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34. Müchener Fachpresse-Workshop

ASCO, EHA, MASCC 2016 — Praxisrelevante Studiendaten aus Onkologie, Hämatologie und onkologischer Supportivtherapie

München (27. Juli 2016) – Seit 25 Jahren informiert der Münchener Fachpresse-Workshop über Therapiefortschritte in Hämatologie und Onkologie und onkologischer Supportivtherapie. Auch beim Jubiläums-Fachpresse-Workshop im Juli 2016, moderiert von Prof. Petra Feyer, Berlin, wurden praxisrelevante neue Therapieoptionen zu verschiedenen Themen aus diesen Bereichen vorgestellt. Beim metastasierten kolorektalen Karzinom haben die Möglichkeiten der systemischen Therapie in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Für Patienten, die gegenüber bisher verfügbaren Therapien refraktär sind oder diese nicht vertragen, wurde mit Trifluridin/Tipiracil (LONSURF®) vor kurzem ein wirksames und sehr gut verträgliches orales Zytostatikum zugelassen, welches ab dem 15. August im Markt verfügbar ist. Neue Substanzen haben in den letzten Jahren auch das therapeutische Armamentarium bei der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) erweitert, insbesondere bei Hochrisikopatienten in der Erstlinie und im Rezidiv, vor allem bei refraktärer Erkrankung. Mit dem derzeit im Zulassungsprozess befindlichen BCL-2-Inhibitor Venetoclax konnten bei Patienten mit rezidivierter/refraktärer (R/R) CLL bereits mit einer Monotherapie vielversprechende, lang anhaltende Ansprechraten und bei einem Teil der Patienten tiefe Remissionen erreicht werden. Die intravenöse Opiattitration bietet eine hervorragende Möglichkeit der Schmerzregulierung für Patienten mit stärksten Tumorschmerzen. Bei der anschließenden Neueinstellung der Schmerztherapie ist die in vier Wirkstärken verfügbare orale Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon (TARGIN®) eine flexibel titrierbare und individuell anpassbare Option. Heute werden Chemotherapien fast ausschließlich ambulant durchgeführt – eine sorgfältige Antiemese unter Beachtung der aktuellen, evidenzbasierten Leitlinien ist dabei unverändert von großer Bedeutung. Eine einfache und patientenfreundliche Option zur Durchführung einer leitliniengerechten Antiemese bietet NEPA (AKYNZEO®). Die Einmalgabe der oralen Fixkombination von Palonosetron und Netupitant ermöglicht eine hoch wirksame Antiemese über einen ganzen Zyklus moderat und hoch emetogener Chemotherapien. Im Zeitalter knapper finanzieller und zeitlicher Ressourcen bieten innovative Online-Tools wie Onkoversum-TV von Teva onkologisch tätigen Fachkreisen schnelle und fokussierte Informationen von internationalen Kongressen wie dem ASCO an. Tägliche Kongresszusammenfassungen durch namhafte Experten vermitteln praxisrelevante Aspekte zu den wichtigsten Themen.


Aktuelle Entwicklungen in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms

Prof. Dr. Hans-Joachim Schmoll, Halle, der viele Jahre diesen Fachpresseworkshop moderierte, stellte in seinem Vortrag die aktuellen Therapieoptionen für Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (mCRC) vor. Für die Erstlinientherapie des mCRC wird heute eine Kombination aus Chemotherapie (FOLFOX/CAPOX/FOLFIRI, FOLFOXIRI) mit Bevacizumab oder bei Patienten mit RAS-Wildtyp mit Cetuximab/Panitumumab empfohlen. „Für die meisten Patienten mit mCRC sollte heute FOLOFOXIRI + Bevacizumab Standard sein“, erklärte Schmoll und verwies auf die signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) und des Gesamtüberlebens (OS) in der TRIBE-Studie durch FOLOFOXIRI plus Bevacizumab gegenüber FOLFIRI plus Bevacizumab (1).

