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Die moderne Diabetestherapie ist ein komplexes Geschäft
Der diabetische Risikopatient – eine interdisziplinäre Herausforderung
Hamburg (17. Mai 2007) – Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der steigenden Patientenzahlen hat die moderne Diabetologie in den vergangenen Jahren eine enorme Entwicklung genommen. Längst geht es um weit mehr als um die reine Blutzuckersenkung. Vielmehr wird angestrebt, die gestörte Stoffwechsellage mit all ihren Facetten in den Griff zu bekommen und Folgeschäden der Erkrankung sowie das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen abzuwenden. Entsprechend komplex ist die Diabetestherapie geworden. Sie umfasst die Blutzucker- wie auch die Blutdruckkontrolle, das Management von Risikofaktoren und auch die Therapie von Komplikationen der Grunderkrankung und das bis in den urologischen Bereich hinein. Der Typ 2-Diabetes stellt somit eine interdisziplinäre Herausforderung dar, wie bei einem Symposium von der Bayer Vital GmbH bei der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Hamburg deutlich wurde.
Vor allem das Gefäßsystem ist in Gefahr
Dass vor allem das Gefäßsystem durch die Hyperglykämie Schaden nimmt, zeigte dort Professor Dr. Thomas C. Wascher aus Graz auf. Nach einer Mahlzeit steigen nach seinen Angaben beim Diabetiker zunächst die Glukosespiegel und im weiteren Verlauf auch die Triglyceride im Blut überproportional an. Die postprandiale Hyperglykämie ist Studien zufolge für das Gefäßsystem dabei bedeutsamer als erhöhte Nüchternwerte. Sie ist der eigentliche kardiovaskuläre Risikofaktor. „Wir brauchen deshalb Therapieregime, die den Blutzuckeranstieg nach der Nahrungsaufnahme bremsen“, erklärte der Mediziner.
Eine solche Behandlungsoption bietet nach Professor Dr. Markolf Hanefeld, Dresden, die Acarbose (Glucobay®), die die Kohlenhydrat-Aufspaltung im Darm verzögert und so die postprandiale Hyperglykämie mindert und das Blutzuckertagesprofil glättet. Dass sich dies günstig auf den Stoffwechsel auswirkt, belegen nach Hanefeld die Daten der STOP NIDDM-Studie (Study To Prevent Non Insulin Dependent Diabetes Mellitus), in der Acarbose bei Menschen mit gestörter Glukosetoleranz zu einer Reduktion der Rate eines neu manifestierten Diabetes führte. Zugleich wurde eine Blutdrucksenkung sowie eine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Ereignisrate um 49 Prozent erzielt.
Acarbose – Signifikant weniger kardiovaskuläre Komplikationen
Dass die günstigen Effekte der Acarbose auch beim manifesten Typ 2-Diabetes zum Tragen kommen, belegt nach Hanefeld die MERIA-Studie (Metaanalysis of Risk Improvement under Acarbose), eine Metaanalyse von sieben prospektiven, placebo-kontrollierten Studien bei Typ 2 Diabetikern, die mindestens ein Jahr lang mit Placebo oder Acarbose behandelt wurden. In dieser Untersuchung ergaben sich unter Acarbose 35 Prozent weniger kardiovaskuläre Ereignisse und 64 Prozent weniger Infarkte.
Anhand der AIDA Studie (Wirkung von Acarbose auf die subklinische Inflammation bei Typ 2-Diabetes und auf das Arterioskleroserisiko) konnte der Diabetologe ferner nachweisen, dass Acarbose nach der Mahlzeit den Anstieg des C-reaktiven Proteins und der Leukozytenzahl und damit die Entzündungsreaktion im Gefäßsystem reduziert. So ergab sich nach einem standardisierten Frühstück bei den Studienteilnehmern, also bei Patienten mit frühem, noch nicht medikamentös behandeltem Diabetes, ein deutlich abgeflachter Leukozytenanstieg, wenn sie zuvor Acarbose eingenommen hatten. „Wir gehen vor dem Hintergrund dieser Daten davon aus, dass Acarbose auch die Immunreaktion des Darmes moduliert“, so die Erklärung Hanefelds.
Telmisartan – ein Antihypertensivum mit Zusatznutzen beim Diabetiker
Doch nicht nur die Blutzuckerkontrolle ist für den Typ 2-Diabetiker wichtig, auch eine adäquate Blutdruckkontrolle ist für die Langzeitprognose von entscheidender Bedeutung. „Der Blutdruck sollte deshalb bei Diabetikern so eingestellt werden, dass er möglichst den Wert von 130/80 mmHg nicht übersteigt“, so Professor Dr. Thomas Unger, Berlin.
