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Psoriasis und Begleiterkrankungen: Umsetzung der Versorgungsziele erfordert interdisziplinäres Denken und Handeln
Biomarker für Insulinresistenz und kardiovaskuläres Risiko verbessern sich unter Fumarsäureester-Therapie
München (25. Juli 2012) – Warum ist das kardiovaskuläre Risikoprofil von Psoriasis-Patienten so wichtig, und wie lässt es sich in der täglichen Praxis ermitteln? Welches therapeutische Potenzial hat die Beeinflussung der Insulinresistenz bei der Psoriasis? Wie lässt sich eine optimale Versorgung von Psoriasis-Patienten im Praxisalltag umsetzen? Diese im Rahmen der 23. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie diskutierten Fragen verdeutlichen die Vielschichtigkeit der Psoriasis vulgaris als Systemerkrankung. Einstimmiges Experten-Fazit: Zentrale Herausforderung der nationalen Versorgungsziele bis zum Jahr 2015 bleibt es, die Begleiterkrankungen bei Patienten mit Psoriasis frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Immer noch wird laut aktuellen Daten lediglich jeder dritte mittelschwer bis schwer betroffene Psoriasis-Patient adäquat mit einer systemischen Therapie behandelt – obwohl laut S3-Leitlinie1 Systemtherapien wie die Fumarsäureester für den Einsatz ab mittelschwerer Psoriasis indiziert sind. „Dabei gilt es, durch eine frühzeitige systemische Behandlung bei mittelschweren und schweren Formen der Psoriasis mögliche Folgeerkrankungen wie Diabetes, Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen oder kardiovaskuläre Erkrankungen zu verhindern“, betonte Prof. Matthias Augustin, Hamburg. Dies sei auch in den nationalen Versorgungszielen bis 2015 festgeschrieben.
Psoriasis wird früh von Risikofaktoren begleitet
„Komorbiditäten wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Herzinfarkt und Schlaganfall treten nicht erst bei älteren Psoriasis-Patienten als Folge der jahrzehntelangen Erkrankung gehäuft auf. Diese Begleiterkrankungen sind aufgrund von genetischen Risikofaktoren und Umweltfaktoren bereits bei juvenilen Betroffenen mit der Psoriasis assoziiert“, erläutert Professor Kristian Reich, Hamburg, die erhöhten Risiken. Eine koronare Herzerkrankung tritt beispielsweise bei Patienten mit Psoriasis doppelt so häufig wie bei Kontrollpersonen auf.2 Auch Übergewicht spielt laut Reich eine Rolle: Adipositas und Psoriasis sind nicht nur auf eine gemeinsame genetische Quelle zurückzuführen, sondern beeinflussen sich auch wechselseitig. Die Psoriasis führt dazu, dass Adipozyten Faktoren produzieren, die wiederum die Schuppenflechte verschlechtern können. „Adipositas und Psoriasis begünstigen sich gegenseitig; es entsteht ein Teufelskreis, der dazu führt, dass die Schuppenflechte aggressiver ist, hartnäckiger verläuft und das kardiovaskuläre Risiko steigen lässt“, fasst Reich zusammen.