„Patienten mit B-RAF-Mutation, ca. 5% aller Patienten, haben die ungünstigste Prognose, bei ihnen zeigte die TRIBE-Studie den größten Vorteil beim PFS durch FOLOFOXIRI plus Bevacizumab“, berichtete Schmoll(2). In ihren gerade aktualisierten Leitlinien empfiehlt die ESMO nicht nur eine RAS-, sondern auch eine initiale BRAF-Testung(3). Insgesamt werden die molekularen Subgruppen immer wichtiger, je nach RAS- und BRAF-Mutationsstatus folgen unterschiedliche Therapieempfehlungen. Schmoll wies darauf hin, dass die Wirksamkeit der unterschiedlichen Therapien nicht nur abhängig vom Mutationsstatus sei, sondern auch von der Lokalisation des Tumors im Kolon. Eine beim ASCO 2016 präsentierte Analyse der CALGB/SWOG Studie 80405 zeigte, dass ein rechtsseitiges CRC im Stadium III und IV eine ungünstigere Prognose aufweist als ein linksseitiges. 1.137 Patienten mit KRAS-Wildtyp erhielten entweder Chemotherapie plus Cetuximab vs. Chemotherapie plus Bevacizumab. PFS und OS waren bei Patienten mit rechtsseitigem Primärtumor und KRAS-Wildtyp deutlich schlechter. Das OS lag bei ihnen nur bei 19,4 Monaten gegenüber 34,2 Monaten bei Patienten mit linksseitigem Primarius (p<0,0001). Ob die Addition von Bevacizumab oder Cetuximab zur Chemotherapie vorteilhafter war, unterschied sich je nach Seite. Cetuximab erwies sich bei linksseitigen Tumoren als besser, Bevacizumab bei rechtsseitigen. „Trotz KRAS-Wildtyp – eigentlich eine Indikation für eine anti-EGFR-Therapie – kann Bevacizumab also besser sein“, kommentierte Schmoll. Schlussfolgerung der Analyse müsse sein, bei rechtsseitigen Tumoren Bevacizumab unabhängig vom KRAS Status beim mCRC first line einzusetzen(4). Beim CRC werden derzeit immer mehr molekulare Subgruppen erkannt und behandelt, so erwies sich in der HERACLES-Studie eine reine anti-HER2-Therapie ohne Chemotherapie beim metastasierten CRC als wirksam und gut verträglich(5). Tumoren mit hoher Mikrosatelliteninstabilität (MSI-High-Tumoren) sprächen gut auf die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren an, so Schmoll. Tumoren ohne MSI, sogenannte MSI-stabile Tumoren (MSS) zeigten in einer frühen Studie ein Ansprechen auf eine Kombination aus dem Anti-PD-L1 Inhibitor Atezolizumab und dem MEK-Inhibitor Cobimetinib(6).


Neue Therapieoption für intensiv vorbehandelte Patienten

„Was wir für intensiv vorbehandelte Patienten mit mCRC brauchen, sind wirksame und vor allem gut verträgliche Substanzen und auch hier gab es vor kurzem tatsächlich eine Innovation“, erklärte Schmoll und verwies auf das im April 2016 zugelassene orale Zytostatikum LONSURF®, das die Wirkstoffkombination Trifluridin/Tipiracil enthält. Die Zulassung wurde ausgesprochen für Patienten, die bereits mit Fluoropyrimidin-, Oxaliplatin- und Irinotecan-basierten Chemotherapien, Anti-VEGF- und Anti-EGFR-Substanzen behandelt wurden.


Trifluridin/Tipiracil: Verlängerung des Gesamtüberlebens …

In der Zulassungsstudie RECOURSE zeigte die Substanz einen signifikanten Vorteil hinsichtlich des PFS und des OS(7). Die internationale, doppelblinde Phase-III-Studie hatte Wirksamkeit und Sicherheit von LONSURF kombiniert mit einer supportiven Behandlung (Best Supportive Care, BSC) im Vergleich zu Placebo plus BSC bei 800 Patienten mit vorbehandeltem mCRC untersucht. Die Patienten hatten zuvor mindestens zwei Standard-Chemotherapien erhalten – mit einem Fluoropyrimidin, Oxaliplatin, Irinotecan und Bevacizumab (bei KRAS-Wildtyp Cetuximab oder Panitumumab). Die Studie ergab eine statistisch signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) unter LONSURF/BSC im Vergleich zu Placebo/BSC und erreichte damit den primären Studienendpunkt. Nach 12 Monaten betrugen die Gesamtüberlebensraten 27% vs. 18%. „Das sind exzellente Ergebnisse für diese Endlinientherapie“, interpretierte Schmoll die Studienergebnisse. Auch das mediane PFS unter Trifluridin/Tipiracil (n=534) war mit 2 Monaten vs. 1,7 Monaten signifikant länger als unter Placebo (n=266, HR für die Progression: 0,48; 95%-KI 0,41-0,57, p<0,001). Eine 2012 veröffentlichte japanische Studie mit einer etwas anderen Patientenpopulation hatte laut Schmoll einen ähnlichen Benefit gezeigt(8). In der RECOURSE-Studie gelang es zudem, mit LONSURF plus BSC die Zeitspanne bis zur Verschlechterung des ECOG-Performance Status auf ≥2 gegenüber Placebo signifikant zu verlängern (median 5,7 vs. 4,0 Monate, (p<0,001). Eine auf dem ASCO GI-Kongress 2016 präsentierte aktualisierte Analyse bestätigte den klinisch bedeutsamen und statistisch signifikanten Überlebensvorteil von LONSURF® plus BSC verglichen mit Placebo plus BSC. Das mediane OS betrug 7,2 Monate für LONSURF® plus BSC vs. 5,2 Monate für Placebo plus BSC.


… und sehr gute Verträglichkeit

„Das mediane Gesamtüberleben war gegenüber Placebo von 5,2 auf 7,2 Monate verlängert. Für Patienten im Endstadium ist eine solche Verlängerung der Überlebenszeit um 2 Monate ein wichtiger Schritt. Die für uns Therapeuten entscheidende Information ist, dass die Substanz sehr gut verträglich ist“, kommentierte Schmoll. Nebenwirkungen beschränkten sich fast ausschließlich auf eine geringgradige Knochenmarkstoxizität, was klinisch kaum relevant und gut zu beherrschen sei. Der Anteil an Patienten mit febriler Neutropenie betrug nur 4%. Andere Toxizitäten wie Übelkeit und Erbrechen ≥ Grad 3 traten extrem selten auf (jeweils 2% der Patienten), Fatigue ≥ Grad 3 bei 4%. „Insgesamt also kein Problem für Patienten mit multiplen Vortherapien“, interpretierte Schmoll.

