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Fortschritte bei der Multiplen Sklerose:
Neue Wege zur individualisierten Therapie
Dresden (20. August 2010) – Die MS ist charakterisiert von heterogenen Krankheitsverläufen und -symptomen. Eine möglichst maßgeschneiderte und auf die individuellen Besonderheiten des Patienten abgestimmte Therapie ist daher von hoher Bedeutung für einen optimierten Behandlungserfolg. Ein neu entwickeltes Patientenmonitoringsystem eröffnet zukünftig neue Perspektiven in der Sicherung und Steigerung der Qualität der Behandlung von MS-Patienten unter innovativen Therapeutika. Das Konzept der multidimensionalen Datenerfassung wurde auf dem Pressegespräch „Fortschritte bei der MS – Neue Wege zur individualisierten Therapie“ am 20. August in Dresden vorgestellt. „Aufgrund der individuellen Verläufe der MS-Erkrankung und innovativer Therapieoptionen kann die Behandlung von MS-Patienten durch die Implementierung eines interaktiven Patientenmonitorings in das Prozess- und Risikomanagement deutlich verbessert werden“, so PD Dr. Tjalf Ziemssen, Dresden. Präsentiert wurden zudem aktuelle Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit von Tysabri® (A), u.a. zur Sehfähigkeit [1] und dem Schwangerschaftsverlauf [2] unter dem Antikörper. Aktuelle Erkenntnisse zu den oralen Therapeutika, deren Zulassung bereits beantragt ist, wurden darüber hinaus diskutiert. Mit Fampridin-PR stand eine weitere orale Substanz im Fokus, die zur gezielten Verbesserung der Gehfähigkeit von MS-Patienten entwickelt wurde und deren Zulassung ebenfalls für das kommende Jahr erwartet wird.
Optimierung durch Interaktion: Neue Wege im Patientenmonitoring
Innovative Therapiekonzepte erfordern eine erhöhte klinische Wachsamkeit. Für eine solide Basis diagnostischer und therapeutischer Entscheidungen sorgt nun das neuartige Patientenmanagement-System MSDS 3D, das vom MS Zentrum Dresden entwickelt wurde. Mit Hilfe neuester Informationstechnologie werden Daten von Arzt, Patient und Schwester erfasst und mit einem zuvor definierten, internen Qualitätsstandard verglichen. Eine systematische Erstellung ergänzender therapeutischer Leitlinien zur Unterstützung des ärztlichen Handelns bei dem Einsatz von komplexen Therapien wie der Antikörpertherapie mit Natalizumab, wird durch ein gesondertes Modul sichergestellt. Dies geschieht durch Berücksichtigung aller essentiellen Prozesskomponenten – von der Indikationsstellung über Infusionsdurchführungen bis hin zu Kontrolluntersuchungen. Durch interaktive Patientenschulungen, intelligente Fragebögen sowie die automatische Auswertung der Daten können Zeit eingespart und relevante Informationen, z.B. zur subjektiv empfundenen Lebensqualität von MS-Patienten, erfasst werden. „Der innovative Charakter des Projekts ergibt sich aus dem konsequenten Einsatz moderner Informationstechnologie und der daraus abgeleiteten multiperspektivischen Erfassung und Verknüpfung von Daten aller am Behandlungsprozess beteiligten Akteure“, fasste Ziemssen zusammen, der maßgeblich zur Entwicklung des Systems beigetragen hat.
Potentiale im Überblick: MS-Therapie mit Tysabri®
Wirksamkeit und Sicherheit einer MS-Behandlung sind bedeutende Faktoren für Therapieentscheidungen. Für den monoklonalen Antikörper Natalizumab sind zahlreiche Aspekte der Wirksamkeit belegt: Bereits in der Zulassungsstudie AFFIRM zeigte sich eine Schubratenreduktion von 68% nach zwei [3] sowie nach drei Jahren [4]. Zudem kann das Risiko einer anhaltenden Behinderungsprogression unter Tysabri® um 64% reduziert werden [5]. 37% der Patienten unter Natalizumab zeigen über einen Zeitraum von zwei Jahren sogar eine vollständige Krankheitsfreiheit ggü. 7% unter Placebo [6]. In einer Post-hoc-Auswertung der AFFIRM-Studie konnte zudem eine anhaltende Verbesserung bereits bestehender Behinderungen gemessen am EDSS-Wert gezeigt werden [7]. Neue Daten bestätigen darüber hinaus eine über zwölf Wochen anhaltende Verbesserung des Sehvermögens. „Die Daten dieser Phase-III-Studie belegen anhand eines Niedrigkontrast-Buchstabensehtests eine signifikante Sehkraftverbesserung unter Tysabri® im Vergleich zu der Placebogruppe“, so Ziemssen [1]. Die Sicherheit von Tysabri® im Fall einer Schwangerschaft wird mit der neuen Beobachtungsstudie TPER (TYSABRI® Pregnancy Exposure Registry) untersucht. Erste Auswertungen belegen, dass sich bei MS-Patientinnen, die mindestens drei Monate vor der Empfängnis Natalizumab erhielten oder zu einem beliebigen Zeitpunkt unter Therapie schwanger wurden, keine negativen Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf zeigen [2]. Hinsichtlich des sicheren Einsatzes von Natalizumab wurde Anfang 2010 eine Neubewertung des Nutzen-Risiko-Profils durch EMA und FDA vorgenommen. Der Benefit der Tysabri®-Therapie überwiegt hiernach unverändert gegenüber dem Risiko, eine Progressive Multifokale Leukenzephalopathie (PML) zu entwicklen [8]. „Das in der Zulassung beschriebene Risiko einer PML von 1:1000 steigt erst nach zwei Jahren Behandlung auf dieses Niveau an, vorher liegt es deutlich darunter“, ergänzte Ziemssen.
