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Bestimmte Männer mit metastasiertem Prostatakrebs haben Vorteile im Vergleich zu abwartendem Vorgehen

Abirateron: Anhaltspunkt für beträchtlichen Zusatznutzen

 

Köln (15. April 2013) – Abirateronacetat (kurz: Abirateron, Handelsname Zytiga®) ist seit Dezember 2012 für Männer mit metastasiertem, durch eine Hormonblockade nicht beeinflussbaren Prostatakrebs zugelassen, die noch keine oder nur leichte Beschwerden haben und bei denen noch keine Chemotherapie angezeigt ist. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat mit einer frühen Nutzenbewertung gemäß AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) überprüft, ob Abirateron gegenüber der bisherigen Standardtherapie einen Zusatznutzen bietet.

 

Demnach kann der neue Wirkstoff im Vergleich zu einem abwartenden Vorgehen das Gesamtüberleben verlängern und das Auftreten schwerer Schmerzen verzögern. Allerdings ist aufgrund der schlechten Datenlage nicht sicher auszuschließen, dass Abirateron auch einen größeren Schaden in Form von Nebenwirkungen verursacht. Insgesamt geht das IQWiG von einem Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen aus.

 

 

G-BA bestimmt zweckmäßige Vergleichstherapie

 

Als zweckmäßige Vergleichstherapie hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das abwartende Vorgehen bestimmt, also das Beobachten der Erkrankung und ihrer Entwicklung ohne zusätzliche medizinische Eingriffe. Allerdings sollte die bisherige konventionelle Androgendeprivation, also die medikamentöse Hormonblockade, beibehalten oder als kombinierte, maximale Androgenblockade mit einem nichtsteroidalen Antiaandrogen (Flutamid oder Bicalutamid) fortgeführt werden.

 

 

Bewertung auf Basis einer Zulassungsstudie

 

Grundlage für die Bewertung ist eine direkt vergleichende, randomisierte kontrollierte Studie (RCT), nämlich die Zulassungsstudie für diese Indikation (COU-AA-302). Hier erhielten die Patienten entweder Abirateron und Prednison oder ein Placebo und Prednison. Fast alle Patienten (94%) in beiden Studienarmen bekamen zusätzlich ein Medikament zur Hormonblockade.

 

In beiden Studienarmen wurde die Behandlung so lange beibehalten, bis eine Progression auftrat, d.h. bis die Erkrankung sich verschlimmerte. In der Abirateron-Gruppe war das im Mittel (Median) nach 13,8 Monaten, in der Placebo-Gruppe nach 8,3 Monaten der Fall. Das heißt, die Dauer der Behandlung war in den beiden Studienarmen sehr unterschiedlich.

 

 

Vorteile bei Sterblichkeit und bei Beschwerden

 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Abirateron zum einen Vorteile beim Endpunkt Gesamtüberleben hat, denn die Lebenserwartung war in diesem Studienarm im Mittel (Median) um etwa fünf Monate höher. Zum anderen traten schwere Schmerzen in der Abirateron-Gruppe später auf: In der Abirateron-Gruppe dauerte es etwa drei Monate länger, bis ein Viertel der Patienten ein Opiat benötigte. Bei beiden Endpunkten sieht das IQWiG einen Hinweis auf einen Zusatznutzen. Im Fall der Mortalität (Gesamtüberleben) mit dem Ausmaß gering, bei der Morbidität (Auftreten schwerer Schmerzen) mit dem Ausmaß beträchtlich.

 

 

Daten zur Lebensqualität nicht verwertbar

 

Daten zur Lebensqualität wurden in der Studie zwar mit Hilfe eines Fragebogens erhoben. Allerdings ist die Art der Auswertung ungeeignet und die Ergebnisse für die Bewertung deshalb nicht verwertbar. So bleibt unklar, ob die gemessenen Unterschiede zwischen den beiden Studienarmen für den Patienten tatsächlich spürbar sind.

 

 

Ergebnisse zu Nebenwirkungen sind unsicher

 

Daten, die der pharmazeutische Unternehmer zu den Nebenwirkungen liefert. Für die Gesamtrate der unerwünschten Ereignisse und für die schweren unerwünschten Ereignisse gilt das ebenso wie für spezifische unerwünschte Ereignisse Frakturen und Flüssigkeitsretention/Ödeme.

 

Nicht verwertbar sind diese Daten vor allem deshalb, weil die unterschiedliche Behandlungsdauer in den beiden Studienarmen (13,8 versus 8,3 Monate) vom Hersteller in den Auswertungen nicht angemessen berücksichtigt wurde. Verwertbar ist aber eine Auswertung aus den Zulassungsunterlagen zu schweren unerwünschten Ereignissen, die innerhalb der ersten drei Monate der Behandlung auftraten. Zu diesem frühen Zeitpunkt, zu dem der größte Teil der Patienten noch mit Abirateron beziehungsweise Placebo behandelt worden sein dürfte, zeigt sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungsarmen.

 

Somit ist ein größerer oder geringerer Schaden von Abirateron nicht belegt, aber auch nicht sicher auszuschließen.

 

 

Anhaltspunkt statt Hinweis

 

Somit verbleiben auf Basis der verfügbaren Daten ausschließlich positive Effekte, nämlich Hinweise auf einen geringen Zusatznutzen bei der Mortalität (Gesamtüberleben) und auf einen beträchtlichen Zusatznutzen bei der Morbidität (Zeitpunkt Auftreten schwerer Schmerzen). Aufgrund der Unsicherheit auf der Schadensseite geht das IQWiG in der Gesamtschau jedoch nicht von einem Hinweis, sondern von einem Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen von Abirateron im Vergleich zu abwartendem Verhalten aus.

 

Bereits im Januar 2012 hatte das IQWiG eine erste Dossierbewertung von Abirateron publiziert. Gegenstand war dort allerdings eine andere Indikation, nämlich die Anwendung bei Männern mit metastasiertem Prostatakrebs, bei denen der Krebs durch eine Hormontherapie nicht mehr beeinflusst werden kann und während oder nach einer Therapie mit dem Zytostatikum Docetaxel weiter fortschreitet.

 

 

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

 

Das Vorgehen zur Ableitung einer Gesamtaussage zum Ausmaß des Zusatznutzens stellt einen Vorschlag des IQWiG dar. Über das Ausmaß des Zusatznutzens beschließt der G-BA, der ein förmliches Stellungnahmeverfahren eröffnet hat.

 

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt eine Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

 

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Abirateron zu finden.

 


 

Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), 15.04.2013 (tB).

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