„Bei LONSURF haben wir einen rationalen, gezielt entwickelten Wirkmechanismus: Die Konzentration des antineoplastisch wirksamen Trifluridin wird durch Tipiracil aufrechterhalten, da es das Trifluridin-abbauende Enzym Thymidin-Phosphorylase inhibiert“, erklärte Schmoll weiter. Auch die neuen Leitlinien der ESMO(9) empfehlen neben Regorafenib den Einsatz von Trifluridin/Tipiracil für die dritte und für weitere Therapielinien. „Aber Regorafenib ist toxisch – man gibt es ungern, auch die ESMO spricht Bedenken bezüglich der Sicherheit aus, vor allem für diese Patienten mit multiplen Vortherapien – der Gewinner für mich ist Trifluridin/Tipiracilin“, kommentierte Schmoll. Das Datum der Marktverfügbarkeit des im April 2016 zugelassenen oralen Zytostatikums ist der 15. August 2016, bis dahin stand es im Rahmen eines Arzneimittel-Härtefallprogramms bereits zur Verfügung (Compassionate Use Program).


CLL – eine Erkrankung im Wandel

Die Behandlungsmöglichkeiten der CLL, der häufigsten Leukämie im Erwachsenenalter, haben sich in den vergangenen Jahren nach Angaben von Prof. Clemens-Martin Wendtner vom Klinikum Schwabing in München dynamisch entwickelt. Therapiestandard in der Erstlinie bei fitten symptomatischen Patienten bis zum Alter von 65 Jahren ist nach wie vor das FCR-Schema, bei älteren fitten Patienten die weniger toxische, aber ebenso effektive Kombination aus Bendamustin und Rituximab (BR). Bei weniger fitten Patienten empfehlen die aktualisierten Onkopedia-Leitlinien 2016 der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO)(10) laut Wendtner die Kombinationen aus Chlorambucil mit den Antikörpern Obinutuzumab oder Ofatumumab oder die Kombination BR (in reduzierter Dosis), neuerdings auch den Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK) Ibrutinib (nur bei Patienten über 65 Jahren). Bei Hochrisikopatienten mit 17p-Deletion oder TP53-Mutation, deren Prognose besonders schlecht ist, empfehlen die Leitlinien Ibrutinib und – unter Einhaltung bestimmter Sicherheitsmaßnahmen zur Vorbeugung von Infektionen(11) – den PI3K-Inhibitor Idelalisib. Bei der Behandlung der rezidivierten CLL sind bei fitten und weniger fitten Patienten laut Wendtner die neuen Substanzen prominent vertreten – empfohlen werden Ibrutinib oder Idelalisib plus Rituximab –, doch im Falle eines Spätrezidivs sei auch eine Wiederholung der Erstlinien-Chemoimmuntherapie möglich.


BCL-2-Inhibition mit Venetoclax weckt große Hoffnungen

Venetoclax ist ein oraler Inhibitor des B-Zell-Lymphom-2-Proteins (BCL-2), der sich in klinischer Entwicklung befindet. Das Protein BCL-2, das in Krebszellen oftmals überexprimiert ist, bindet proapoptotische Substanzen und trägt so dazu bei, dass die Krebszelle sich dem programmierten Zelltod entziehen kann. Wie Wendtner berichtete, besetzt Venetoclax selektiv eine bestimmte Tasche am BCL-2-Protein und befreit dadurch die zuvor gebundenen proapoptotischen Substanzen. Diese binden ihrerseits an die Membran von Mitochondrien und setzen dadurch eine Kaskade von Reaktionen in Gang, die letztlich den programmierten Zelltod in den Krebszellen induziert.

Dieser Wirkmechanismus führt zu klinisch relevanten Effekten im Sinne eines schnellen, tiefen und lang anhaltenden Ansprechens und einer bedeutsamen Schrumpfung der Tumormasse, die in diesem Ausmaß bislang bei keiner anderen Substanz beobachtet wurden. Da Venetoclax hochaktiv sei und binnen Stunden zu einer massiven Lyse von Tumormaterial führen könne, sei es wichtig, die Substanz über mehrere Wochen auf die finale Dosis von 400 mg täglich aufzudosieren, betonte der Münchener Hämatologe. So könne einem Tumorlyse-Syndrom bestmöglich vorgebeugt werden. Wendtner: „Patienten mit einem Riesenbulk bzw. hohen Leukozytenzahlen nehmen wir für die Eindosierung zur Sicherheit stationär auf, bei niedrigem und intermediärem Risiko ist eine ambulante Durchführung möglich.“