Zentraler Pathomechanismus: Insulinresistenz
Besondere Bedeutung schreibt Prof. Wolf-Henning Boehncke, Genf, der Insulinresistenz zu: „Insulinresistenz als heute gut verstandener Pathomechanismus chronischer Entzündung begünstigt nicht nur eine Atherosklerose, sondern gilt auch als Mitverursacher der Hautsymptome der Psoriasis.“ Charakteristisch für die Insulinresistenz ist eine Erhöhung des Peptidhormons Resistin, welches als Insulin-Inhibitor gilt. Gleichzeitig ist das als kardioprotektiv geltende Adiponektin stark erniedrigt. Erste Daten einer laufenden Studie zeigen, dass sich bereits nach 16 Wochen Therapie mit Fumarsäureestern die Stoffwechsellage des Psoriasis-Patienten bezüglich dieser beiden Biomarker normalisiert: Resistin fällt um bis zu 35 Prozent ab, Adiponektin steigt um bis zu 60 Prozent an.3 „Und über die direkte Einwirkung auf Insulinresistenz lassen sich klinisch relevante Therapieeffekte auch auf die Psoriasis erzielen“, schlussfolgert Boehncke.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: praktische Hilfsmittel
Die optimale Versorgung eines Patienten mit Psoriasis bedingt auch die Abstimmung zwischen Haut- und Hausarzt. „Da wir in der Realität leider wenig Zeit für ausführliche Gespräche haben, könnten Hilfsmittel wie der noch in der Erprobung befindliche CVAT-Fragebogen im Praxisalltag zum Einsatz kommen“, empfiehlt Prof. Kristian Reich. Mit Hilfe des CVAT-Fragebogens (Cardiovascular Assessment Tool) könnte das Risikoprofil eines Patienten über Indikatoren wie BMI, Blutdruck, Begleiterkrankungen, Lebensweise und Familienanamnese besser abgefragt beziehungsweise erfasst werden – mit dem Ziel, die anschließende Stratifizierung nach bestimmten Therapiealgorithmen zu erleichtern. Ein Fragebogen wie der CVAT erleichtere auch die Abstimmung mit dem Hausarzt, dem die Aufgabe zukommt, eventuell vorhandene metabolische und kardiovaskuläre Risiken (z.B. Cholesterin und Blutdruck) zu erkennen und dauerhaft zu überwachen.
Als weiteres kompaktes Hilfsmittel für die Praxis empfiehlt Dr. Ralph von Kiedrowski, Selters, einen Behandlungspfad. So könnten die Abläufe in der Patientenbetreuung weitestmöglich standardisiert werden; vom Erstkontakt über die Erfassung wichtiger krankheitsrelevanter Parameter vor der Therapieeinleitung, bis hin zum kontinuierlichen Monitoring des Krankheitsverlaufs einschließlich relevanter Komorbiditäten, sowie die Überwachung von Arzneimittelwirkung und -sicherheit.4 „Adaptiert an die Krankheitsschwere gibt der Behandlungspfad konkrete Handlungsoptionen zu den verschiedenen Therapieansätzen, hilft bei der Definition des Leistungsvermögens der eigenen Praxis und eröffnet Schnittstellen zu Schwerpunktpraxen und zur interdisziplinären Zusammenarbeit“, erläutert von Kiedrowski. Dies entlaste wiederum die eigene Praxis, steigere die Patienten-Adhärenz und realisiere durch Früherkennung von Begleiterkrankungen oder Vermeidung von Doppeluntersuchungen Kosteneinsparungen im System.
Fumarsäureester sind gemäß der aktuellen S3-Leitlinie zur Psoriasis vulgaris als First-Line-Systemtherapeutikum für die Therapie der mittelschweren und schweren Psoriasis vulgaris empfohlen. Aufgrund des guten Nutzen-Risiko-Profils und der geringen Arzneimittel-Interaktionen eignen sich Fumarsäureester auch zur Langzeittherapie und bei komorbiden Patienten. Sowohl für den Arzt als auch für die Patienten wird die Behandlung als sehr praktikabel eingestuft.
Anmerkungen
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Nast A et al.: Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris – Update 2011, http://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien.html
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Ludwig RJ. et al. 2007; British Journal of Dermatology, p271-276
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Reich K.; Dosierung (W 16): 3 Tbl./d
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von Kiedrowski R. et al.; Der Deutsche Dermatologe; 9-2011, Suppl.
Quelle: Mittagsseminar Psoriasis (Biogen Idec): Nationale Versorgungsziele und ihre Umsetzung in der täglichen Praxis am Beispiel der Fumarsäureester, im Rahmen der 23. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie, 25.07.2012, München (tB).