Leitlinie „Psychosoziales und Diabetes mellitus“

Menschen mit Diabetes erkranken häufiger an Demenz

 

Berlin (13. Juni 2013)  – Menschen mit Diabetes mellitus erkranken früher und häufiger an einer Demenz als Gleichaltrige ohne die Stoffwechselstörung – das haben mehrere Studien gezeigt. Die Gedächtnisschwäche erschwert es den Betroffenen, ihre Werte zu überwachen und die Medikamente zur Diabetesbehandlung regelmäßig einzunehmen. Die Kombination aus Demenz und Diabetes sollte im Behandlungsplan angemessen berücksichtigt werden, betont die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). In ihrer neuen Leitlinie „Psychosoziales und Diabetes mellitus“ gibt sie deshalb Empfehlungen für die Therapie dieser Patienten. Die neue Behandlungsleitlinie stellte die DDG auf einer Pressekonferenz am 18. Juni 2013 in Berlin vor.

 

Im Vergleich zu Gesunden unterliegen Menschen mit Diabetes Typ 2 einem bis zu vierfach erhöhten Risiko für eine gefäßbedingte Demenz. Das Risiko für eine Alzheimerdemenz ist 1,5- bis 2-mal so hoch. Eine Ursache ist ein langfristig erhöhter Blutzuckerspiegel. Er schädigt die Blutgefäße – etwa in den Augen, in den Füßen und auch im Gehirn. Aber auch die häufigen Begleiterkrankungen eines Typ-2-Diabetes wie Bluthochdruck, Adipositas, Fettstoffwechselstörungen oder Depression spielen eine Rolle.

Menschen, die gleichzeitig von Diabetes und einer Demenz betroffen sind, tragen ein hohes Risiko für schwere Unterzuckerungen. Dies zeigt auch eine aktuelle Studie im Fachblatt „JAMA“. Diese Hypoglykämien sind die häufigste akute Komplikation bei Diabetes. Patienten können sie normalerweise frühzeitig erkennen und selbst so behandeln, dass sie nicht riskant sind. „Deutlich schwieriger ist die Situation für Menschen mit einer demenziellen Erkrankung, die ihre Medikamente und ihre Ernährung nicht immer richtig aufeinander abstimmen können und die Anzeichen einer Hypoglykämie nicht mehr richtig deuten“, sagt Professor Dr. rer. nat. Karin Lange, Fachpsychologin Diabetes aus der Arbeitsgemeinschaft Diabetes und Psychologie der DDG und Mitautorin der neuen Leitlinie. Sie nehmen dann beispielsweise eine zu hohe Dosis Medikamente ein, überschätzen den Kohlenhydratgehalt einer Mahlzeit oder vergessen, nach dem Spritzen etwas zu essen. Schwere Hypoglykämien scheinen das bereits geschädigte Gehirn weiter zu beeinträchtigen und das Fortschreiten der Demenz zu beschleunigen.

„Bei der Behandlung von kognitiv beeinträchtigten Patienten sollten Ärzte deshalb einen Langzeit-Blutzuckerwert im mittleren Bereich anstreben, also einen HbA1c-Wert von etwa acht“, empfiehlt Professor Lange. Dies verringere die Gefahr, eine schwere Hypoglykämie zu erleben. „Die Therapiekonzepte sollten zudem möglichst einfach sein, um die Betroffenen und ihre Betreuer nicht überfordern“, rät die Leiterin der Forschungs- und Lehreinheit Medizinische Psychologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dies gelte insbesondere bei fortgeschrittener Demenz.

Die gefährliche Kombination von Demenz und Diabetes werde noch zu wenig beachtet, betonen die Experten der DDG. Sie sprechen sich in der neuen S2-Leitlinie deshalb für ein jährliches Demenzscreening bei Menschen mit langer Diabetesdauer aus, die älter als 65 Jahre sind und über spürbare Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung klagen. Die Fachgesellschaft hält es zudem für geboten, dass Ärzte und Pflegekräfte noch enger als bisher mit Betroffenen und Angehörigen zusammenarbeiten. „In diesem Bereich sind Weiterbildungsangebote für Pflegepersonal und Familienmitglieder dringend notwendig“, betont DDG-Präsident Privatdozent Dr. med. Erhard Siegel, Chefarzt für Diabetologie und Ernährungsmedizin am Heidelberger St. Josefskrankenhaus. „Denn die Zahl betroffener Patienten wird angesichts unserer alternden Gesellschaft dramatisch zunehmen.“

Neben dem Thema Demenz beschäftigt sich die neue Leitlinie unter anderem mit den Themen Depression, Angst- oder Essstörungen in Zusammenhang mit der Diabeteserkrankung. Den neuen Behandlungsleitfaden stellen Experten auf der Pressekonferenz am 18. Juni 2013 in Berlin vor.


Quellen

 

 


 

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft, 13.06.2013 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…