Wendtner präsentierte die Ergebnisse einer internationalen Phase ‐ II ‐ Studie, die beim ASH ‐ Jahreskongress 2015 im Rahmen einer Late ‐ Breaking Session vorgestellt worden waren(12). Darin hatte eine orale Monotherapie mit Venetoclax bei 107 Hochrisikopatienten mit rezidivierender/refraktärer (R/R) CLL mit 17p ‐ Deletion zu einer klinisch bedeutsamen Gesamtansprechrate (ORR) von 79,4% geführt (85/107 Patienten; 95% KI: 70,5 ‐ 86,6%), einschließlich kompletter Remissionen. 84,7% der Studienteilnehmer erzielten ein lang anhaltendes Ansprechen (12 ‐ Monats ‐ Schätzung; mediane Dauer des Ansprechens noch nicht erreicht). Die Resultate für das PFS und OS nach 12 Monaten betrugen 72,0% bzw. 86,7%. Über 10% der Studienteilnehmer erreichten ein tiefes Ansprechen und bei über 20% der Responder war zudem keine minimale Resterkrankung (MRD) mehr nachweisbar. Ein solches Ansprechen wurde laut Wendtner bei Patienten mit R/R CLL und 17p ‐ Deletion bislang noch nicht dokumentiert. Die Toxizität der Substanz war akzeptabel. Die häufigsten Grad ‐ 3/4 ‐ Nebenwirkungen waren Neutropenie (40%), Anämie (18%) und Thrombozytopenie (15%). Schwere Infektionen waren aber selten (2% der Patienten). Wendtner empfiehlt dennoch, bei den Patienten eine G-CSF-Prophylaxe durchzuführen

Eine weitere interessante Studie, die beim EHA 2016 vorgestellt wurde, untersuchte, ob Venetoclax auch bei Patienten Wirkung zeigt, die refraktär gegenüber Ibrutinib oder Idelalisib sind bzw. unter diesen Medikationen einen Rückfall erlitten haben(13). Das erstaunliche Ergebnis: „70 – 80% der Patienten, die zuvor Ibrutinib erhalten hatten, konnten mit Venetoclax wieder eingefangen werden“, so Wendtner. Bei Patienten der Idelalisib-Gruppe lagen diese Werte etwas niedriger, doch sei die Beobachtungszeit in dieser Gruppe noch nicht ausreichend lang gewesen. Bemerkenswert war, dass erneut bei einem Teil der Patienten (8/34) nach 24 Wochen MRD-Negativität festgestellt wurde.

Wendtner rechnet damit, dass Venetoclax nach dessen EU-Zulassung, die Ende 2016/Anfang 2017 erwartet wird, das therapeutische Spektrum bei R/R CLL erweitern wird und in der Folge dann auch in die Onkopedia-Leitlinien aufgenommen wird. In derzeit laufenden Studien der CLL-Studiengruppe sei der BCL-2-Inhibitor ebenfalls prominent vertreten, so Wendtner. In den Studien werde auch regelmäßig die MRD evaluiert – mit dem Ziel, bei MRD-Negativität die Behandlung abzubrechen und damit die Behandlungsdauer zu begrenzen. Wendtner zeigte sich überzeugt, dass zielgerichtete Therapien das Potenzial besitzen, die Chemoimmuntherapie zukünftig als Erstlinienbehandlung der CLL ablösen werden. Als erfolgversprechend gelten vor allem chemotherapiefreie Kombinationen aus verschiedenen zielgerichteten Substanzen oder einer zielgerichteten Substanz mit einem Antikörper. An Venotoclax als zukünftigen Kombinationspartner knüpft Wendtner besonders große Hoffnungen, weil mit dieser Substanz bei einem Teil der Patienten bereits unter einer Monotherapie MRD-Negativität erreicht werden konnte.


Tumorschmerz adäquat behandeln

Über sein Behandlungskonzept bei Patienten mit Tumorschmerzen berichtete Dr. Norbert Schürmann, Leiter der Abteilung für Schmerztherapie und Palliativmedizin am St. Josef Krankenhaus in Moers. „Wir behandeln Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen und exazerbierten, also kaum aushaltbaren, Schmerzen“. Basismedikation für die Behandlung von Tumorschmerzen sind retardierte Opiate, hinzu kommen eine Bedarfsmedikation zur Behandlung von Schmerzen, die regelmäßig in bestimmten Situationen auftreten, und Medikamente zur Behandlung von Durchbruchschmerzen – sehr starken bis stärksten Schmerzspitzen, die unvorhersehbar auftreten, sich binnen Minuten entwickeln und kurze Zeit (30 Minuten) andauern.


Intravenöse Opiattitration

„Wichtigster Baustein der Strategie zur Schmerzregulierung bei Patienten, die mit stärksten Schmerzen – das sind Schmerzen, die der Patient auf einer Visuellen Analogskala (VAS) von 0-10 mit mindestens 7 bewertet – unsere Schmerzambulanz aufsuchen, ist die Opiattitration“, erklärte Schürmann. Dazu erfolgt über einen Zugang nach einer Emesisprophylaxe die vorsichtige Titration mit einer Ampulle 2 mg Hydromorphon (auf 10 ml NaCl 0,9%) (0,2 mg Palladon®) i.v./pro Minute, bis der Patient einen Schmerz zwischen 3 und 5 auf der VAS angibt. „Der Patient erwartet keine Schmerzfreiheit, nur eine deutliche Reduktion der Schmerzen. Wichtig ist, dass ich als Arzt in dieser Zeit bei dem Patienten sitze, ihn begleite und mit ihm spreche“, betonte Schürmann. Mit der intravenösen Opiattitration könne eine Schmerzreduktion von im Mittel 60% erzielt werden. „Beim überwiegenden Teil der Patienten kann der Schmerz um 4-5 Skaleneinheiten auf der VAS gesenkt werden.“ Dabei benötigten 94% der Patienten bis zur Schmerzreduktion auf < 5 auf der VAS nur 2 mg Hydromorphon oder weniger. Atemdepressionen träten mit der Opiattitration nicht auf.


