Fingolimod: Anhaltspunkt für Vorteile bei kleiner Patientengruppe

 

Manche Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf haben seltener grippeähnliche Symptome

 

Berlin (16. Januar 2012) – Das Immunsuppressivum Fingolimod (Handelsname Gilenya®) ist zugelassen zur Behandlung von hochaktiver schubförmig verlaufender Multipler Sklerose (RRMS) bei Erwachsenen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat mit einer frühen Nutzenbewertung gemäß AMNOG überprüft, ob Fingolimod gegenüber der bisherigen Standardtherapie einen Zusatznutzen bietet.

 

Demnach haben Patientinnen und Patienten mit rasch fortschreitendem und schwerem Krankheitsverlauf bei Einnahme von Fingolimod weniger unter grippeähnlichen Symptomen zu leiden. Unter Abwägung dieses Vorteils einerseits und der unsicheren Datenlage andererseits sieht das IQWiG einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen von Fingolimod für diese Patientengruppe.

 

Für zwei weitere Patientengruppen ist mangels verwertbarer Daten ein Zusatznutzen von Fingolimod nicht belegt.

 

 

Getrennte Bewertung für drei Patientengruppen

 

Gemäß den unterschiedlichen Einsatzgebieten hat das IQWiG den Wirkstoff für drei Gruppen von Patienten jeweils getrennt bewertet: Fingolimod wurde mit Glatirameracetat verglichen bei Patienten mit hochaktiver RRMS, die nicht auf einen vollständigen und angemessenen (normalerweise mindestens ein Jahr andauernden) Zyklus mit Beta-Interferonen (IFN-ß) angesprochen haben.

 

Bei Patienten mit hochaktiver RRMS, die noch keine ausreichende Therapie mit IFN-ß erhalten haben, und bei Patienten mit einer rasch fortschreitenden schweren RRMS wurde Fingolimod jeweils mit IFN-ß 1a verglichen.

 

 

Verwertbare Daten nur für eine Patientengruppe

 

Für die frühe Nutzenbewertung lag eine relevante Studie vor, eine Zulassungsstudie für Fingolimod (TRANSFORMS): Die Behandlung von Erwachsenen mit RRMS mit Fingolimod wurde darin verglichen mit der Behandlung von RRMS-Patienten mit Beta-Interferonen (IFN-ß 1a). Die Studie lieferte allerdings nur Daten zu einer der drei vom G-BA festgelegten Patientengruppen, nämlich für die mit rasch fortschreitender schwerer RRMS.

 

Für die beiden anderen Gruppen, Patienten mit hochaktiver RRMS, die bereits eine vollständige Vorbehandlung mit IFN-ß erhalten hatten, und RRMS-Patienten ohne eine ausreichende Vorbehandlung mit IFN-ß, enthielt das Herstellerdossier keine für die Nutzenbewertung verwertbaren Daten. Deshalb ist ein Zusatznutzen von Fingolimod für diese Indikationen nicht belegt.

 

 

Weniger grippeähnliche Symptome bei manchen Patienten

 

Die Studienergebnisse von Patientinnen und Patienten mit rasch fortschreitender schwerer RRMS zeigten für keinen der Endpunkte "Schübe", "Fortschreiten von Behinderungen" und "gesundheitsbezogene Lebensqualität" einen signifikanten Unterschied zur Vergleichsgruppe. Für die Endpunkte "Erschöpfung" (Fatigue) und "Aktivitäten des täglichen Lebens" wurden für die Patientengruppe keine Daten vorgelegt, obwohl sie in der Studie erhoben worden waren. Hinsichtlich der Gesamtraten von Nebenwirkungen (unerwünschter Ereignisse), schwerwiegenden Nebenwirkungen und Abbrüchen wegen Nebenwirkungen gab es ebenfalls keinen signifikanten Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen.

 

Allerdings zeigte sich bei der Häufigkeit von grippeähnlichen Symptomen ein Hinweis auf einen geringeren Schaden: Die Patientinnen und Patienten hatten bei der Behandlung mit Fingolimod weniger unter diesen Symptomen zu leiden.

 

 

Wegen unzureichender Daten nur Anhaltspunkt für Zusatznutzen

 

Die Aussagen zur Gruppe der Patienten mit rasch fortschreitender schwerer RRMS sind jedoch mit einer höheren Unsicherheit behaftet. So ist beispielsweise laut Zulassung die Gruppe der Patienten mit rasch fortschreitender schwerer RRMS durch mehrere Kriterien des Krankheitsbildes definiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studien, zu denen der Hersteller Daten vorgelegt hat, erfüllen jedoch nicht alle dieser Kriterien und lassen sich als Patientengruppe nur indirekt aus dem Studienpool abgrenzen.

 

Unter Abwägung dieser unsicheren Datenlage einerseits und des möglichen Vorteils andererseits sieht das IQWiG zusammenfassend einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen von Fingolimod für Patienten mit rasch fortschreitender schwerer RRMS im Vergleich zur Behandlung mit Beta-Interferonen.

 

 

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

 

Das Vorgehen zur Ableitung einer Gesamtaussage zum Ausmaß des Zusatznutzens stellt einen Vorschlag des IQWiG dar. Über das Ausmaß des Zusatznutzens beschließt der G-BA, der ein förmliches Stellungnahmeverfahren eröffnet hat.

 

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung (https://www.iqwig.de/download/A11-23_Fingolimod_Kurzfassung_Nutzenbewertung_35a_SGB_V.pdf.)  Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation (http://www.gesundheitsinformation.de/index.805.de.html).

 

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Fingolimod (http://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/15/)  zu finden.

 

 


Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 16.01.2012 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…