Orale Therapien: Nutzen-Risiko-Profil auf dem Prüfstand
Gegenwärtig stehen zwei orale Wirkstoffe – Fingolimod (FTY-720) und Cladribin – kurz vor der Zulassung. Eine signifikante Reduktion der Schubrate konnte durch Studien für beide Substanzen nachgewiesen werden [9-11]. Hinsichtlich der Behinderungsprogression konnte für Fingolimod allerdings kein signifikanter Unterschied ggü. Interferon beta-1a i.m. beleget werden [9]. Zur therapeutischen Sicherheit und Verträglichkeit der neuen oralen Substanzen sind jedoch noch viele Fragen unbeantwortet: „Fehlende Langzeitdaten ermöglichen bislang keine abschließende Bewertung des Sicherheitsprofils dieser Therapeutika“, betonte Ziemssen. Auch hinsichtlich der Compliance sind aktuell keine validen Daten verfügbar, die eine Überlegenheit der oralen Wirkstoffe gegenüber Injektionstherapien darstellen. Welchen Platz die neuen Therapeutika im Therapieschema der MS einnehmen werden und für welche Patienten sie geeignet sind, muss sich in der praktischen Anwendung noch zeigen.
Weil die Mobilität zählt: Fampridin-PR kann Gehfähigkeit verbessern
Gehbehinderungen stellen für einen Großteil der MS-Patienten die gravierendste Einschränkung im Alltag dar [12]. Durch eine neu entwickelte Therapieoption könnte nun erstmalig die Gehfähigkeit von MS-Patienten klinisch signifikant verbessert werden. Fampridin-PR, eine abgewandelte Form von 4-Aminopyridin, wurde als Retard-Formulierung entwickelt, die eine verlängerte Wirkstofffreisetzung gewährleistet. Der selektive Kaliumkanalblocker kann eine vorübergehende Stabilisierung angegriffener Neuronen und damit eine Verbesserung der Signalübertragung in den Nervenfasern bewirken, deren Myelinschicht beschädigt ist. Gemessen anhand des etablierten Messinstruments Timed 25-Foot Walk konnte in einer Phase-III-Studie eine signifikante Steigerung der Gehgeschwindigkeit um 25,2% gegenüber 4,7% unter Placebo belegt werden. In der Studie zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Gehfähigkeit bei den Respondern von Fampridin-PR zudem anhand des MSWS-12 Fragebogens (MS Walking Scale-12) [13]. Fampridin-PR könnte unabhängig von der Verlaufsform der MS und der bestehenden Immuntherapie eingesetzt werden. Die europäische Zulassung wird für 2011 erwartet.
Anmerkung
(A) Tysabri® ist als Monotherapie zugelassen für Patienten mit hoher Krankheitsaktivität trotz Behandlung mit einem Interferon beta mit mindestens einem Schub innerhalb der vergangenen 12 Monate und bestimmten Veränderungen im MRT (³9 T2-Läsionen oder ³1 Gd+-Läsion) oder bisher unbehandelte Patienten mit rasch fortschreitender MS mit mindestens zwei Schüben mit Behinderungsprogression innerhalb der vergangenen 12 Monate und ³1 Gd+-Läsion oder signifikante Zunahme der T2-Läsionen.
Quellen
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Balcer LJ et al., 2010
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Cristiano LM et al. 2010
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Polman CH et al., 2006
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O’Connor et al., 2007
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Hutchinson M et al., 2009
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Havrdova E et al., 2009
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Munschauer F et al., 2009
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European Medicines Agency, 2010
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Kappos L et al., 2010
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Cohen J et al., 2009
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Giovannoni G et al., 2010
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Harris Interactive, 2008
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Goodman A et al., 2009
Quelle: Pressegespräch der Firma Biogen Idec zum Thema „Fortschritte bei der MS – Neue Wege zur individualisierten Therapie“ am 20.08.2010 in Dresden (Ogilvy Healthworld Düsseldorf) (tB).