Individuelle Schmerztherapie mit Oxycodon/Naloxon

Auf Basis der Opiattitration erfolgt die medikamentöse Einstellung des Patienten. Wurde die als zufriedenstellend empfundene Schmerzreduktion des Patienten beispielsweise mit 9 ml Palladon®, entsprechend 1,8 mg Hydromorphon i.v. oder 3,6 mg Hydromorphon oral, erreicht, so kann man auf Basis der vierstündigen Wirkdauer von Hydromorphon eine Tagesgesamtdosis von 6 x 3,6 mg, also 21,6 mg Hydromorphon oral pro Tag berechnen. „Davon werden anfangs drei Viertel als Tagesdosis verabreicht, z.B. als 16 mg Hydromorphon oral, 48 mg Oxycodon oder in Form von TARGIN®, einer Fixkombination von retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon“, erläuterte der Schmerztherapeut weiter. Seit Herbst 2015 kann das in vier Wirkstärken verfügbare Opioid-haltige Analgetikum im fixen Verhältnis 2:1 in der neuen Tageshöchstdosis von 160 mg Oxycodon und 80 mg Naloxon angewendet werden. „Ursprünglich zur Vermeidung der Opioid-induzierten Obstipation entwickelt, kann bei der Oxycodon/Naloxon-Kombination das Oxycodon seine volle analgetische Wirkung ausschließlich im ZNS entfalten“, erläuterte Schürmann. Für die Schmerztherapie bei Palliativpatienten mit einer Tumorerkrankung im Endstadium nicht geeignet seien dagegen Fentanyl-Pflaster, da die Haut bei diesen Patienten das am schlechtesten durchblutete Organ darstelle, so Schürmann weiter. „Leitsubstanzen für die Schmerztherapie bei Tumorpatienten im Finalstadium sind zum einen Hydromorphon, zum anderen Oxycodon mit oder ohne Naloxon.“ Die Tumorschmerztherapie erfolgt vorrangig medikamentös, der orale Applikationsweg ist dabei zu bevorzugen. Oxycodon/Naloxon wird als kleine, gut schluckbare Tablette angewendet, der Wirkstoff wird über eine 12-h-Retardierung zweiphasig freigesetzt und ein konstanter Plasmaspiegel über 12 Stunden sichergestellt. „Auf keinen Fall sollte ein Schmerzpatient zuerst alle Stufen des WHO-Stufenschemas durchschreiten müssen, die Medikation sollte allein nach der benötigten Wirkstärke und der Verträglichkeit ausgewählt werden“, betonte Schürmann.


Highlights von den Jahreskongressen 2016 der ASCO und EHA

58.000 Abstracts wurden beim diesjährigen Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) präsentiert. Aus der beim ASCO in Chicago und auch beim Europäischen Hämatologen Kongress EHA in Kopenhagen präsentierten Fülle an neuen Daten wird vor allem eines deutlich: „Grundlagenforschung und Klinik sind so stark vernetzt wie noch nie – Interdisziplinarität ist das Leitmotiv“, konstatierte Dr. Friedrich Overkamp, Hamburg, der Highlights aus Hämatologie, Onkologie und Forschung vorstellte. Viele gerade beim ASCO gezeigten Ergebnisse aus der frühen Forschung seien zwar heute noch nicht relevant für die klinische Versorgung von Patienten, dennoch kristallisierten sich für Overkamp einige wichtige Erkenntnisse heraus: Mit der Zellzykluskontrolle mit CDK4/6-Inhibitoren bricht eine neue Ära an, da sich mit ihnen endokrine Resistenzen überwinden lassen. So führte in der PALOMA 2-Studie die Kombination des Aromatasehemmers Letrozol mit dem CDK4/6-Inhibitor Palbociclib bei postmenopausalen Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom zu einer hoch signifikanten Verlängerung des PFS auf 24,8 Monate gegenüber alleinigem Letrozol (14,5 Monate), (p<0,000001)(14). „Nebenwirkung dieser Therapie ist die Hämatotoxizität – diese ist zu erwarten, da wie bei einer Chemotherapie der Zellkern angegriffen wird“, berichtete Overkamp. Die Substanzklasse der CDK4/6-Hemmstoffe, zu der neben Palbociclib auch Ribociclib gehört, wird auch bei anderen Tumoren weiterentwickelt. Kritisch bewertete Overkamp eine andere Erkenntnis vom ASCO 2016. In einer Studie bei 1.918 Frauen mit frühem Mammakarzinom führte die Verlängerung der adjuvanten Therapie mit Letrozol nach einer fünfjährigen antihormonellen Therapie entweder nur mit einem Aromatasehemmer oder nach 1-2 Jahren Tamoxifen gefolgt von einem Aromatasehemmer um weitere 5 Jahre auf insgesamt 10 Jahre zu einer Reduktion des Rezidivrisikos(15). „Von den Frauen, die weitere 5 Jahre Letrozol erhielten, lebten nach 5 Jahren 95% krankheitsfrei, von den Frauen, die nach ihrer fünfjährigen endokrinen Therapie für 5 Jahre ein Placebo bekamen, überlebten 91% krankheitsfrei – diese Risikoreduktion ist für mich nicht besonders beeindruckend“, kommentierte Overkamp. Vor allem Lokalrezidive traten seltener auf, das Gesamtüberleben wurde nicht beeinflusst. „Dafür war in der Letrozol-Gruppe die Rate an Osteoporosen und Frakturen erhöht. Vor dem Hintergrund der stetig besser werdenden Rezidivtherapie muss man hier zwischen Sicherheit und reduzierter Lebensqualität – nicht nur Osteoporose, auch Gelenkschmerzen sind bei längerer Aromasehemmertherapie ein Thema – aufgrund der langen adjuvanten endokrinen Therapie sehr genau abwägen“, zeigte sich Overkamp nachdenklich.


