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Diabetes und Angst ‑ Diabetes und Depression
Von Dr. phil. Dipl.-Psych. Bernhard Kulzer, Bad Mergentheim
Hamburg (16. Mai 2007) – Psychische Probleme bzw. psychische Störungen (sowohl aktuelle, als auch in der bisherigen Lebensgeschichte aufgetretene) erschweren die Selbstbehandlung des Diabetes und haben in der Regel einen negativen Einfluss auf die Durchführung der Therapiemaßnahmen im Alltag. Die am häufigsten vorkommenden psychischen Störungen bei Diabetikern sind Depressionen und Angststörungen.
Depressionen
In der nationalen Diabetesleitlinie wird bei Diabetikern ein routinemäßiges Depressionscreening empfohlen. Dies begründet sich darin, dass Diabetiker gegenüber der Normalbevölkerung ein etwa doppelt so hohes Risiko aufweisen, an einer Depression zu erkranken. Die Prävalenz der Depression bei Typ-1 und Typ-2-Diabetikern schwankt in kontrollierten Studien je nach Untersuchungspopulation und angewandter Methode (Fragebögen versus klinisches Interview) zwischen 6 % und 26,7 %. Das Auftreten einer Depression ist für die Therapie und den weiteren Verlauf des Diabetes eine erschwerende Bedingung und verschlechtert die Prognose sowohl bezüglich des Auftretens von Folgekomplikationen wie auch der Lebenserwartung.
Folgende Zusammenhänge zwischen Depression und Diabetes sind durch evidenzbasierte Studien erwiesen:
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Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Typ‑2‑Diabetes.
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Patienten mit Diabetes mellitus und einer Depression befolgen in geringerem Umfang die therapeutischen medizinischen Empfehlungen und weisen eine ungünstigere Stoffwechseleinstellung (HbA1c) auf.
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Depressive Diabetiker haben ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Folgekomplikationen und eine geringere Lebenserwartung.
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Depressionen und depressive Stimmungen gehen mit einer erheblichen Reduktion der bensqualität und der Therapiezufriedenheit der betroffenen Diabetiker einher.
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Diabetikerinnen erkranken deutlich öfter an Depressionen als Diabetiker.
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Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, steigt mit der Entwicklung und der Anzahl der diabetischen Spätkomplikationen.
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Patienten weisen in den ersten 30 Tagen nach einer schweren Hypoglykämie eine erhöhte depressive Symptomatik auf.
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Die Kosten der medizinischen Versorgung sind bei Diabetikern mit komorbider Depression deutlich erhöht gegenüber Diabetikern ohne Depression.
Patienten, die unter einer depressiven Störung leiden, konsultieren oftmals den Arzt wegen unspezifischer körperlicher Beschwerden und bagatellisieren die psychische Symptomatik. Schwäche, erhöhte Ermüdbarkeit, Apathie, Irritierbarkeit, Angst, sexuelle Probleme, Schlafstörungen, Appetitverlust und Gewichtsabnahme können ‑ neben den charakteristischen Beschwerden ‑ Symptome einer Depression sein. Bei diesen unspezifischen Beschwerden ist die Depression differenzialdiagnostisch in Betracht zu ziehen. Hierbei ist die Frage nach Schlafstörungen sehr zielführend, da Schlafstörungen oft ein erstes Anzeichen ist, welches vom Patienten im Arztkontakt erwähnt wird.
Die bei der Behandlung der Depression bewährten Therapieverfahren ‑ insbesondere die psychotherapeutische Basistherapie, die Fachpsychotherapie, die Psychopharmakotherapie und die Soziotherapie ‑ sind auch bei Diabetikern wirksam. Das diganostische und therapeutische Vorgehen ist in den Leitlinien „Psychosoziales und Diabetes" der Deutschen DiabetesGesellschaft (Kulzer et al. 2007) beschrieben.
