Schwangere mit MS:
Schadet Schubbehandlung dem Ungeborenen?

 

Jena (3. Mai 2021) — Ein Studienteam vom Universitätsklinikum Jena untersucht Kinder von Multiple Sklerose-Patientinnen, die in der Schwangerschaft mit Kortison behandelt wurden. In einer klinischen Studie will es herausfinden, ob der Einsatz des synthetischen Stresshormons bei werdenden Müttern ungefährlich für das Ungeborene ist. Die Studie wird mit dem Multiple Sklerose-Forschungspreis „Grant for Multiple Sclerosis Innovation“ gefördert.

Für Multiple Sklerose-Patienten, die unter einem akuten Krankheitsschub leiden, bringt die kurzzeitige Behandlung mit einem hochdosierten Kortison-Präparat Linderung. Der Wirkstoff, ein synthetisches Stresshormon, hemmt zuverlässig die Entzündungsaktivität, wenn bei der autoimmun bedingten chronischen Entzündung des Nervensystems neue oder zuvor überwundene Krankheitszeichen auftreten. Der Wirkstoff wird auch in der Schwangerschaft eingesetzt, die Behandlung gilt als ungefährlich für das ungeborene Kind.

Ein Forschungsteam an der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Jena beschäftigt sich seit längerem mit den langfristigen Auswirkungen von vorgeburtlichem Stress auf die Hirnentwicklung. Neben tierexperimentellen Studien untersuchten sie Kinder von Stresspatientinnen, Menschen, die in Hungerzeiten geboren wurden, und Kinder, deren Mütter wegen drohender Frühgeburt Stresshormone verabreicht wurden, um die Lungenreifung des Babys voranzutreiben. „Wir wissen, dass ein erhöhter Stresshormonspiegel bei Schwangeren Auswirkungen auf die geistige Entwicklung der Kinder haben kann. Die Regulierung der Stresssignale wird nachhaltig gestört, so dass diese Kinder später weniger stresstolerant sind und sich schlechter konzentrieren können als Alterskameraden“, fasst der Neurologe PD Dr. Florian Rakers die bisherigen Ergebnisse zusammen.

Er bewarb sich erfolgreich beim Grant for Multiple Sclerosis Innovation um die Förderung einer klinischen Studie, um herauszufinden, ob sich auch die Behandlung eines Multiple Sklerose-Schubs bei Schwangeren nachteilig für die Hirnentwicklung des Ungeborenen auswirken kann. Für die Teilnahme sucht das Studienteam deshalb Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 18 Jahren, deren Mütter an Multipler Sklerose erkrankt sind. Gesucht sind sowohl Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft eine Therapie mit dem Wirkstoff Methylprednisolon erhalten haben, als auch Kinder von MS-Patientinnen, die als Schwangere keinen Schub erlitten haben.

Interessierte Familien können sich telefonisch unter 03641/9323593 oder per E-Mail an MS-Kinder@med.uni-jena.de melden.

Die Kinder werden in zwei Studienzentren, am Uniklinikum Jena und am Katholischen Klinikum Bochum, hinsichtlich ihrer kognitiven und motorischen Entwicklung, etwaiger Verhaltensauffälligkeiten und ihrer Stressempfindlichkeit untersucht. Dazu gehören neuropsychologische Tests, EEG- und EKG-Messungen, Probennahmen und eine MRT-Untersuchung. Neben einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 150 Euro und den Fahrtkosten erhalten die Familien eine schriftliche Auswertung und auf Wunsch auch eine ausführliche telefonische Erläuterung der Ergebnisse.

„Aus der Behandlungspraxis unseres MS-Zentrums, das als überregionales Zentrum zertifiziert ist, kennen wir die Schubbehandlung mit Methylprednisolon als gut verträgliche und effektive Therapie. Mit unserer Studie wollen wir die Datengrundlage für eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung schaffen, welche medikamentöse Behandlung Schwangere bei einem MS-Schub erhalten sollten“, so Prof. Mathias Schwab, Leiter des Jenaer MS-Zentrums.

 

Weitere Informationen

 

 

Abb. oben: Das Studienteam am Universitätsklinikum Jena untersucht Kinder von Multiple Sklerose-Patientinnen hinsichtlich ihrer kognitiven und motorischen Entwicklung. Copyright: Michael Szabó, Universitätsklinikum Jena

 

 


Quelle: Universitätsklinikum Jena, 03.05.2021 (tB).

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