelsname Invokana) ist seit November 2013 als Monotherapie und in verschiedenen Kombinationstherapien für Erwachsene mit Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, bei denen Ernährungsumstellung und Bewegung einen erhöhten Blutzuckerspiegel nicht ausreichend senken. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun in einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob dieser neue Wirkstoff alleine (Monotherapie) oder in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Wirkstoffen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet. Aus dem Dossier lässt sich ein Zusatznutzen jedoch nicht ableiten, da der Hersteller für keines der möglichen Anwendungsgebiete geeignete Daten vorgelegt hat.

 

 

Mono- oder Kombinationstherapie möglich

 

Canagliflozin ist zugelassen als Monotherapie bei erwachsenen Typ-2-Diabetikern, bei denen Diät und Bewegung allein den Blutzucker nicht ausreichend kontrollieren und eine Metformin-Therapie aufgrund von Unverträglichkeiten oder Gegenanzeigen ungeeignet ist.

 

Die Kombination des neuen Wirkstoffs mit einem oder mehreren anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln (inklusive Insulin) ist angezeigt, wenn die bisherige Medikation, Diät und Bewegung den Blutzucker nicht ausreichend kontrollieren.

 

 

G-BA legt zweckmäßige Vergleichstherapie fest

 

Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat für vier verschiedene Anwendungsgebiete jeweils unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt:

 

Wird Canagliflozin als Monotherapie eingesetzt, ist Sulfonylharnstoff (Glibenclamid oder Glimepirid) die zweckmäßige Vergleichstherapie.

 

Für die Zweierkombination von Canagliflozin mit einem anderen Blutzuckersenker (außer Insulin) ist es Metformin plus ein Sulfonylharnstoff (Glibenclamid oder Glimepirid).

 

In Kombination mit mindestens zwei anderen Blutzuckersenkern wird Canagliflozin verglichen mit Metformin plus Humaninsulin.

 

Wird Canagliflozin kombiniert mit Insulin (mit oder ohne orales Antidiabetikum), gilt ebenfalls Metformin plus Humaninsulin als zweckmäßige Vergleichstherapie.

 

 

Keine geeigneten Daten

 

Für die Monotherapie und für die Kombination mit Insulin identifiziert der Hersteller keine vergleichende Studie. Für die Zweierkombination Canagliflozin plus Sulfonylharnstoff und die Dreierkombination Canagliflozin plus Metformin plus Sulfonylharnstoff lag zwar jeweils eine Studie im Vergleich zu einem Placebo vor. Aus den Studienergebnissen konnte der Hersteller aber weder anhand direkter noch anhand indirekter Vergleiche einen Zusatznutzen ableiten. Deshalb ist für diese Anwendungsgebiete ein Zusatznutzen nicht belegt.

 

 

Unterschiedliche Therapiestrategien

 

Allein für die Zweierkombination von Canagliflozin plus Metformin beansprucht der Hersteller einen Zusatznutzen und vergleicht wie vom G-BA vorgesehen mit einem Sulfonylharnstoff  plus Metformin: In der dreiarmigen randomisierten Zulassungsstudie (DIA3009), die der Hersteller in seinem Dossier anführt, werden Canagliflozin (100 mg oder 300 mg) und Glimepirid jeweils in Kombination mit Metformin verglichen.

 

Bei allen Patienten wurde hier die Vortherapie mit Metformin in einer stabilen Dosis als Begleittherapie fortgesetzt. Die Gabe von Canagliflozin und Glimepirid unterschied sich allerdings: Während Glimepirid in fünf Dosisstufen schrittweise erhöht wurde (Titration), bis der Blutzucker (HbA1c) einen normnahen Wert erreicht hatte, wurde die Tagesdosis in den beiden Canagliflozin-Armen nicht verändert. In den Canagliflozin-Armen war lediglich eine Scheintitration in ebenfalls fünf „Stufen“ vorgesehen, um die Verblindung aufrecht zu erhalten.

 

Auf diese Weise wurden in der Studie allerdings nicht nur die Wirkungen von zwei Medikamenten, sondern auch zwei unterschiedliche Therapiestrategien miteinander verglichen. Mögliche Unterschiede in den Behandlungsergebnissen lassen sich daher nicht eindeutig auf die Wirkstoffe oder auf die Therapiestrategie, also auf die einseitige Zielwertvorgabe für Blutzuckerwerte bei der Behandlung mit Glimepirid, zurückführen.

 

 

Ergebnisse nicht interpretierbar

 

In den ersten achtzehn Wochen der Studie zeigten sich erhebliche Unterschiede in der Blutzuckersenkung zwischen den Behandlungsgruppen: Im Glimepirid-Arm wurde der Blutzucker stärker gesenkt als in den Canagliflozin-Armen. In dieser Studienphase war auch der Anteil von Patienten mit Hypoglykämien bei der Gabe von Glimepirid größer als bei Behandlung mit Canagliflozin. Dabei bleibt aber unklar, ob die Effekte auf die unterschiedlichen Wirkstoffe oder auf die unterschiedlichen Therapiestrategien zurückzuführen sind. Deshalb können die Studienergebnisse für die Bewertung des Zusatznutzens von Canagliflozin plus Metformin gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht herangezogen werden.

 

Somit enthält das Dossier für keine der bestehenden Indikationen Studienergebnisse, die einen Zusatznutzen von Canagliflozin belegen.

 

 

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

 

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

 

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

 

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Canagliflozin zu finden.

 

 

Weiterführende Informationen des IQWiG

 

 

 

Weiterführende Informationen des G-BA

 

 


 

Quelle: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 16.06.2014 (tB).

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