Karolin Roeser (links) und Barbara Schwerdtle vom Lehrstuhl für Psychologie I leiten ein Schlaftrainingsprogramm für Kinder und Jugendliche. Der Leopard aus dem Zauberland, Kalimba, spielt dabei eine wichtige Rolle. Photo: Gunnar BartschSchlaftraining für Kinder und Jugendliche

 

Würzburg (15. März 2011) – Wenn Kinder und Jugendliche unter Schlafstörungen leiden, leidet häufig die ganze Familie mit. In den meisten Fällen kann ein Training innerhalb kurzer Zeit für Abhilfe sorgen. Zwei Psychologinnen der Universität Würzburg bieten das Programm mit Erfolg an.

Wenn Anna mal wieder aus Angst vorm Alleinsein nicht einschlafen kann, ruft sie seit Neuestem nicht mehr nach ihrer Mutter. Stattdessen holt die Sechsjährige Kalimba zu sich ins Bett und fragt ihn um Rat. Kalimba ist ein Zeopard – ein Leopard aus dem Zauberland

(und eigentlich ein Stofftier. Aber das spielt hier keine Rolle.) Auf seinem Fell trägt er Mutpunkte, mit denen er Anna die Angst nehmen kann. Außerdem hat er jede Menge Freunde: die anderen Stofftiere aus Annas Zimmer. Mit denen zusammen baut er, wenn es sein muss, einen unüberwindbaren Schutzring um Annas Bett. Und Anna kann endlich beruhigt einschlafen.

 

 

Schlafstörungen: ein häufiges Problem

Viele Kinder und Jugendliche leiden zumindest zeitweise unter Schlafstörungen. Jüngsten Studien zufolge haben rund 30 Prozent aller 13- bis 25-Jährigen Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen; zwischen vier und zehn Prozent unter ihnen leiden an Schlaflosigkeit. Bei den 5- bis 10-Jährigen schwanken die Schätzungen zwischen 20 und 43 Prozent.

Je jünger die Kinder sind, desto stärker betrifft das Problem auch die Eltern. Wer ganze Abende im Kinderzimmer verbringt, nur darauf wartend, dass der Sohn oder die Tochter endlich tief schläft; wer mehrmals in der Nacht geweckt wird und aufstehen muss; wer regelmäßig „Übernachtungsbesuch“ im Ehebett hat, wird sich vermutlich bald nach kompetenter Hilfe sehnen.


Ein Schlaftraining hilft

Zwei Psychologinnen der Universität Würzburg, Karolin Roeser und Barbara Schwerdtle, bieten solche Hilfe an: ein Schlaftraining für Kinder und Jugendliche. Sechs Sitzungen, die jeweils 100 Minuten dauern, reichen nach den Erfahrungen der beiden aus, um die Schlafprobleme dauerhaft zu beseitigen. Den Erfolg dieses Trainings bestätigen auch neueste Untersuchungen, über die die Fachzeitschrift Nature and Science of Sleep Anfang des Jahres berichtet hat.

Ein ausführliches Erstgespräch steht am Anfang jeden Trainings. Dabei lassen sich die beiden Therapeutinnen die Probleme in allen Details schildern. Danach entscheiden sie, ob die Hilfesuchenden in das Trainingsprogramm aufgenommen werden. Besteht der Verdacht, dass ein organisches Problem Auslöser der Schlafstörungen ist, schicken sie den Betroffenen zum Arzt oder ins Schlaflabor. Für die anderen beginnt das Training, in das immer auch die Eltern mit einbezogen werden.


Kleine Veränderungen können viel bewirken

„Unsere Therapie ist eine Kombination aus Verhaltens- und Hypnotherapie“, sagt Karolin Roeser. Also werfen die Teilnehmer zunächst einmal einen genauen Blick auf ihr Bett, dessen Umgebung und ihre Gewohnheiten: Schauen sie vor dem Zu-Bett-Gehen möglicherweise Fernsehen oder fahren am Computer Autorennen? Gehen sie zu unregelmäßigen Zeiten schlafen und stehen mal früh am Morgen, mal erst gegen Mittag auf? Steht das Bett so nah am Schreibtisch, dass jeder Blick die Erinnerung an die kommende Schulaufgabe weckt? Alles Punkte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen guten und erholsamen Schlaf verhindern können.

„Die Jugendlichen bekommen dann von uns die Hausaufgabe, an ihrer Schlafumgebung das zu verändern, was sie stört“, sagt Barbara Schwerdtle. Auch Kinder sollen ihren Eltern sagen, was ihnen an ihrem Bett gefällt und was nicht. Die Folge sei häufig ein „Familienausflug ins Möbelhaus“, so Karolin Roeser. Und in vielen Fällen schon danach eine spürbare Verbesserung der Schlafprobleme.


Wer abschalten kann, schläft besser

Runterfahren, entspannen, abschalten: Wie das geht, lernen die Teilnehmer des Trainingsprogramms im hypnotherapeutischen Teil. Bewusste Atemtechniken gehören genauso dazu wie Fantasie- oder Trancereisen – Gedankenreisen, die mit einer bestimmten therapeutischen Botschaft kombiniert sind. An diesem Punkt kommt bei den Jüngeren Kalimba ins Spiel.

Der Leopard mit den Zauberkräften dient zum Einen als Vorbild – immerhin hatte er, als er jünger war, selbst Schlafprobleme. Zum Anderen stehen seine Flecken als Erinnerungszeichen für die bisher gelernten Techniken. Und – nicht zuletzt – gilt ein Leopard als mutig, stark und voller Selbstvertrauen. Er trägt also lauter Eigenschaften, die sich die Kinder auch aneignen sollen.


Die Ziele des Trainingsprogramms

„Kinder werden im Laufe des Trainings selbstständiger und unabhängiger. Sie lernen, ihr eigenes Ich zu stärken“, sagt Barbara Schwerdtle. Und wer auf seine eigenen Kräfte und Fähigkeiten vertraut, der braucht auch nicht mehr die Mama oder den Papa an seiner Seite, wenn es ans Einschlafen geht.

Jugendliche hingegen lernen im hypnotherapeutischen Teil beispielsweise, wie sie einen Ort finden, an dem sie ihre Sorgen und Nöte deponieren können, bevor endlose Grübeleien sie am Einschlafen hindern.


Erfolg schon nach kurzer Zeit

Mehr als 30 Kinder und Jugendliche haben Karolin Roeser und Barbara Schwerdtle inzwischen trainiert – mit durchschlagendem Erfolg: „Bei den Kindern zeigen sich spätestens drei Monate nach Trainingsende keine Schlafstörungen mehr“, sagt Schwerdtle. Bei den Jugendlichen gehe es nicht ganz so schnell, ergänzt Roeser. Doch auch bei ihnen sei in der Regel nach drei Monaten das Hauptproblem gelöst, die Lebensqualität habe sich spürbar verbessert.

Und Kalimba? Der hat dann seine Pflicht getan – und wird von seinen Besitzern häufig an jüngere Geschwister weitergegeben. Damit er auch denen zu einer ruhigen Nacht verhilft.


Kontakt

Wer an der Trainingsprogramm teilnehmen möchte oder sich dafür interessiert, kann sich mit Karolin Roeser oder Barbara Schwerdtle in Verbindung setzen: T (0931), 31-80185, barbara.schwerdtle@uni-wuerzburg.de und karolin.roeser@uni-wuerzburg.de

Ausführliche Informationen zu dem Programm stehen im Internet:
http://www.i1.psychologie.uni-wuerzburg.de/weitere_projekte/kinderschlaf/

  


Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 15.03.2011 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…