Ungebrochener Hype Immunonkologie

„Das ganz große Thema auf dem ASCO war die Immunonkologie – so zeigten Checkpoint-Inhibitoren bei nahezu allen soliden Tumoren in frühen Studien bemerkenswerte Resultate“, berichtete Overkamp. Diese PD-1-/PD-L1-Antikörper wie Nivolumab, Pembrolizumab oder Atezolizumab können die Hemmung der T-Zellen abschalten und so die Immunantwort des Körpers reaktivieren. Molekulare Biomarker für diese Therapien werden gesucht. Untersucht wird derzeit die Rolle der Mutationslast, so sprachen in Studien Tumoren mit Mismatch Repair Deficiency (MRD) besonders gut auf die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren an. Angesichts der Fülle an neuen Erkenntnissen zur Tumorbiologie und Immunonkologie ändert sich der Stellenwert der Chemotherapie nicht nur bei den soliden Tumoren. „Die Chemotherapie ist nicht tot – diese Säule der antitumoralen Therapie bröckelt aber“, konstatierte Overkamp und verwies auch auf neueste Studienergebnisse aus der Hämatologie. Beim Multiplen Myelom zeigte sich der Anti-CD38 Antikörper Daratumumab in der Kombination mit Bortezomib und Dexamethason hoch wirksam(16). „Aber es zeigte sich auch, dass eine frühzeitige Hochdosistherapie gefolgt von einer autologen Stammzelltransplantation bei jüngeren Patienten mit Multiplem Myelom noch immer eine gute Option ist“, berichtete Overkamp. Bei rezidivierender oder refraktärer akuter lymphatischer Leukämie (ALL) lässt sich mit CD19 CAR-T Zellen eine hohe Rate an anhaltenden Remissionen erzielten(17), berichtete Overkamp weiter. Doch auch mit einer veränderten Galenik bewährter Zytostatika wurden Erfolge erzielt: Die liposomale Formulierung von Cyctarabin/Doxorubicin (CPX-351) verbesserte die Überlebensrate bei älteren Hochrisiko-Patienten mit akuter myeloischer Leukämie(18).


Kongress-TV: Informationsflut gefiltert und bewertet

Die wichtigsten Inhalte vom ASCO 2016 finden sich auf www.onkoversum.de. Über das Kongress-TV im Internet können sich Mediziner, die den größten internationalen Kongress in der Onkologie aus Budget- oder Zeitgründen nicht selbst besuchen konnten, über alle klinisch relevanten Erkenntnisse und Studienergebnisse informieren. Auf der Website der Teva GmbH präsentierten ausgesuchte Experten täglich die Highlights jedes Kongresstages. Außerdem finden sich indikationsspezifische Webinare und Praxistipps.


