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Kinderdiabetes in Deutschland
Eine Diagnose mit gravierenden Folgen für die jungen Patienten und ihr soziales Umfeld
Von Prof. Thomas Danne,
Chefarzt im Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover
Leverkusen/München (30. April 2008) – Diabetes mellitus ist in Deutschland die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern. Rund 25.000 Kinder bis 19 Jahren sind hierzulande vom Typ-1 betroffen, einer Stoffwechselerkrankung, die ursächlich nicht im Lebenswandel der betroffenen Patienten begründet ist.
Anders verhält es sich beim Typ-2 Diabetes, der durch Fehlernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel gefördert wird und in der Vergangenheit als Altersdiabetes bekannt war, weil er normalerweise bei Erwachsenen über 40 auftrat. In Folge eines dramatischen Anstiegs von Adipositas (krankhaftes Übergewicht, Fettleibigkeit) im Kindes- und Jugendalter wird jedoch auch der Typ-2 Diabetes bei Jugendlichen hierzulande immer häufiger diagnostiziert. Schon heute ist die Neuerkrankungsrate fünf Mal so hoch wie noch vor 10 Jahren.
Diabetes – eine Krankheit mit der es sich gut leben lässt?
Dass die International Diabetes Foundation (IDF) Kinder mit Diabetes am 14. November 2008 bereits zum zweiten Mal in Folge in den Mittelpunkt des Weltdiabetestags stellt, geschieht aus gutem Grund: Typ-1 Diabetes nimmt mit 3 bis 4 Prozent pro Jahr dramatisch zu und besonders der Anteil der jungen Patienten steigt. Die lebenslangen Auswirkungen der unheilbaren Krankheit sind für die Kinder und ihre Familien gleichermaßen gravierend. Neben einer permanenten gesundheitlichen Bedrohung spielen soziale und psychische Folgeerscheinungen eine große Rolle im Leben der Betroffenen. Und nicht selten mündet die Krankheit in finanziellen Problemen für die Familie.
Diabetes bei Kindern ist anders
Es gibt viele Besonderheiten, die den Umgang und die Behandlung der Erkrankung bei Kindern erschweren. Dazu gehören die lange Schlafdauer und kleine Areale zur Insulininjektion bei Säuglingen. Später kommen ein nicht immer kontrollierbares Ess- und Bewegungsverhalten sowie das häufige Auftreten von Infektionskrankheiten hinzu. Viele Kinder widersetzen sich den therapeutischen Maßnahmen mit aller Kraft, weil sie deren Sinn noch nicht verstehen können. Jugendliche wiederum verweigern sich, weil sie gegen das „anders sein“ aufbegehren wollen. Zusätzlich ändert sich durch die Einflüsse des Wachstums ihre Insulinempfindlichkeit ständig, was die Therapie weiter erschwert.
Soziale und finanzielle Dimensionen des Kinderdiabetes
Hinzu kommen die sozialen Auswirkungen der Krankheit. Nicht selten werden Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus von schulischen oder sonstigen Aktivitäten ausgeschlossen, weil Kindergärtner und Lehrer die Verantwortung für etwaig auftretende Gesundheitsprobleme ablehnen. Auch ein negatives Image der (vermeintlich selbst verschuldeten) Krankheit und andere Fehlinformationen in der Öffentlichkeit beeinträchtigen das Selbstwertgefühl vieler Kinder nicht unwesentlich.
Weil bei kleinen Patienten die Therapie nahezu ausschließlich durch die Eltern geleistet werden muss, sind auch finanzielle Auswirkungen vorprogrammiert. Eine aktuelle Umfrage bei über 500 Familien zeigte, dass nahezu alle Mütter der jüngeren Kinder und die Hälfte der älteren Kinder ihre Berufstätigkeit nach der Diabetesdiagnose aufgeben oder nicht wieder aufnehmen konnten.
Multidisziplinäre Therapiekonzepte und strukturierte Schulungen sind nötig
Aufgrund der vielfältigen Konsequenzen, die eine Diabeteserkrankung bei Kindern mit sich bringt, ist es deshalb von großer Bedeutung, dass die betroffenen Familien Zugang zu spezialisierten Diabetesbehandlungszentren mit neu entwickelten und auf das Alter des jeweiligen Kindes abgestimmten Schulungs- und Behandlungs-Programmen erhalten.
Auch der Einsatz moderner Therapieverfahren ist dringend nötig. Weil beispielsweise die Pumpentherapie der Insulinfreisetzung eines Gesunden sehr nahe kommt und eine besonders flexible Form der Insulinbehandlung ist, kommt sie bei Kindern vermehrt zum Einsatz. Einerseits ist der Pumpe eine automatische Basalrate einprogrammiert, die individuell dem Tagesrhythmus des Kindes angepasst werden kann. Zusätzlich können Eltern oder – bei älteren Kindern – die Patienten selber zu jeder Tages- und Nachtzeit die erforderliche Menge kurzwirksamen Insulins auf Knopfdruck abgeben. Neuerdings können subkutan gelegte Sensoren die im Gewebe gemessenen Glucosewerte überwachen und sie – ebenso wie den Trend – auf eine Anzeige in der Insulinpumpe übertragen. Bei zu hohen oder zu niedrigen Werten, beispielsweise im Schlaf, werden die Patienten gewarnt. Zudem besteht die Möglichkeit, auch äußerlich gemessene Blutzuckerwerte drahtlos über einen Funksender direkt an die Pumpe zu übermitteln. Ein solches integriertes System zum Diabetes Management ist beispielsweise Contour® Link, das seit Anfang des Jahres von Bayer Vital und dem Pumpenhersteller Medtronic angeboten wird. Gerade für Kinder bedeutet dies ein Plus an Sicherheit und Komfort, da das System die Dosierung des Bolus-Insulins und die Kalibrierung vereinfacht.
Auch kreative und soziale Konzepte können auch helfen
Doch nicht nur der medizinische Fortschritt kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, der wachsenden Zahl erkrankter Kinder das Leben mit dem noch immer unheilbaren Diabetes mellitus zu erleichtern. Häufig – das zeigt auch der Alltag im Kinderkrankenhaus auf der Bult – sind es die kleinen, alltäglichen Dinge, mit denen wir den Kindern und ihren Familien eine große Hilfe leisten können. Und weil noch viele Ideen nötig sind, um Kindern mit Diabetes eine bessere Zukunft zu bieten, freue ich mich, dass Bayer Vital jetzt den Fine Star ins Leben gerufen hat. Als Jury-Mitglied möchte ich nicht nur meine Kollegen aufrufen, sich daran zu beteiligen, sondern auch Eltern, Großeltern, Kindergärtner, Lehrer und sonstige Betreuer. Mit ihren Ideen können sie anderen Betroffenen ein gutes Beispiel und Inspiration für ein besseres Leben mit dem Diabetes geben.