Wenn Schmerzen nach einer OP chronisch werden

 

Jena (18. März 2021) — Fast zehn Prozent der Operierten klagen auch sechs und zwölf Monate nach einem HNO-Eingriff noch über erhebliche Schmerzbeschwerden und musste Schmerzmittel einnehmen. Das ergab eine jetzt in „Scientific Reports“ veröffentlichte Studie des Universitätsklinikums Jena, die erstmals Langzeitdaten zu postoperativen Schmerzen in der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde analysierte. Dabei war die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung chronischer Schmerzen erhöht, wenn die Patienten bereits am Tag nach der OP an sehr starken Schmerzen litten.

Wundschmerz zählt zu den häufigsten Folgen einer Operation. Das Ziel der Akutschmerztherapie direkt nach einer Operation ist es, Ausmaß und Dauer der Schmerzbelastung effektiv zu verringern, denn postoperative Schmerzen können den Genesungsprozess verzögern und zu Komplikationen führen. Ein häufig unterschätztes Problem ist dabei die Gefahr, dass der Schmerz chronisch wird und die Lebensqualität langfristig beeinträchtigt. Diesen Zusammenhang belegt eine aktuelle Auswertung der am Universitätsklinikum Jena angesiedelten Schmerzregister QUIPS und PAIN-OUT, die die weltweit größte Datenbank für postoperative Schmerzen darstellen. „Im Sinne eines Qualitätssicherungsprojektes für die Schmerztherapie nach Operationen können wir die Beschwerden nach zahlreichen Operationen standardisiert messen und vergleichen“, so der Leiter der Register, Prof. Dr. Winfried Meißner.

In einer früheren Studie des Registers erwiesen sich kleine und häufige Operationen, darunter auch Eingriffe in der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde wie die Entfernung der Gaumenmandeln oder der Schilddrüse, als vergleichsweise schmerzhaft. Nun wurden erstmals Langzeitdaten zum Schmerz nach HNO-Operationen analysiert. Etwa 200 Patienten schätzten dazu ihre Schmerzbelastung sowohl am ersten Tag nach dem Eingriff, als auch sechs und zwölf Monate später ein. „Etwa zehn Prozent der Operierten klagten auch ein Jahr nach dem Eingriff noch über erhebliche Schmerzen im OP-Gebiet und mussten Schmerzmittel nehmen“, fasst Studienkoordinatorin Dr. Katharina Geißler das Ergebnis zusammen. „Es kann also auch nach HNO-Operationen, die ja in der Regel eher kleinere Eingriffe darstellen, zu einer Chronifizierung der Schmerzen kommen.“

Die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung chronischer Schmerzen, so ein weiteres Ergebnis der Studie, war erhöht, wenn die Patienten am ersten postoperativen Tag hohe Schmerzwerte berichtet hatten. „Damit spielt eine gute Schmerztherapie nach HNO-Operationen nicht nur zur Bekämpfung des Akutschmerzes eine wichtige Rolle, sondern auch zur Prävention der Chronifizierung. Zukünftig sollte den chronischen postoperativen Schmerzen und deren Therapie mehr Bedeutung gegeben werden“, betont Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Direktor der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Jena.

 

 

Originalpublikation

  • Graf N, Geißler K, Meißner W, Guntinas-Lichius O. A prospective cohort register-based study of chronic postsurgical pain and long-term use of pain medication after otorhinolaryngological surgery. Sci Rep. 2021;11(1):5215. Published 2021 Mar 4. doi:10.1038/s41598-021-84788-4 https://www.nature.com/articles/s41598-021-84788-4

 

Weitere Informationen

 

 


Quelle: Universitätsklinikum Jena, 18.03.2021 (tB).

Schlagwörter: ,

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln
Wenn die Schmerzbehandlung zur Dienstleistung wird

DIABETES

Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT
„Wissen was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7 PLUS“ gibt…

ERNÄHRUNG

Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn
Interdisziplinäre Diagnostik und Behandlung von Orthorexie
Warum hungrige Mäuse Sex dem Fressen vorziehen

ONKOLOGIE

Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen
Meilenstein in der Krebsversorgung am UKW: 100ste Patient erhält CAR-T-Zelltherapie

MULTIPLE SKLEROSE

Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?
Neuer Therapieansatz für Multiple Sklerose und Alzheimer

PARKINSON

Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…
Heilung in Sicht? Fortschritte auf dem Weg zur kausalen Therapie