Stellenwert der Antiemese in heutigen onkologischen Therapiekonzepten

„95% aller Chemotherapien können heute ambulant durchgeführt werden, das ist auch ein Verdienst der heute verfügbaren, hoch wirksamen Antiemetika“, konstatierte Overkamp, warnte aber davor, die Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen (CINV) als ein vollständig gelöstes Problem zu betrachten und die Prävention zu vernachlässigen. Ohnehin müsse man heute den Begriff auf Tumortherapie-induziert ausweiten, da auch einige neuere, zielgerichtete Substanzen emetogen seien und einer sorgfältigen Antiemese bedürften. „Eine professionelle Antiemese bleibt unverändert wichtig, die negativen Auswirkungen von Übelkeit und Erbrechen wie Dehydrierung, muskuläre Effekte, Mangelernährung Unterbrechung oder Abbruch der Chemotherapie sowie natürlich die Beeinträchtigung der Lebensqualität können und müssen vermieden werden“, forderte Overkamp. Dass nicht nur Erbrechen, sondern bereits leichte Übelkeit zu einer verminderten Kalorienaufnahme und zu Mangelernährung führen kann, zeigte eine 2009 publizierte Arbeit von Lorusso et al.(19). Das zu erwartende Ausmaß von Übelkeit und Erbrechen einer antitumoralen Therapie wird in erster Linie durch die eingesetzten Substanzen bestimmt, ausschlaggebend ist die Substanz mit der höchsten emetischen Potenz. Patientenbezogene Faktoren wie Alter oder Geschlecht sind nach Overkamps Meinung überschätzt und sollten nur additiv berücksichtigt werden. Dafür stehen heute eine Reihe von hochwertigen, evidenzbasierten und regelmäßig aktualisierten Leitlinien zu Verfügung, die alle derzeit eingesetzten Substanzen in verschieden Emesis-Risikoklassen einteilen und detaillierte Empfehlungen für den Einsatz der beiden wichtigsten antiemetischen Substanzklassen, den 5-HT3-Rezeptorantagonisten (5-HT3-RA) und den Neurokinin1-Rezeptorantagonisten (NK1-RA), flankiert von Dexamethason aussprechen.


Einfache und leitliniengerechte Antiemese mit einer Einmalgabe NEPA pro Zyklus

„Mit der Dreifachkombination HT3-RA, NK1-RA und Dexamethason kann auch bei hoch emetogenen Chemotherapien bei über 80% der Patienten Erbrechen vermieden werden“, berichtete Overkamp. Beide Hauptsubstanzklassen in einer Kapsel vereint die seit Herbst 2015 verfügbare Fixkombination NEPA (Akynzeo®). „NEPA enthält den derzeit potentesten 5-HT3-RA Palonosetron und den neuen NK1-RA Netupitant in einer Kapsel – eine wie ich finde geniale Idee, die mit einer einmaligen Gabe vor der Chemotherapie zusammen mit Dexamethason eine hoch effektive Prophylaxe für den gesamten Chemotherapiezyklus bietet und so die denkbar einfachste Form der Antiemese ermöglicht“, zeigte sich Overkamp überzeugt. Aufgrund der langen Halbwertszeiten der beiden Komponenten der Fixkombination genügt die Anwendung einer Kapsel.


Defizite bei der Leitlinienumsetzung in der Praxis

„An verfügbaren Leitlinien zur Antiemese fehlt es heute nicht – aber an ihrer Umsetzung in der täglichen Praxis“, konstatierte Overkamp. Belege für diese Einschätzung liefern zwei aktuelle Erhebungen. So zeigte eine retrospektive Auswertung einer im Rahmen der Patientendokumentation des Berufsverbandes der Niedergelassenen gynäkologischen Onkologen in Deutschland e.V. (BNGO) erfassten Daten von 250 Mammakarzinompatientinnen unter (neo)adjuvanter AC-basierter Chemotherapie, dass nur ein Drittel der Frauen die notwendige leitliniengerechte Antiemese erhielten. Dabei gaben 94% der behandelnden Ärzte an, dass ihnen die Neuklassifizierung von AC-basierten Chemotherapien als hoch emetogen bekannt war und 84% wollten die empfohlene Dreifachantiemese angeblich umsetzen. Ähnliche Diskrepanzen zwischen Wissen und praktischer Umsetzung offenbarte eine repräsentative Stichprobe der Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS) bezüglich der bei 1.940 Patienten mit Mammakarzinom, Bronchialkarzinom (SCLC, NSCLC), Magen-/Ösophaguskarzinom sowie Kopf-Hals-Tumoren unter hoch emetogener (Radio-) Chemotherapie oder AC-basierter Chemotherapie durchgeführten Antiemese. Die Versäumnisse bei der Antiemese waren insbesondere in der verzögerten Phase nach der Chemotherapie festzustellen. Außerdem fiel auf, dass gerade Mediziner mit langer Berufserfahrung die Antiemese vernachlässigten, berichtete Overkamp. „Zur Frage, woher die Diskrepanz zwischen Wissen und Umsetzung rührt, bin ich ratlos. Meine eigene jahrelange Erfahrung als Onkologe hat mir gezeigt, dass mit der richtigen antiemetischen Prophylaxe heute fast kein Patient mehr unter CINV leiden muss, und ich betone: Die Supportivtherapie ist genauso wichtig wie die antitumorale Therapie – sie ist ein gleichwertiger Baustein onkologischer Therapiekonzepte“, so Overkamp abschließend.


Neues zur Supportivtherapie 2016

So endete der 25. Münchener Fachpresse-Workshop auch mit einer Zusammenfassung supportivmedizinischer Highlights von den Jahreskongressen der ASCO und der Multinational Association of Supportive Care in Cancer (MASCC) in Adelaide, Australien. „Neutropenische Komplikationen sind mit einer hoher Morbidität und Mortalität sowie hohen Kosten verbunden, eine reduzierte Dosisintensität von Chemotherapien aber mit einem erhöhten Risiko für Krankheitsrezidive und Mortalität. Die Neutropenie-Prophylaxe bleibt aktuell, auch aufgrund der vielen neuen Substanzen, zu deren Nebenwirkungsspektrum die Hämatotoxizität gehört“, berichtete Dr. Petra Ortner vom ASCO-Kongress 2016 in Chicago. Auch die ASCO empfehle bei einem Risiko für eine febrile Neutropenie (FN) ab 20% konsequent den Einsatz von G-CSF, wie in einer Education Session beim Kongress betont wurde.


