Neuer Bluttest für Alzheimer

 

Göttingen (5. Oktober 2009) – Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen untersuchen neuen Ansatz zur Früherkennung von Alzheimer. Erste Ergebnisse der klinischen Grundlagenforschung wurden jetzt veröffentlicht in der Online-Ausgabe des renommierten Fachmagazin "Neurobiology of Aging".

 

Nur wer wirklich an Alzheimer erkrankt ist, darf mit Medikamenten dagegen behandelt werden. Deshalb sucht die Alzheimer-Forschung nach einem geeigneten Test, mit dem sich die Krankheit "Alzheimer" möglichst frühzeitig und eindeutig bestimmen lässt. Wissenschaftler der Arbeitsgruppe für Molekulare Psychiatrie (Leiter. Prof. Dr. Thomas Bayer) in der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Göttingen haben einen vielversprechenden Ansatz für die Früherkennung der Alzheimer Demenz entwickelt. Neu ist: Das Testverfahren weist im Blut spezielle Antikörper nach, die von der körpereigenen Immunabwehr im Kampf gegen ein für Nervenzellen besonders giftiges Eiweiß, das so genannte Pyroglutamat-Abeta Peptid, gebildet werden. Die Forscher der Universitätsmedizin Göttingen und ihre Kollegen von der Universität Upsalla haben zudem herausgefunden, dass bei Menschen mit ersten Anzeichen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung die Antikörperspiegel mit ihrem kognitiven Status in einem psychologischen Test korrelieren. Die Ergebnisse ihrer bisherigen Forschungen sind jetzt in der Online-Ausgabe des renommierten Fachmagazins "Neurobiology of Aging" international erschienen.

Originalveröffentlichung: Marcello A, Wirths O, Schneider-Axmann T, Degerman-Gunnarsson M, Lannfelt L, Bayer TA (2009) Reduced levels of IgM autoantibodies against N-truncated pyroglutamate Abeta in plasma of patients with Alzheimer’s disease. Neurobiol Aging, 10.1016/j.neurobiolaging.2009.08.011
LINK:
http://dx.doi.org/10.1016/j.neurobiolaging.2009.08.0111

Der Göttinger Alzheimer-Test nutzt neue Erkenntnisse über ein spezielles Eiweiß, das so genannte "Pyroglutamat-Abeta-Peptid". Dieses Eiweiß gehört zwar zu der Familie der Abeta-Peptide, wie sie sich im Hirn von Alzheimer-Patienten in den typischen "Amyloid-Plaques" nachweisen lassen. Doch es handelt sich um ein modifiziertes, also verändertes Abeta-Peptid. Es entsteht in den Nervenzellen durch die Zyklisierung von N-terminal trunkiertem Abeta. Und es unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt: Das Pyroglutamat-Abeta-Peptid wirkt in Zellkulturen sehr giftig.

Die Arbeitsgruppe um den Neurobiologen Prof. Dr. Thomas Bayer und ihre Koopertionspartner von der Firma Probiodrug aus Halle, konnten kürzlich nachwei-sen, dass das Pyroglutamat-Abeta-Peptid auch im Tiermodell giftig wirkt. Ihre Ergebnisse: Die neu entwickelten transgenen Mäuse produzieren das Pyroglutamat-Abeta-Peptid hauptsächlich in den Nervenzellen. Die Nervenzellen starben darauf hin ab. Die Mäuse zeigten neurologische Verhaltensdefizite. "Das Tiermodell bestätigt unsere früheren Studien an zwei anderen Tiermodellen, dass nicht die Amyloid-Plaques, sondern vielmehr die Bildung von Abeta-Peptiden innerhalb der Nervenzelle, ursächlich für den Alzheimer-typischen Zelltod ist", sagt Prof. Dr. Thomas Bayer. "Auf diesen Erkenntnissen haben wir unseren neuen Alzheimer-Frühtest aufgebaut. Wir messen im Blutplasma gezielt die Antikörper, die gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptid gerichtet sind."

In einer aktuell durchgeführten Studie hat das Team um Professor Bayer die Ideen und Erkenntnisse aus dem Mausmodell mit der Praxis abgeglichen. Sie haben (Blut-)Plasmaproben von Patienten mit Alzheimer Demenz und von Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung genommen und mit denen von gesunden Probanden verglichen. Insbesondere für die Gruppe der Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung wäre ein Alzheimer-Frühtest hilfreich. Denn es hat sich gezeigt, dass diese Gruppe ein hohes Risiko hat, eine Alzheimer De-menz zu entwickeln.

Ergebnisse


In den verschiedenen Plasmaproben wurden die Spiegel von körpereigenen Anti-körpern der IgM Klasse (IgM Autoantikörper) gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptide gemessen. Dabei kamen die Forscher zu diesen Ergebnissen: Alzheimer-Patienten hatten weniger Antikörper, ihre Antikörperspiegel waren signifikant niedriger als bei gesunden Personen. In der Gruppe der Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung korrelierten die Autoantikörperspiegel mit ihrem kognitiven Status. Danach besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Antikörperspiegels gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptide und der Gedächtnisleistung eines Menschen. "Höhere Autoantikörperspiegel korrelieren mit besseren Gedächtnisleistungen", sagt Prof. Dr. Thomas Bayer.

Die Bedeutung der Befunde ist zurzeit Gegenstand aktueller Untersuchungen. "Es könnte sein, dass höhere Autoantikörperspiegel schützend wirken und das Risiko für das Entstehen einer Alzheimer Demenz vermindern", sagt Prof. Bayer. Doch ob dies wirklich zutrifft, muss erst weiter untersucht werden. Die Ergebnisse der Pilotstudie werden zurzeit an einer größeren Stichprobe mit Menschen analysiert. Die Hoffnung der Forscher: Sie möchten gerne helfen, frühzeitig Menschen mit einem erhöhtem Risiko für Alzheimer in einem frühen Stadium mit nur geringen Nervenzell-Schädigungen zu erkennen. Damit sie früher als bisher behandelt werden können.

 


 

Quelle: Pressemitteilung der Universitätsmedizin Göttingen – Georg-August-Universität vom 05.10.2009 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…