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Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2010
Schmerztherapie wird individueller
Frankfurt am Main (17. März 2010) – Die Erkenntnisse der Schmerzforscher und Schmerzmediziner eröffnen neue Optionen für die Schmerzbehandlung: „Eine moderne Schmerztherapie ist interdisziplinär, setzt verschiedene Strategien gleichzeitig und nicht nacheinander ein und muss individuell auf die Erfordernisse des einzelnen Patienten zugeschnitten werden“, erklärt Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt. Untersuchungen zeigen, dass maßgeschneiderte Therapien der konventionellen Behandlung »von der Stange« überlegen sind. Allerdings sorgen die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen dafür, dass nicht alle Patienten, die diese Therapien benötigen, sie auch erhalten.
Schmerz ist nicht gleich Schmerz, selbst wenn es immer weh tut. Schmerz kann verschiedene Ursachen haben, Entzündungen, Verletzungen oder geschädigte Nervenbahnen. Wie Nervensystem und Gehirn eines Menschen Schmerz verarbeiten, wird von biologisch-genetischen, sozialen und psychischen Faktoren beeinflusst. Und – dies vor allem – ein chronischer Schmerz ist kein Akutschmerz, der nur länger anhält, sondern eine eigenständige Erkrankung. Diese Komplexität müssen Schmerztherapeuten bei der Behandlung berücksichtigen.
»Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung helfen uns besser zu verstehen, wie Analgesie, also die Schmerzlinderung, und Hyperalgesie, die Schmerzempfindlichkeit, funktionieren«, so Müller-Schwefe. »Dies erleichtert uns, die Pharmakotherapie zu optimieren.«
Wenn Patienten beispielsweise längere Zeit mit starken Schmerzmitteln (Opioiden) behandelt werden, kann es geschehen, dass ihre Schmerzempfindlichkeit nach einer anfänglichen Schmerzlinderung zunimmt. In solchen Fällen wechselte der Arzt bislang das Medikament oder musste die Dosis erhöhen. »Inzwischen haben wir gelernt, dass schmerzverarbeitende Nervenzellen übererregbar werden, wenn man Opioide abrupt absetzt«, erklärt Müller-Schwefe. Dies könnte die Grundlage der Hyperalgesie sein: Lässt die Wirkung eines Medikamentes nach, fördert dies die Übererregbarkeit der Nervenzellen. Bei einer lückenlosen Analgesierung wird dies hingegen verhindert. »Wir müssen die Dauer und Stärke der Medikamentenwirkung bei einem individuellen Patienten daher sehr genau ermitteln und auf dieser Grundlage das Dosierungsschema entwickeln. So können wir vermutlich viele Patienten davor bewahren, dass die Medikamentendosis erhöht werden muss.
Das medikamentöse Behandlungsspektrum wird in diesem Jahr ebenfalls breiter: EIne neue Substanz, Tapentadol, die kurz vor der Zulassung steht, setzt an zwei Stellen der Schmerzverarbeitung an: Sie stimuliert einerseits die körpereigene Schmerzkontrolle und hat andererseits eine schwache opiatähnliche Wirkung. Dies macht sie nicht nur bei verschiedenen Schmerzarten wirksam, sondern auch besser verträglich.
Zur Behandlung von Nervenschmerzen, etwa nach einer Gürtelrose, wird ein Pflaster auf den Markt kommen, das den Wirkstoff Capsaicin, der schon seit vielen Jahren eingesetzt wird, in besonders hoher Dosierung enthält. Capsaicin reizt bestimmte Schmerzrezeptoren und macht diese dadurch weniger empfindlich.
Breiten Raum auf dem Schmerz- und Palliativtag nimmt auch die maßgeschneiderte Therapie von »Durchbruchschmerzen« ein. Dabei handelt es sich um Schmerzspitzen, die trotz einer Behandlung mit Schmerzmitteln auftreten können. Um diese Schmerzen zu behandeln sind schnell wirksame Opioide erforderlich. »Uns stehen inzwischen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die als Nasenspray oder über die Mundschleimhaut schnell aufgenommen werden«, sagt Müller-Schwefe. »Diese Medikamente sind eine wichtige Bereicherung der Therapie.«
Neue Untersuchungen, die auf dem Schmerz- und Palliativtag präsentiert werden, belegen auch, dass eine interdisziplinäre und multimodale Therapie im Rahmen der integrierten Versorgung der konventionellen Behandlung überlegen ist. Von ihr profitieren beispielsweise Rückenschmerzpatien-ten, die im Rahmen einer Komplextherapie von Ärzten, Psychologen und Physiotherapeuten gemeinsam und vor allem gleichzeitig behandelt werden. Setzt diese Behandlung rechtzeitig ein, liegt die Erfolgsquote bei 80 Prozent: Die Mehrzahl der Patienten wird binnen vier bzw. acht Wochen wieder arbeitsfähig.
»Schmerztherapie in der Breite sichern« lautet das Leitmotto des 21. Deutschen Schmerz- und Palliativtages. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie hat sich zum Ziel gesetzt, die Verwirklichung dieses Anspruches für alle Menschen mit akuten und chronischen Schmerzen zu ermöglichen. Die modernen Konzepte der Schmerzmedizin sind vorhanden, aber nach wie vor gibt es gravierende Probleme bei der Umsetzung der neuen Erkenntnisse. Nach wie vor sorgen die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen dafür, dass viele Patienten, die diese Therapien benötigen, sie nicht bekommen. Diese Rahmenbedingungen sorgen auch dafür, dass die Existenz der spezialisierten Einrichtungen, von denen es ohnehin schon zu wenige gibt, weiterhin bedroht ist.
»Nötig ist die Implementierung einer abgestuften Schmerztherapie und vor allem die Prävention chronischer Schmerzen, die bei jedem Haus- und Facharzt als erste Anlaufstelle stattfinden muss«, erklärt Müller-Schwefe. Die entscheidend wichtige Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Schmerztherapie als Pflichtprüfungsfach in der ärztlichen Approbationsordnung verankert wird. »Der letzte Deutsche Bundestag hat die Einführung eines Pflichfaches Schmerztherapie in der Approbationsordnung wieder einmal verpasst«, kritisiert Müller-Schwefe. Doch die Fachgesellschaft lässt nicht locker: »Zahlreiche positive Antworten aus der Politik lassen hoffen, dass ein neuer Anlauf erfolgversprechender ausgehen könnte.«
Der Deutsche Schmerz- und Palliativtag 2010
18.03. – 20.03.2010
Congress Center Frankfurt
Quelle: Pressemitteilung Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2010 vom 17.03.2010.