Palliativmedizin

Was kostet Lebensqualität?

 

Frankfurt am Main (19. März 2010) – Seit drei Jahren haben Patienten Anspruch auf eine ambulante Palliativversorgung. Doch noch immer fehlt ein entsprechendes flächendeckendes Angebot. »An den Kosten kann dies nicht liegen«, erklärt der Palliativ- und Schmerzmediziner Dr. Thomas Nolte aus Wiesbaden auf dem Deutschen Schmerztag in Frankfurt. Denn die spezielle ambulante Palliativversorgung verursacht deutlich weniger Kosten als die herkömmliche Versorgung von schwerkranken Patienten am Lebensende. Das belegen neue Berechnungen von Nolte, der am 19. März 2010 auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag mit dem Deutschen Schmerzpreis 2010 ausgezeichnet wird.

 

Von den zirka 180 Millionen Euro, die im Gesundheitsfond im Jahr 2008 für die ambulante häusliche Versorgung von Menschen in der letzten Lebensphase vorgesehen waren, wurden gerade einmal drei Millionen Euro abgerufen. Der Grund war nicht, dass es in Deutschland nur wenige Patienten gäbe, die diese Therapie benötigen. Ganz im Gegenteil: Schätzungsweise 80.000 bis 100.000 Menschen brauchen pro Jahr eine solche intensive Betreuung in ihrer letzten Lebensphase, etwa Krebspatienten aber auch Patienten mit schweren Herzerkrankungen oder neurologischen Leiden. Doch die Patienten bekommen diese Therapie nicht, weil sich Krankenkassen und Palliativteams nicht auf Verträge einigen können.

Nur in einigen wenigen Gebieten haben bereits vor Jahren engagierte Palliative Care- Fachkräfte und Palliativmediziner – auf eigenes Risiko und ohne entsprechende Verträge – begonnen, die notwendigen Netze aufzubauen. Solche existieren beispielsweise in Wiesbaden und Fulda. Im Hospiz-PalliativNetz Wiesbaden und Umgebung sind fast 20 Partner miteinander verbunden: Haus- und Fachärzte, ambulante Pflege-, Hospiz-, und palliative Beratungsdienste, Apotheker, Physiotherapeuten, stationäre und Pflege-Einrichtungen, eine Palliativstation, stationäre Hospize und kirchliche Organisationen. Das Palliativnetz hat einen »Integrierten Versorgungsvertrag« abgeschlossen. Dieser ermöglicht es den Kooperationspartnern, Versorgungshindernisse der Regelversorgung zu überspringen und so eine 24-Stunden-Begleitung schwerkranker Menschen zu erreichen, die überflüssige Klinikeinweisungen vermeidet.

Nun liegen die ersten konkreten Versorgungsdaten aus Hessen vor, wo im April 2009  ein landesweiter Vertrag mit allen Krankenkassen zur SAPV abgeschlossen wurde. Das Zentrum für ambulante Palliativversorgung ZAPV in Wiesbaden versorgte seitdem 250 Patienten. Mehr als die Hälfte, 56 Prozent der Patienten, konnte daher zu Hause sterben, 40 Prozent der Patienten starben im Hospiz und nur vier Prozent im Krankenhaus – normalerweise sterben mehr als 70 Prozent der Menschen in Krankenhäusern.

Während die »Regelversorgung« von Menschen in der letzten Lebensphase im Schnitt im Jahr 2004 14.000 Euro kostete, wie aus einer Analyse der Techniker Krankenkasse hervorgeht, sanken die Kosten aufgrund der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung um mehr als 20 Prozent auf 12.000 Euro.  

»Durch die Reduzierung von Krankenhaus- und Medikamentenkosten kann die SAPV mehr als kostenneutral in der Regelversorgung verankert werden«, erklärt Thomas Nolte. Der Widerstand der Krankenkassen in der Umsetzung der SAPV ist daher nach Auffassung des Experten »nicht rational begründet, da keine Mehrkosten entstehen.« Vielmehr bestätigen diese ersten Auswertungen die Erfahrungen aus der integrierten Versorgung. Nolte: »Eine qualitative Verbesserung der Versorgung von Palliativpatienten durch komplexe und damit aufwendige Konzepte muss nicht mit mehr Kosten erkauft werden.«

 

 

Der Deutsche Schmerz- und Palliativtag 2010
18.03. – 20.03.2010
Congress Center Frankfurt  

 


 

Quelle: Pressemitteilung  Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2010 vom 19.03.2010 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…