Hoffnung in der Prävention der Neuropathie

Ein vor allem für kurativ behandelte junge Patientinnen belastendes Problem ist die Chemotherapie-induzierte peripheren Neuropathie (CIPN), die lange nach Ende der Chemotherapie persistieren oder sogar irreversibel sein kann. Auf dem ASCO 2016 wurde gezeigt, dass auch der Lebensstil der Patienten Einfluss auf die Entstehung einer CIPN haben kann. In der Pathway-Study waren Adipositas, geringe körperliche Aktivität und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln während der Chemotherapie mit der Ausbildung einer schweren und anhaltenden CIPN assoziiert(20). Eine Phase-III-Studie mit 314 Tumorpatienten, die eine Chemotherapie mit Platinderivaten, Vincaalkaloiden oder Taxanen erhielten, zeigte, dass sich durch körperliche Aktivität der CIPN vorbeugen lässt(21). Eine retrospektive Datenanalyse von 23 Phase-II/III-Studien mit Taxan-haltiger Chemotherapie(22) ergab, dass zusätzlich zu medikamentenbezogenen Risikofaktoren Alter und Diabetes unabhängige Prädiktoren in Bezug auf die Entstehung einer CIPN sind. Die PLIANT-Studie zeigte einen positiven Effekt von Calmangafodipir (CaM) bei der Prävention der Oxaliplatin-induzierten peripheren Neuropathie(23). Als wirksam zur Prävention der Taxan-induzierten Neurotoxizität erwiesen sich gefrorene Handschuhe und Socken(24).


Neue Ansätze zur Behandlung der Fatigue

Auf dem ASCO 2016 wurde neben pharmakologischen Therapieansätzen zur Behandlung der Fatigue auch eine Meta-Analyse zum Vergleich der Häufigkeit von Fatigue unter Standard-Chemotherapie gegenüber einer Therapie mit den PD-1-Inhibitoren Nivolumab und Pembrolizumab vorgestellt. Die Checkpoint-Inhibitoren waren mit einem signifikant geringeren Risiko für eine behandlungsbedürftige Fatigue assoziiert(25). In einer randomisierten Phase-II-Studie bei 40 mit Radiochemotherapie behandelten NSCLC-Patienten berichteten die 19 zusätzlich zur Radiochemotherapie über 12 Wochen mit Minocyclin behandelten Patienten über signifikant weniger Fatiguesymptome, dabei war das Antibiotikum gut verträglich(26). In einer doppelblinden Phase-II-Studie erwiesen sich 2 mg Dexamethason pro Tag über 4 Wochen mit Placebo als Fatigue-Prophylaxe bei Patienten mit metastasiertem CRC unter Regorafenib als hilfreich(27). Auch die hochdosierte Gabe von Omega-6-Fettsäuren (Sojabohnenöl) erwies sich in der Reduktion der Fatigue bei Frauen mit Mammakarzinom nach adjuvanter Therapie als wirkungsvoll. Der Unterschied gegenüber hochdosierten Omega-3-Fettsäuren (Fischöl) war statistisch signifikant(28).


Aktualisierte Antiemese-Leitlinien der MASCC

Über wichtige Neuigkeiten vom vergangenen, sehr gut besuchten Jahreskongress der MASCC, berichtete Prof. Petra Feyer, Berlin. Von großer Praxisrelevanz sind vor allem die neuen Antiemese-Leitlinien der MASCC, die eine Dreifachantiemese mit NK1-RA, 5-HT3-RA und Dexamethason nicht nur bei hoch emetogenen, sondern auch bei Carboplatin-basierten Chemotherapien empfehlen. Die aktualisierten Leitlinien stehen auf der Homepage der MASCC auch in deutscher Übersetzung der ASORS zum Download zur Verfügung(29).


Autorinnen

  • Mascha Pömmerl, Feldkirchen-Westerham
  • Dr. Claudia Schöllmann, Grasbrunn


Literaturverweise

  1. Loupakis F et al. N Engl J Med. 2014;371(17):1609-18
  2. Loupakis F, et al. J Clin Oncol 32:5s, 2014 (suppl; abstr 3519)
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  21. Kleckner I et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10000)
  22. Hershman DL et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10001)
  23. Glimelius B et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10018)
  24. Hanai A et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10022)
  25. Nishijima TF et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10114)
  26. Cleeland CS et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10017)
  27. Miyamoto Y et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10127)
  28. Peppone LJ et al. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 10128)
  29. http://www.mascc.org/assets/Guidelines-Tools/mascc_antiemetic_guidelines_2016_german_v1.1.pdf ; aufgerufen am 09.08.2016


Quelle: Fachpresse-Workshop der POMME-med GmbH am 27. Juli 2016 in München; Gemeinsame Sponsoren: AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG, RIEMSER Pharma GmbH, SERVIER Deutschland GmbH und TEVA GmbH (tB).

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