Multiple Sklerose: Neue Methode verbessert die Diagnose der Erkrankung deutlich

 

Bonn (9. Februar 2010) – Bei der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose sind sowohl die Nervenzellen der weißen als auch der grauen Substanz in Hirn und Rückenmark angegriffen. Ausgerechnet in der klinisch besonders relevanten grauen Hirnsubstanz ließen sich krankhafte Veränderungen bisher aber nur schwer erkennen. Mediziner der Universitäten Bonn und des MS & Alzheimer Center Amsterdam haben nun ein Untersuchungsverfahren gefunden, das die Schädigungen in der grauen Substanz deutlich besser sichtbar macht. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift "European Radiology" (doi: 10.1007/s00330-009-1705-y) erschienen.

 

In Deutschland leiden mehr als 120.000 Menschen an der unheilbaren Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose (MS). Aus bisher unbekannten Gründen greift das eigene Immunsystem bei den Betroffenen verschiedene Stellen des zentralen Nervensystems (ZNS) an – unter anderem die Isolierschichten der Nervenzellen (Myelinscheiden). Dort entzündet sich eine Art "Kabelbrand", Mediziner nennen dies Läsion oder Entmarkungsherd. Die Folge: Nervenimpulse können nur noch eingeschränkt oder nicht mehr weitergeleitet werden. Im weiteren Verlauf der Krankheit werden die Nervenzellen geschädigt und gehen zugrunde.

MS-Läsionen in der weißen Hirnsubstanz lassen sich durch herkömmliche Magnetresonanztomografie (MRT) recht gut erkennen. Obwohl die MS traditionell als eine Erkrankung der weißen Substanz interpretiert wird, gilt es mittlerweile als gesichert, dass dabei vor allem auch die graue Substanz des zentralen Nervensystems in Mitleidenschaft gezogen wird. Mit der herkömmlichen Magnetresonanztomographie (MRT) bleiben die Entzündungsherde in der grauen Substanz – auch kortikale Läsionen genannt – jedoch vielfach unentdeckt.

 

 

Schärferer Blick mit stärkerem Magneten

 

Privatdozent Dr. Mike Wattjes vom MS & Alzheimer Center Amsterdam und sein Team wollten prüfen, ob sich die Erkennungsrate der kortikalen Läsionen optimieren lässt. Der deutsche Radiologe hat die aktuelle Studie an seiner früheren Wirkungsstätte – der Radiologischen Klinik der Universität Bonn – begonnen. In der Bonner Universitätsradiologie untersuchten er und seine Kollegin Dr. Birgit Simon 34 MS-Patienten und neun Kontrollpersonen in zwei Magnetresonanztomographen unterschiedlicher Magnetfeldstärke. Ergebnis: Bei einem Hochfeld-MRT mit 3 Tesla Feldstärke waren deutlich mehr Läsionen zu erkennen als bei einem MRT mit der herkömmlichen Feldstärke von 1,5 Tesla. Bei Untersuchungen mit Hochfeld MRT plus einer so genannten Double Inversion Recovery (DIR)-Pulssequenz stachen die kortikalen Läsionen im Bild am deutlichsten hervor. Die Erkennungsrate lag dabei fast drei Mal so hoch wie bei einer herkömmlichen MRT-Untersuchung bei 1,5 Tesla.

"Die kortikalen Veränderungen sind von entscheidender klinischer Relevanz, da sie vor allem mit dem Grad der körperlichen Behinderung und der kognitiven Beschwerden in Verbindung stehen", sagt Dr. Wattjes. "Durch den Einsatz der Hochfeld MRT in Kombination mit speziellen Pulssequenzen können wir diese Läsionen besser sichtbar machen. Damit können wir auch schon zu einem recht frühen Erkrankungszeitpunkt mit größerer Sicherheit sagen, ob eine MS vorliegt oder nicht."

Die Multiple Sklerose gilt als eine sehr heterogene Erkrankung und wird somit oft als "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" bezeichnet: Je nachdem, welche Stellen des Nervensystems entzündet sind, können sich für den Patienten verschiedenste Symptome einstellen – Schwindel, Sehschwächen, Lähmungen oder auch kognitive Defizite. In der Vergangenheit hat man oft auf Basis von neurologischen Befunden und damit recht spät (z.T. erst nach dem zweiten Krankheitsschub) die Diagnose sicher stellen und adäquat behandeln können. "Die MRT-Diagnostik hat die Diagnostik der MS revolutioniert. Mit ihr haben wir nunmehr die Möglichkeit, eine Krankheitsaktivität zu erkennen, bevor sie sich beim Patienten in Form eines zweiten Krankheitsschubes klinisch neurologisch eindeutig manifestiert", so Wattjes. Mit Hilfe der Hochfeld-MRT und neuer Bildgebungstechniken hoffen die Mediziner, in Zukunft nun auch den Ursachen der "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" auf die Spur zu kommen.


 


 

Quelle: Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn vom 09.02.2010 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…