Wichtig sind beim Typ 2-Diabetiker Strategien, die die Insulinresistenz bessern und in gewisser Weise lässt sich dies auch über die antihypertensive Therapie erzielen. Speziell bei den Sartanen ist nach Unger gut dokumentiert worden, dass sie unabhängig von der Blutdrucksenkung auch günstige Wirkungen auf den Glukosemetabolismus haben. So wurde beispielsweise gezeigt, dass der Wirkstoff Telmisartan (Kinzalmono®, Kinzalkomb®) den Serumglukosewert senkt und die Glukosetoleranz sowie die Insulinresistenz bessert. In Studien wurde unter dem Wirkstoff ferner eine Reduktion der Inzidenz eines neu auftretenden Diabetes mellitus von etwa 30 Prozent gesehen.
Vermittelt werden diese Effekt durch eine partielle Aktivierung von PPAR-gamma-Rezeptoren (Peroxisomen Proliferator Activated Receptor gamma), weshalb die Sartane auch als SPPARMs, also als selektive PPAR-Modulatoren, bezeichnet werden. Gut belegt sind solche Effekte nach Unger für das Telmisartan, das nicht nur zuverlässig den Blutdruck über 24 Stunden senkt und die Glukosetoleranz und Insulinresistenz bessert, sondern das auch günstige Wirkungen auf das Lipidprofil nimmt, das Gesamtcholesterin, die Triglyceride und das LDL senkt und gleichzeitig einen Anstieg des HDL bewirkt.
Auch die aktivierte Gerinnung behandeln
Zu bedenken ist beim Typ 2-Diabetes ferner die Aktivierung des Gerinnungssystems, die nach Professor Dr. Diethelm Tschöpe, Bad Oeynhausen, das kardiovaskuläre Risiko entscheidend mitbestimmt. Die diabetische Stoff-wechsellage geht nach seiner Darstellung mit einer endothelialen Dysfunktion und konsekutivem Verlust der NO-vermittelten Vasodilatation einher, eine Situation, die die Aggregations- und Adhäsionsbereitschaft der Thrombozyten deutlich steigert.
Als Konsequenz ergibt sich eine Indikation für die Behandlung mit Acetylsalicylsäure (Aspirin®), um die Thrombozytenaggregation zu hemmen und zugleich über die irreversible Cycloxygenasehemmung auch inflammatorischen Prozessen im Blutgefäß entgegen zu wirken.
Überaktive Blase und erektile Dysfunktion – zwei häufige urologische Probleme beim Diabetes
Wie umfassend die interdisziplinäre Betreuung beim Typ 2-Diabetes gestaltet werden muss, machte in Hamburg Privatdozent Dr. Tim Schneider aus Mülheim/Ruhr eindrucksvoll deutlich. Denn Typ 2-Diabetiker entwickeln nach seiner Darstellung sehr häufig nicht nur kardiovaskuläre sondern auch urologische Komplikationen. Das ist neben der diabetischen Nephropathie vor allem eine überaktive Blase, wie Schneider darlegte. „Bei rund jedem zweiten Diabetiker findet sich eine Detrusorinstabilität“, erklärte der Urologe. Noch höher ist der Anteil mit 70 Prozent bei Patienten mit diabetischer Neuropathie.
Therapeutisch sind Antimuskarinergika das Mittel der Wahl. Sie greifen laut Schneider an den Muskarin-Rezeptoren am Detrusor an und hemmen die unkontrollierte Kontraktion. Da diese vor allem über Muskarin3-Rezeptoren gesteuert wird, empfiehlt sich der Einsatz spezifischer M3-Antimus-karinergika, wie Darifenacin (Emselex®), das sich durch eine gute Verträglichkeit auszeichnet. „Vor allem kognitive Störungen sind unter dieser Medikation weniger ausgeprägt“, so Schneider.
Als weitere häufige urologische Störung nannte er die erektile Dysfunktion, unter der bis zu 70 Prozent der Diabetiker leiden. Mittel der Wahl ist die Verordnung eines Phosphodiesterase-5-Hemmers (PDE-5-Hemmer), wobei der Wirkstoff Vardenafil (Levitra®) auch bei diabetischen ED-Patienten eine gute Wirksamkeit mit Ansprechraten von etwa 70 Prozent erzielte.