Folgerndes Vorgehen wird für die Praxis zur Diagnostik und Therapie von Depressionen bei Diabetikern empfohlen:
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Screening
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Klinischer Eindruck
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WHO‑5‑Fragebogen zum Wohlbefinden [WHO 1998] (Score < 13)
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PAID‑Fragebogen [Polonky et al, 1996] (Score > 40)
Diagnose
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Abfragen der depressiven Kernsymptome (depressive Stimmung, Verlust von Interesse und Freude, erhöhte Ermüdbarkeit und Zusatzsymptome (verminderte Konzentration oder Aufmerksamkeit, vermindertes Selbstvertrauen, Schuldgefühle und Gefühle der Wertlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsperspektive, Selbstverletzungen / Suizidalität, Schlafstörungen, verminderter Appetit).
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Abfragen von besonderen krankheitsspezifischen Belastungen (z. B. Auftreten und Umgang mit drohenden / bestehenden Folgeerkrankungen, Hypoglykämien, chronischen Schmerzen)
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Eventuell: Einsatz eines spezifischen Depressionsfragebogens (z. B. Beck Depressions Inventar [BD1], Allgemeine Depressions-Skala [ADS]).
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Abklärung anderer psychischer oder somatischer Erkrankungen.
Therapieoptionen
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Psychotherapie (nach Möglichkeit von Therapeutin mit zusätzlicher Expertise in der Behandlung des Diabetes wie z.B. Fachpsychologen DDG oder Psychodiabetologen)
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Antidepressivum (nach Möglichkeit SSRI‑Hemmer).
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Fachärztliche psychiatrische Mitbehandlung (besonders bei akuter Suizidalität, bipolaren Störungen, Komorbidität anderer psychischer Erkrankungen, Komedikation, Therapieresistenz, behandlungsgefährdenden psychosozialen Problemen).
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Fachärztliche diabetologische Mitbehandlung (besonders bei längerfristiger hyperg!ykämischer Stoffwechselentgleisung (HbA1c > 8,5 %), ausgeprägten Problemen der selbständigen Therapierdurchführung, gravierenden krankheitsspezifischen Belastungen).
Angststörungen
Auch bei Angststörungen kann davon ausgegangen werden, dass diese einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität wie auch die Prognose des Diabetikers haben:
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Angststörungen bzw. subklinische Ängste können die Ursache für eine schlechte Stoffwechseleinstellung sein. Die gilt besonders für Ängste vor niedrigen Blutzuckerwerten (Hypogklykämieangst).
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Diabetiker mit einer zusätzlichen Angststörung haben eine überdurchschnittliche Belastung im Umgang mit dem Diabetes und weisen in der Regel eine reduzierte gesundheitsbezogenen Lebensqualität auf.
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Verhaltenstherapeutische Verfahren zeigen bei Angststörungen die besten Erfolge.
Speziell generalisierte Angststörungen (GAS) scheinen bei Menschen mit Diabetes häufiger vorzukommen als bei Menschen ohne Diabetes. Bei Angststörungen besteht eine hohe Komorbidität mit Depressionen und Schlafstörungen. Besteht der Verdacht auf eine komorbide Angststörung bei Patienten mit Diabetes, sollte eine fundierte Diagnostik und Differenzialdiagnostik erfolgen. In Zweifelsfällen oder bei schwerwiegender Symptomatik ist eine konsiliarische Abklärung und ggf. die Weiterbehandlung durch einen Fachmann zu veranlassen (psychologischer Psychotherapeut, Arzt für psychotherapeutische Medizin, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenarzt).
Für die Behandlung von Diabetespatienten, die zugleich an einer psychischen Erkrankung leiden, ist ein Hintergrundswissen über die Erkrankung Diabetes sinnvoll und wichtig. Ein Verzeichnis ärztlicher und psychologischer Psychotherapeuten mit spezieller Erfahrung und diabetologischen Kenntnissen ist über die Arbeitsgemeinschaft "Diabetes und Verhaltensmedizin" der Deutschen Deutschen Diabetesgesellschaft erhältlich (www.diabetes-psychologie.de).
Quelle: Symposium der Firma Pfizer zum Thema „Was stört den Schlaf des Diabetikers?“ am 16.05.2007 in Hamburg (MCG – Medical Consulting Group).