Hersteller-Dossier enthält für kein Anwendungsgebiet geeignete Daten

Zusatznutzen von Dapagliflozin ist nicht belegt

 

Köln (15. März 2013) – Dapagliflozin (Forxiga®) ist seit November 2012 zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat in einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob dieser neue Wirkstoff gegenüber der bisherigen Standardtherapie einen Zusatznutzen bietet. Aus dem Dossier lässt sich ein solcher Zusatznutzen jedoch nicht ableiten, da der Hersteller für keines der möglichen Anwendungsgebiete von Dapagliflozin relevante Daten vorgelegt hat.

 

 

Mono- oder Kombinationstherapie möglich

 

Zugelassen ist Dapagliflozin sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln einschließlich Insulin. Als Monotherapie kommt der Wirkstoff für Patientinnen und Patienten infrage, die Metformin nicht vertragen. Dapaglizflozin kann auch als Kombinationstherapie entweder mit Metformin oder mit Sulfonylharnstoffen eingesetzt werden, wenn einer dieser beiden Wirkstoffe allein nicht ausreicht, um den Blutzucker zu kontrollieren. Zudem kann Dapagliflozin mit Insulin kombiniert werden, sofern die angestrebten Blutzuckerwerte mit Insulin allein nicht erreicht werden können. Es gibt weitere Möglichkeiten der Kombination mit oralen Antidiabetika, die der Hersteller in seinem Dossier aber nicht dargestellt hat.

 

 

G-BA legt zweckmäßige Vergleichstherapie fest

 

Für die Dapagliflozin-Monotherapie hat der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) einen Sulfonylharnstoff (Glibenclamid oder Glimepirid) als zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt. Auch die Kombinationstherapie von Dapagliflozin und Metformin soll mit einem dieser beiden Wirkstoffe (jeweils ergänzt durch Metformin) verglichen werden. Die Kombination von Dapagliflozin mit einem Sulfonylharnstoff soll getestet werden gegen Metformin kombiniert mit einem der Sulfonylharnstoffe Glibenclamid oder Glimepirid. Die Kombination von Dapagliflozin und Insulin soll den Vorgaben des G-BA entsprechend entweder mit Humaninsulin und Metformin oder, sofern Metformin nicht geeignet ist, mit Humaninsulin allein verglichen werden.

 

 

Monotherapie: Patienten nicht zulassungskonform behandelt

 

Für die Monotherapie legt der Hersteller keine direkt vergleichende Studie zwischen Dapagliflozin und einem der Sulfonylharnstoffe vor. Vielmehr führt er einen sich auf mehrere Studien stützenden adjustierten indirekten Vergleich durch. Solche indirekten Vergleiche können prinzipiell geeignet sein, einen Zusatznutzen zu belegen. Allerdings wurden die Patientinnen und Patienten in den vom Hersteller herangezogenen Studien nicht so behandelt, wie es der Zulassung für Dapagliflozin als Monotherapie entspricht. Denn beim überwiegenden Teil lag keine Unverträglichkeit gegen Metformin vor.

 

 

Kombination mit Metformin: Hersteller vergleicht mit Glipizid

 

Was die Kombinationstherapie mit Metformin betrifft, legt der pharmazeutische Unternehmer keine Studie vor, die Dapagliflozin – wie vom G-BA vorgegeben – gegen Glibenclamid oder Glimepirid getestet hat. Stattdessen führt er eine Studie an, die Dapagliflozin plus Metformin mit Glipizid plus Metformin vergleicht. Dieser Sulfonylharnstoff ist jedoch schon seit 2007 in Deutschland nicht mehr zugelassen. Zudem hat der Hersteller in seinem Dossier nicht ausreichend dargelegt, dass Glipizid den beiden anderen Sulfonylharnstoffen gleichwertig ist.

 

 

Kombination mit Sulfonylharnstoffen: Studien sind nicht geeignet

 

Bei der Kombinationstherapie mit Sulfonylharnstoffen stützt sich der pharmazeutische Unternehmer nicht auf eine direkt vergleichende Studie, sondern auf einen adjustierten indirekten Vergleich. Die Studien, die er dabei heranzieht, sind jedoch nicht geeignet: In einem Fall überschreitet die Glibenclamid-Dosis die in Deutschland zugelassene Maximaldosis, ein einem anderen wird wiederum der hierzulande nicht zugelassene Wirkstoff Glipizid eingesetzt.

 

 

Kombination mit Insulin: Keine individuelle Therapie-Optimierung möglich

 

Für die Indikation Dapagliflozin kombiniert mit Insulin zieht der Hersteller zwar drei Studien heran. Allerdings sind deren Ergebnisse für die Bewertung des Zusatznutzens nicht verwertbar. Das liegt vor allem daran, dass die Insulintherapie nicht ausreichend individuell angepasst werden konnte: Obwohl die bisherige Insulintherapie unzureichend war, sollten die Patienten weder das Insulin wechseln noch die Dosis anpassen. Um Aussagen zum Zusatznutzen treffen zu können, müsste die Kombination mit Dapagliflozin aber mit anderen Strategien der Therapieoptimierung, wie etwa dem optimierten Einsatz von Insulin, verglichen werden.

 

Ohnehin entspricht es längst nicht mehr dem Standard diabetologischer Praxis, die Therapie nicht individuell anzupassen. Vielmehr wird die Insulintherapie individuell optimiert, damit Über- und Unterzuckerungen gar nicht erst auftreten. Insulin wird in der Studie also nicht so angewendet, wie es bei dieser Indikation notwendig und angemessen wäre.

 

Somit enthält das Dossier für keine der vier Indikationen Studienergebnisse die geeignet wären, einen Zusatznutzen zu belegen.

 

 

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

 

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

 

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung (PDF, 47 kB). Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

 

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Dapagliflozin zu finden.

 


 

Quelle: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 15.03.2013 (tB).

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