Alois AlzheimerDeutsche Alzheimer Gesellschaft würdigt Alois Alzheimer, der vor 150 Jahren geboren wurde

Geburtstag eines Arztes, dessen Forschung heute wichtig ist wie nie zuvor

 

Berlin (10. Juni 2014) – Vor 150 Jahren, am 14. Juni 1864, wurde Alois Alzheimer geboren, der im Jahre 1906 erstmals die nach ihm benannte Krankheit wissenschaftlich beschrieb. Was damals nur in einem kleinen Kreis von Medizinern diskutiert wurde ist heute in aller Munde. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung hat die Zahl der Demenzkranken, von denen etwa zwei Drittel von der Alzheimer-Krankheit betroffen sind, enorm zugenommen.

 

In Deutschland sind aktuell 1,4 Millionen, weltweit 44 Millionen betroffen. In aller Welt wird intensiv daran geforscht Medikamente zu entwickeln, die die Alzheimer-Krankheit heilen, verhindern oder verlangsamen können. Seit den 1980er Jahren treten Alzheimer-Gesellschaften (aktuell in Deutschland 135) für die Interessen von Betroffenen und ihren Familien ein. Zur aktuellen Situation sagte Sabine Jansen, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft: „Nach mehr als 100 Jahren nach Alois Alzheimers Entdeckungen ist die Alzheimer-Krankheit immer noch eine riesige Herausforderung. Nicht nur was die Forschung betrifft, sondern auch hinsichtlich der pflegerischen und sozialen Betreuung und der Unterstützung der Familien sind verstärkte Anstrengungen notwendig.“

 

Zu Alois Alzheimers Entdeckungen, und zum aktuellen Stand der Forschung sagte Prof. Dr. Alexander Kurz (TU München), Vorstandsmitglied der Deutschen Alzheimer Gesellschaft: 

 

 

Alzheimers Entdeckungen

 

Alois Alzheimer war ein äußerst vielseitiger Nervenarzt und Neuropathologe. Auf Grund seiner scharfen klinischen Beobachtungsgabe fiel ihm eine Patientin auf, bei der ein Verfall der geistigen Kräfte nicht nur ungewöhnlich früh – im Alter von 50 Jahren – einsetzte, sondern auch eine besonders rasche Verschlechterung zeigte sowie mit ausgeprägten Beeinträchtigungen der Sprache und des praktischen Geschicks einherging. Diese klinischen Merkmale entsprachen keiner der damals bekannten Krankheiten. Bei der Untersuchung ihres Gehirns wenige Jahre später fand Alzheimer neben einem allgemeinen Schwund des Hirngewebes überall die Knötchen, die als feingewebliches Merkmal des „Greisenblödsinns“ damals schon seit einigen Jahren bekannt waren. Zusätzliche erkannte er mit einer neuen Färbemethode merkwürdige Verdickungen und Zusammenballungen der Neurofibrillen. Diese zuvor nie beobachteten Veränderungen bestärkten ihn in der Annahme, eine neue, seltene, in der Lebensmitte einsetzende und rasch fortschreitende Krankheit des Gehirns entdeckt zu haben. In der Folge fand Alois Alzheimer jedoch dieselben klinischen Symptome und die verklumpten Neurofibrillen auch bei sehr viel älteren Patienten. Daher korrigierte er seine Auffassung und vertrat als Erster die heute gültige Ansicht, dass die nach ihm benannte Krankheit eine früh beginnende Variante der im höheren Alter gehäuft auftretenden Demenz sei. 

 

Alois Alzheimer war nicht nur ein gründlicher Arzt, sondern auch ein weit vorausschauender Forscher. Aus seinen mikroskopischen Beobachtungen zog er Schlussfolgerungen, deren Wahrheitsgehalt sich erst Jahrzehnte später erweisen sollte. Die für die senile Demenz einschließlich ihrer im mittleren Lebensalter auftretenden Form typischen Knötchen deutete er als Einlagerung eines eigenartigen Stoffes in die Hirnrinde. Heute wissen wir, dass es sich bei dem „eigenartigen“ Stoff um beta-Amyloid handelt, ein für Nervenzellen schädliches Eiweißbruchstück. Die Veränderungen der Neurofibrillen führte Alzheimer auf die chemische Umwandlung einer ihm noch unbekannten Fibrillensubstanz zurück. Auch diese Annahme war zutreffend. Die Abwandlung der Neurofibrillen entstehen durch eine übermäßige Phosphatbeladung des Tau-Proteins, aus dem sie überwiegend bestehen.

 

Alzheimers Erkenntnisse im Licht der aktuellen Forschung Die Grundzüge der klinischen Diagnostik haben sich seit der Zeit Alois Alzheimers nicht grundlegend geändert. Die allmähliche Entwicklung der Symptome sowie die Auffälligkeiten des Gedächtnisses, der Sprache und des praktischen Geschicks, die er bei seiner ersten Patientin feststellte, bilden noch heute den Kern der ärztlichen Befunderhebung. Hinzugekommen sind Testverfahren, die es erlauben Beeinträchtigungen in den genannten Bereichen selbst bei geringgradiger Ausprägung zu erfassen. Die Größenabnahme des Gehirns, die Alois Alzheimer erst nach dem Tod der Patientin nachweisen konnte, ist heute mit der Kernspintomografie oder der Computertomografie zu Lebzeiten darstellbar. Die Ablagerung von beta-Amyloid in der Hirnrinde und die Umwandlung des Tau-Proteins, die daraus entstehende Funktionsstörung von Nervenzellen und schließlich ihr Untergang lassen sich mit Hilfe der Messung von Eiweißkonzentrationen im Nervenwasser und durch die Bestimmung der Stoffwechselaktivität des Gehirns mit Hilfe der Positronen-Emissionstomografie bereits zu Lebzeiten des Patienten nachweisen, sogar in einem frühen Krankheitsstadium.

