Kaffeetrinken ist nicht mit einem erhöhten Risiko für chronische Erkrankungen verbunden

 

Potsdam-Rehbrücke (22. Februar 2012)  – Ergebnisse der EPIC*-Deutschland-Studie, an der mehr als 42.600 erwachsene Frauen und Männer aus Potsdam und Heidelberg teilnehmen, weisen darauf hin, dass Kaffeetrinken nicht das Risiko für Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen erhöht, sondern sogar mit einem verminderten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist. Personen, die täglich mehr als vier Tassen (über 600 ml) koffeinhaltigen Kaffee konsumierten, hatten im Vergleich zu Personen, die durchschnittlich weniger als eine Tasse tranken, ein um 23 Prozent verringertes Typ-2-Diabetes-Risiko. Ein ähnlicher Zusammenhang deutete sich auch für den Konsum von entkoffeiniertem Kaffee an.

 

Das Wissenschaftlerteam um Heiner Boeing und Anna Flögel, beide Ernährungs-Epidemiologen am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), veröffentlichte nun seine Studiendaten in der Fachzeitschrift American Journal of Clinical Nutrition (Anna Floegel et al.; 2012, 95:1-8; doi:10.3945/ajcn.111.023648; Link zur Publikation: http://www.ajcn.org/content/early/2012/02/14/ajcn.111.023648.abstract). Neben Mitarbeitern des DIfE waren auch Rudolf Kaaks und Birgit Teucher vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und Tobias Pischon vom Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin in Berlin-Buch an der Studie beteiligt.

Kaffee ist weltweit eines der beliebtesten alkoholfreien Getränke und enthält eine Mixtur aus verschiedenen Inhaltsstoffen. Zu diesen gehören Koffein, Chlorogensäure sowie weitere Polyphenole, Nikotinsäure und Mineralstoffe – also Substanzen, die den menschlichen Stoffwechsel durchaus beeinflussen und die teilweise mit positiven und teilweise mit negativen Gesundheitseffekten in Verbindung stehen. Die gesundheitlichen Effekte des Kaffeekonsums stehen daher immer wieder im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen, wobei in den meisten Studien oft nur die Beziehung zwischen Kaffeegenuss und einer Erkrankungsart untersucht wurde. Das deutsche Forscherteam analysierte nun die Langzeiteffekte des Kaffeekonsums nicht nur hinsichtlich einer Erkrankung, sondern hinsichtlich mehrerer chronischer Erkrankungen gleichzeitig. Prospektive* Langzeit-Bevölkerungsstudien wie die EPIC-Deutschland-Studie sind hierzu besonders gut geeignet.

Neben den Ernährungs- und Lebensstildaten erfassten und analysierten die Wissenschaftler auch die medizinischen Daten der Studienteilnehmer/innen. In der durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von knapp neun Jahren erkrankten erstmals 1.432 Studienteilnehmer/innen an Typ-2-Diabetes, 394 erlitten einen Herzinfarkt, 310 erlitten einen Schlaganfall und 1.801 Teilnehmer erkrankten an Krebs. Verglichen die Forscher die Daten von Personen, die sehr viel Kaffee tranken, mit den Daten von Personen mit einem sehr geringen Konsum, so konnten sie keine Risikoerhöhung für die in den westlichen Industrienationen häufig auftretenden chronischen Erkrankungen feststellen. Bei Personen, die viel Kaffee tranken, beobachteten sie sogar ein vermindertes Typ-2-Diabetes-Risiko.

„Unsere Studienergebnisse decken sich mit den Resultaten aktueller prospektiver Studien aus den USA“, sagt Erstautorin Anna Flögel. Wer Kaffee also gut vertrage und ihn gerne trinkt, sollte dies somit auch weiterhin tun, so die Epidemiologin. Andersherum sollten sich Menschen aber aufgrund der Ergebnisse nicht genötigt sehen, mit dem Kaffeetrinken zu beginnen. „Es ist wichtiger, darauf zu achten, ausreichend Vollkornprodukte, wenig Fleisch sowie viel Obst und Gemüse zu essen, nicht zu rauchen und sich ausreichend zu bewegen“, ergänzt Studienleiter Heiner Boeing. Für die Flüssigkeitszufuhr böten sich neben dem Kaffee auch andere Getränke mit einem geringen Energiegehalt an, wie Tee und Wasser.

 

 

Hintergrundinformation

*EPIC steht für European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition. Sie ist eine der größten prospektiven („vorausschauenden“) Studien, welche die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen chronischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes untersucht. An der EPIC-Studie sind zehn europäische Länder mit insgesamt 519.000 weiblichen und männlichen Studienteilnehmern im Erwachsenenalter beteiligt. In Deutschland gehören das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg sowie das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke zu den EPIC-Studienzentren.


Die Potsdamer EPIC-Teilstudie, die von Heiner Boeing geleitet wird, schließt mehr als 27.000 Studienteilnehmer/innen ein. Die von Rudolf Kaaks geleitete Heidelberger Teilstudie verfügt über mehr als 25.000 Studienteilnehmer/innen. Bei der Auswertung einer prospektiven Studie ist es wichtig, dass die Teilnehmer/innen zu Beginn der Studie noch nicht an der zu untersuchenden Krankheit leiden. Die Risikofaktoren für eine bestimmte Erkrankung lassen sich so vor ihrem Entstehen erfassen, wodurch eine Verfälschung der Daten durch die Erkrankung weitestgehend verhindert werden kann – ein entscheidender Vorteil gegenüber retrospektiven Studien.

Kaffeeverbrauch

Im Jahr 2007 war Finnland das Land mit dem höchsten Kaffeekonsum pro Kopf. Finnen verbrauchten pro Person durchschnittlich 12 kg Kaffee. In Deutschland konsumierte die Bevölkerung 6,4 kg pro Einwohner, wohingegen US-Bürger pro Person etwa 4,2 kg verbrauchten.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Forschungsschwerpunkte sind dabei Adipositas (Fettsucht), Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung e.V. (DZD).

Die Leibniz-Gemeinschaft vereint 86 Einrichtungen, die anwendungsbezogene Grundlagenforschung betreiben und wissenschaftliche Infrastruktur bereitstellen. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Einrichtungen rund 16.800 Menschen – darunter 7.800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – bei einem Jahresetat von insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro. Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet sich durch die Vielfalt der in den Einrichtungen bearbeiteten Themen und Disziplinen aus. Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft bewahren und erforschen das natürliche und kulturelle Erbe. Darüber hinaus sind sie Schaufenster der Forschung, Orte des Lernens und der Faszination für die Wissenschaft. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de.

 


 

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE), 22.02.2012 (tB).

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