Mit neuen Richtlinien: Nervenschmerzen richtig messen

 

QST-Testung des Wind-up PhänomensMünchen (23. Februar 2009) – Mit Hilfe der Quantitativ Sensorischen Testung (QST) lässt sich die neuropathische Schmerzsymptomatik genauer analysieren. Doch wie kann man dieses Verfahren, das stark von der Mitarbeit des Patienten abhängt, standardisieren – und hohe Qualität sichern? Antwort darauf bieten die erstmalig erschienenen Zertifizierungsrichtlinien für QST-Labore. Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Deutsche Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz (DFNS) hat die Richtlinien zusammen mit der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) erarbeitet und in der Zeitschrift "Der Schmerz" publiziert.

Die Diagnose neuropathischer Schmerzen stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar, da das Beschwerdebild individuell große Unterschiede aufweist. Die Quantitativ Sensorische Testung (QST) ermöglicht mit einfachen Mitteln eine umfassende Analyse der neuropathischen Schmerzsymptomatik und bildet damit die Basis für eine gezieltere Therapie.

 

Hohen Qualitätsstandard der QST sichern
Die zunehmende Verbreitung der QST erfordert eine Standardisierung des Verfahrens. Zum einen, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Zum anderen, um Faktoren, die die Mitarbeit des Patienten beeinflussen können, zu berücksichtigen bzw. zu kontrollieren. "Die Erhebung von Normwerten unter standardisierten Bedingungen ist bei der QST genauso essentiell wie bei konventionellen elektrophysiologischen Verfahren. Nur so lässt sich ein hoher Qualitätsstandard sichern. Um diesen Standard zentrumsübergreifend zu etablieren und zu gewährleisten, haben wir zusammen mit der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes DGSS einen QST-Kriterienkatalog entwickelt.", erläutern Dr. Christian Geber, Mainz, und Dr. Andrea Scherens, Bochum, die im Deutschen Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz (DFNS) federführend an der Formulierung der Leitlinien beteiligt waren.

Mit Richtlinien zur Zertifizierung
Die Zertifizierungsrichtlinien umfassen die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität eines QST-Labors. Die Kriterien prüfen letztlich, ob die Anforderungen an räumliche, apparative und personelle Ausstattung erfüllt sind und auch die richtige Interpretation der QST-Ergebnisse gewährleistet ist. Auf Grundlage dieser Richtlinien können QST-Labore das Zertifikat "Quantitative Sensorische Testung nach Profilen des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz" über die paincert GmbH erwerben. Dazu Prof. Christoph Maier, Bochum, Leiter der an den Richtlinien beteiligten DFNS-Arbeitsgruppe: "Die Zertifizierung ist keineswegs nur auf die QST-Testbatterie des DFNS beschränkt. Sofern die Ergebnisqualität gewährleistet ist, erlaubt sie auch die Implementierung weiterer diagnostischer Methoden wie beispielsweise laserevozierte Potenziale oder Hautbiopsien. Letztlich hoffen wir mit den Richtlinien, die diagnostische Wertigkeit der QST erhöhen und die Versorgung der Patienten verbessern zu können."

Die Grundlage: QST-Batterie nach Kriterien des DFNS
Der DFNS konnte das Verfahren der QST durch Entwicklung eines standardisierten QST-Protokolls optimieren. Schulungen des Forscherteams um Prof. Rolf-Detlef Treede, Mannheim, sicherten die standardisierte Anwendung der QST im DFNS. Die QST-Batterie des DFNS geht den neuropathischen Schmerzen mit 7 Tests, bei denen insgesamt 13 Parameter erfasst werden, auf den Grund. Geprüft werden verschiedene Eigenschaften des Temperaturempfindens, der Wahrnehmung und Sensitivität von Berührung und Schmerz sowie diverse Schmerzschwellen.

Mit Hilfe dieser QST-Batterie konnte der DFNS etwa 1200 Patienten sowie etwa 180 gesunde Probanden untersuchen. Die ermittelten QST-Werte sind wichtiger Baustein der Datenbank Neuropathischer Schmerz, die von der Arbeitsgruppe um Prof. Christoph Maier verwaltet wird. Durch den direkten Vergleich der Patientendaten mit den gesunden Probanden konnten standardisierte Normwerte für jeden QST-Test ermittelt werden. Damit erlaubt die QST nach dem Protokoll des DFNS Aussagen darüber, ob ein neuropathischer Schmerz und welche Schmerzformen genau vorliegen.

 

Literatur

Geber C, Scherens A, Pfau D, Nestler N, Zenz M, Tölle T, Baron R, Treede RD, Maier C (2009) Zertifizierungsrichtlinien für QST-Labore. Der Schmerz 23(1):65-69.

 

 

Über den Deutschen Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz (DFNS)
Ziel des seit 2002 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz (DFNS) ist, die medizinische Versorgung von Patienten mit Nervenschmerzen grundlegend zu verbessern. Der DFNS erforscht dazu die Pathophysiologie, Prävention und Therapie neuropathischer Schmerzen. Alle Projekte des DFNS sind darauf ausgerichtet, den klinisch-wissenschaftlichen Leitgedanken, dass jeder einzelne Schmerzmechanismus eine spezifische Therapie erfordert, kurz die mechanismen-orientierte Therapie, in konkrete und zeitnah klinisch anwendbare Ergebnisse umzusetzen. Die beiden Sprecher des DFNS sind Prof. Ralf Baron, Kiel, und Prof. Thomas R. Tölle, München.

 

 

QST-Testung des Wind-up Phänomens 

Abb. 1: QST-Testung des Wind-up Phänomens.

 

 

 

Thermische QST-Testung 

Abb. 2: Thermische QST-Testung.

 


 

Quelle: Pressemitteilung des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München vom 23.02.2009.

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…