 

Leider hinken die Möglichkeiten der Behandlung der Entwicklung diagnostischer Verfahren noch hinterher. Die gegenwärtig für die Therapie der Alzheimer-Krankheit zugelassenen Medikamente gleichen Defizite von Überträgerstoffen im Gehirn aus, die durch den Ausfall von Nervenzellen zu Stande kommen. An den Vorgängen, die zu dem Zellverlust führen, ändern sie jedoch nichts. Aus diesem Grund sind die Wirkungen dieser Medikamente begrenzt und vorübergehend. Die in Erprobung befindlichen neuen Behandlungsstrategien gehen von der Annahme aus, dass die Ablagerung von beta-Amyloid und die Zusammenballung von Tau das Krankheitsgeschehen in Gang setzen und sein Fortschreiten antreiben. Daher wird versucht, diese Vorgänge zu verhindern oder rückgängig zu machen. Auf diese Weise soll das Absterben von Nervenzellen aufgehalten oder zumindest verlangsamt werden. Es gibt erste Hinweise dafür, dass diese Therapieformen Erfolg haben könnten. Falls sie sich als wirksam und verträglich erweisen, müssten sie in Verbindung mit den verbesserten Möglichkeiten der Früherkennung in frühen Krankheitsstadien eingesetzt werden. Dann besteht Aussicht darauf, dass der tief greifende geistige Verfall und die zu Grunde liegende Zerstörung der Hirnrinde, die Alois Alzheimer zur Entdeckung der Krankheit geführt haben, nicht mehr das unausweichliche Schicksal der Betroffenen sind.

 

 

Alois Alzheimer – wichtige Stationen seines Lebens

 

Alois Alzheimer wurde am 14. Juni 1864 in dem fränkischen Ort Marktbreit am Main geboren. Die Familie übersiedelte später nach Aschaffenburg. Nach dem Abitur nahm er in Berlin das Studium der Medizin auf und setzte es später in Würzburg fort. 1887 schrieb er seine Doktorarbeit „Über die Ohrenschmalzdrüsen“. Nach der Promotion ging er als Assistenzarzt an die „Städtische Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main.

 

Dort wurde im November 1901 die 51-jährige Auguste Deter eingeliefert. Alzheimer, inzwischen Oberarzt, beschäftigte sich intensiv mit dieser Patientin und dokumentierte den Krankheitsverlauf.

 

1903 folgte Alzheimer dem bedeutenden Psychiater Emil Kraepelin, der die Leitung der Psychiatrischen Klinik und der Kreisirrenanstalt in München übernommen hatte. Hier habilitierte er sich 1904 mit der Schrift „Histologische Studien zur Differentialdiagnose der progressiven Paralyse“.

 

Nach dem Tode Auguste Deters im April 1906 führte Alzheimer eine mikroskopische Untersuchung ihres Gehirns durch. Die Ergebnisse trug er im November desselben Jahres auf der Jahresversammlung der Süddeutschen Irrenärzte in Tübingen unter dem Titel „Über einen eigenartigen schweren Erkrankungsprozess der Hirnrinde“ vor. Emil Kraepelin verwandte in seinem einflussreichen Lehrbuch erstmals 1910 den Begriff „Alzheimersche Krankheit“.

 

1912 übernahm Alzheimer eine ordentliche Professur für Psychiatrie in Breslau. Bald verschlechterte sich seine Gesundheit und am 19. Dezember 1915, erst 51 Jahre alt, verstarb er in Breslau. 

 

 

Literatur zu Leben und Werk Alois Alzheimers

 

Konrad und Ulrike Maurer: Alzheimer. Das Leben eines Arztes und die Karriere einer Krankheit. München, Piper Verlag, 2000 Michael Jürgs: Alzheimer. Spurensuche im Niemandsland, München, Econ Taschenbuch Verlag, 2006 Alzheimer-Haus Das „Alzheimer-Haus“ in Marktbreit kann nach Anmeldung besichtigt werden. Kontakt: www.alzheimer-haus.de

 

 

Hintergrundinformationen

 

Heute leben in Deutschland etwa 1,4 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Ungefähr zwei Drittel davon leiden an der Alzheimer-Demenz. Ihre Zahl wird bis 2050 auf 3 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt.

 

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz ist der Bundesverband von derzeit 135 regionalen Alzheimer-Gesellschaften, Angehörigengruppen und Landesverbänden. Sie nimmt zentrale Aufgaben wahr, gibt zahlreiche Broschüren heraus, organisiert Tagungen und Kongresse und unterhält das bundesweite Alzheimer-Telefon mit der Service-Nummer 01803 – 171017 (9 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz) oder 030 / 259 37 95-14 (Festnetztarif).

 

8. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft: „Demenz – jeder kann etwas tun“, Gütersloh, 23. bis 25. Oktober 2014. Informationen, Anmeldung und Akkreditierung von Medienvertretern im Internet: www.demenz-kongress.de  

 


 

Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz, 10.06.2014 (tB).

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