Prothesennutzung ist entscheidend für Phantomschmerz

 

DGSS-LogoBoppard (25. August 2009) – Drei von vier Arm- oder Beinamputierten leidet unter Phantomschmerz. Das hat eine Befragung von 537 Amputierten ergeben, die Forscher um Dr. Uwe Kern (Wiesbaden) durchgeführt haben. Entscheidend für die Häufigkeit von Phantomschmerz ist die Nutzung einer Prothese: Wird sie als mit dem Körper verschmolzen wahrgenommen, tritt seltener Phantomschmerz auf. Wichtiges Ergebnis der größten europäischen Studie zu diesem Thema war außerdem, dass 62 Prozent aller Amputierten unter Schlafstörungen leiden – unabhängig davon ob sie Phantomschmerz haben oder nicht.

"Da Schlafmangel wiederum das Schmerzempfinden verstärkt und durch Erschöpfung Prothesen weniger genutzt werden, muss das klinisch unbedingt berücksichtigt werden", sagt Dr. Kern. Die Studie ist in "Der Schmerz" veröffentlicht, dem offiziellen Organ der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS).

Prothese kann Phantomschmerz lindern

Messerstichartige, elektrisierende Schmerzen oder Kribbeln sind die häufigsten Missempfindungen, die im amputierten Körperglied wahrgenommen werden. Gut die Hälfte (56 Prozent) der Betroffenen empfinden diese Schmerzen bis zu fünf Stunden am Tag, 28 Prozent sogar Tag und Nacht. Das Vorkommen von Phantomschmerz hängt deutlich mit der Nutzung einer Prothese zusammen: Wird die Prothese als Fremdkörper empfunden, traten deutlich häufiger Schmerzen auf, als wenn die Prothese als mit dem Körper verschmolzen wahrgenommen wird (88 Prozent bzw. 62 Prozent). Welche Faktoren das ‚Verschmelzen‘ mit der Prothese begünstigen, ist dementsprechend derzeit Gegenstand einer Folgeuntersuchung unter Leitung des Wiesbadener Schmerztherapeuten.

Schlafstörungen

Besondere Aufmerksamkeit gebührt den Forschern zufolge Schlafstörungen, über die mehr als 60 Prozent aller Amputierten klagten. Unter den von Phantomschmerzbetroffenen berichteten sogar mehr als 77 Prozent von Ein- oder Durchschlafstörungen. "Hier sollte z.B. darauf geachtet werden, dass wirksame Analgetika über Nacht in retardierten Formen gegeben werden oder der Einsatz trizyklischer Antidepressiva abends erwogen wird", unterstreicht Dr. Kern.

Titelaufnahme

Prävalenz und Risikofaktoren von Phantomschmerzen und Phantomwahrnehmungen in Deutschland. Eine bundesweite Befragung. In: Der Schmerz online first, DOI 10.1007/s00482-009-0786-5

Dr. Uwe Kern, Schmerz- und Palliativzentrum, Facharztzentrum medicum Wiesbaden, Langenbeckplatz 2, 65189 Wiesbaden, dr.kern@schmerzzentrum-wiesbaden.de

Besuchen Sie uns beim Deutschen Schmerzkongress (7. bis 10.10.2009) in Berlin: http://www.schmerzkongress2009.de


 

Quelle: Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS) vom 25.08.2009.

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln
Wenn die Schmerzbehandlung zur Dienstleistung wird

DIABETES

Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT
„Wissen was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7 PLUS“ gibt…

ERNÄHRUNG

Interdisziplinäre Diagnostik und Behandlung von Orthorexie
Warum hungrige Mäuse Sex dem Fressen vorziehen
Gesunde Ernährung: „Nicht das Salz und nicht das Fett verteufeln“
Mangelernährung gefährdet den Behandlungserfolg — DGEM: Ernährungsscreening sollte zur klinischen…
Wie eine Diät die Darmflora beeinflusst: Krankenhauskeim spielt wichtige Rolle…

ONKOLOGIE

Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen
Meilenstein in der Krebsversorgung am UKW: 100ste Patient erhält CAR-T-Zelltherapie

MULTIPLE SKLEROSE

Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?
Neuer Therapieansatz für Multiple Sklerose und Alzheimer

PARKINSON

Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…
Heilung in Sicht? Fortschritte auf dem Weg zur kausalen Therapie
Verändertes Darmmikrobiom bei Parkinson-Erkrankten mit Blinddarmoperation