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Leben bis zuletzt
Wie lässt sich die Qualität der Palliativmedizin messen?
Aachen (11. August 2010) – Die Palliativmedizin hat die Aufgabe, Schwerstkranke und Sterbende zu begleiten. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Aachen untersucht, unter welchen Voraussetzungen Patienten und ihre Angehörigen mit der Betreuung in dieser letzten Lebensphase zufrieden sind. Dabei werden sowohl körperliche als auch psychosoziale Gesichtspunkte berücksichtigt. Die Deutsche Krebshilfe fördert dieses Projekt mit 260.000 Euro.
Woran ist erkennbar, ob eine palliativmedizinische Betreuung erfolgreich war? Mit dieser Frage beschäftigt sich Professor Dr. Lukas Radbruch. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Aachen. Radbruch und sein Team wollen die notwendigen Bedingungen für eine hochwertige Palliativmedizin zusammenstellen. Hierzu zählt beispielsweise, ob ausreichend Schmerzmedikamente verabreicht werden, wie häufig Flüssigkeit aus dem Bauchraum entfernt werden muss oder auch, wie viel Zeit das Personal für jeden einzelnen Patienten hat. Letztendlich sollen die Erkenntnisse dazu beitragen, die Versorgung von Krebs-Patienten und anderen unheilbar Kranken auf Palliativstationen und in Hospizen zu verbessern.
In der letzten Lebensphase spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Körperliche Empfindungen, wie zum Beispiel Schmerzen, lassen sich messen: Patienten beurteilen sie anhand einer Skala. Doch die Qualität einer palliativmedizinischen Begleitung umfasst weitere Bereiche: „Wie ein Patient Lebensqualität definiert, ist sehr subjektiv“, berichtet Radbruch. Der Wissenschaftler hat herausgefunden, dass schon die einfache Frage „Wie geht es Ihnen heute?“ sehr gute Erkenntnisse liefert. Denn viele Patienten beschreiben auf diese Frage hin auch ihre mentale Verfassung sehr genau, weil sie während des Aufenthaltes auf der Palliativstation viel Vertrauen zu den Mitarbeitern aufgebaut haben. Oftmals liefern auch die Angehörigen weitere wichtige Informationen. Rund drei Monate nach dem Tod des Patienten können sie zumeist mit dem nötigen Abstand beurteilen, womit der Verstorbene zufrieden war und was ihm gefehlt hat.
Im Rahmen der Studie nutzte die Arbeitsgruppe von Professor Radbruch Interviews und Fragebögen. Außerdem wertet sie die Krankenakten aus. Einbezogen werden sowohl Patienten und ihre Angehörigen als auch Mitglieder des Palliativteams in der jeweiligen Einrichtung. Seit 1999 erhebt die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin regelmäßig, wie Patienten die Behandlung auf Palliativstationen und in Hospizen beurteilen. Dadurch steht den Wissenschaftlern bereits ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung. Neben der Klinik für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Aachen sind an diesem Forschungsprojekt Kliniken und Institute in Göttingen, Köln, München, London (Großbritannien) und Sankt Gallen (Schweiz) beteiligt. Ziel ist es, Standards und Leitlinien zu erarbeiten, die in den Palliativstationen und Hospizen deutschlandweit verbindlich eingesetzt werden sollen. „Die gewonnenen Erkenntnisse sollen Palliativpatienten so rasch wie möglich zugute kommen“, betont Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe.
Palliativmedizin
Ziel der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität unheilbar kranker Menschen bis zuletzt zu erhalten. Dazu gehört die Bekämpfung von Schmerzen und anderer Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Atemnot oder Verwirrtheit. Auch psychische, soziale und spirituelle Anliegen rücken verstärkt in den Vordergrund. Die Bezeichnung „Palliativmedizin“ leitet sich vom lateinischen Wort „pallium“ (Mantel oder Umhang) ab und steht für Linderung, Schutz und Wärme. Die Deutsche Krebshilfe e.V. versteht sich als Wegbereiterin der Palliativmedizin in Deutschland: Mit bisher insgesamt rund 60 Millionen Euro hat sie den Aufbau palliativmedizinischer Versorgungsstrukturen bislang maßgeblich unterstützt und die Aus und Weiterbildung auf diesem Gebiet nachhaltig gefördert. Außerdem gibt die gemeinnützige Organisation umfangreiches Informationsmaterial zum Thema Palliativmedizin heraus. Die Broschüren, DVDs und ein Hörbuch können kostenlos bei der Geschäftsstelle in Bonn oder unter www.krebshilfe.de angefordert werden.
Quelle: Deutsche Krebshilfe e. V., 11.08.2010 (tB).