Neuer Angriffspunkt für Schmerzmedikamente

 

Förderpreis für Schmerzforschung an Zürcher Forscher verliehen

 

Berlin (8. Oktober 2008) – Wenn die Schmerzhemmung im Rückenmark versagt, werden Schmerzen chronisch. Herkömmliche Medikamente helfen nicht lange, denn Gewöhnungseffekte und Nebenwirkungen machen den Nutzen zunichte. Julia Knabl, Robert Witschi und PD Dr. Andreas Hess haben jetzt einen Weg gefunden, die Schmerzhemmung gezielt zu aktivieren, ohne die unangenehmen Wirkungen auszulösen. Sie untersuchten die Rezeptoren der Schmerz-vermittelnden Nervenzellen genau und fanden einen Wirkstoff, der wie ein Schlüssel nur in die „richtigen“ Untereinheiten passt. Für ihre Studie wurden sie beim Deutschen Schmerzkongress in Berlin mit dem mit 7.000 Euro dotierten ersten Preis der Kategorie Grundlagenforschung des Förderpreises für Schmerzforschung 2008 ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich vergeben von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. Stifterin ist die Grünenthal GmbH (Aachen).

 

Wenn der Filter versagt

Schmerzreize aus allen Körperregionen werden über spezialisierte Nervenzellen des Rückenmarks zum Gehirn vermittelt und dort verarbeitet. Im Rückenmark wirken verschiedene Botenstoffe an diesem Prozess mit, auch hemmende wie gamma-Aminobuttersäuer (GABA), die wie ein Filter wirken und Schmerzreize abmildern. Bei chronischen Schmerzen, zum Beispiel durch Rheuma oder Nervenverletzungen, versagt dieser Filter.

 

„Gute“ Wirkung von „schlechter“ trennen

Medikamente, die die Wirkung von GABA verstärken, können die Hemmung im Rückenmark wieder aufzubauen. Als Tabletten verabreicht wirken sie jedoch nicht nur im Rückenmark, sondern auch im Gehirn, wo sie Gedächtnisstörungen, Schläfrigkeit und andere unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen. Außerdem setzt bald ein Gewöhnungseffekt ein und die Medikamente wirken nicht mehr ausreichend. Mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mäusen, deren Rezeptor für GABA leicht verändert war, fanden sie heraus, welche Untergruppen des Rezeptors die erwünschte, schmerzlindernde Wirkung der Medikamente vermittelten. „Es stellte sich heraus, dass die für die Schmerzlinderung verantwortlichen Untereinheiten verschieden von denen sind, die die unerwünschten Wirkungen vermitteln“, schildert Julia Knabl. Eine gute Nachricht – denn nun konnten die Forscher auf die Suche nach einem Wirkstoff gehen, der nur die erwünschten Rezeptoren anspricht.

 

Schmerzlinderung ohne Gewöhnungseffekt

Ein solcher Wirkstoff ist die Substanz L-838.417. Sie hatte im Experiment ebenso gute Wirkung gegen Schmerzen wie Morphin, ohne jedoch einen Gewöhnungseffekt zu haben. Untersuchungen mit der funktionellen Kernspintomografie zeigten darüber hinaus, dass durch den Wirkstoff auch die Repräsentation des Schmerzes im Gehirn deutlich vermindert wurde.

 

Kontakt

Julia Knabl, Robert Witschi, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Winterthurerstraße 190, 8057 Zürich, Schweiz, Tel. + 41 44 635 59 95, Fax: + 41 44 635 59 88, eMail: witschi@pharma.uzh.ch

PD Dr. Andreas Hess, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Universität Erlangen-Nürnberg

 


 

Quelle: Eröffnungspressekonferenz des Deutschen Schmerzkongresses 2008 am 08.10.2008 in Berlin.

 

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