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DGRh 2011 – Methotrexat weiterhin das wichtigste Medikament

Feinjustierung der Dosis rückt in den Fokus

 

München (1. September 2011) – Der Rheumaklassiker Methotrexat (MTX) stellt auch in Zeiten der Biologika weiterhin den Goldstandard in der Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA) dar. Mehr als die Hälfte aller RA-Patienten erhält MTX, davon gut jeder Fünfte in Kombination mit einem anderen DMARD (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drug). MTX ist auch der wichtigste Kombinationspartner von Biologika. Damit ist MTX mit Abstand das am häufigsten angewendete DMARD, wie Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden, bei einem von der Firma medac unterstützten Symposium im Rahmen des diesjährigen DGRh hervorhob. Derzeit richtet sich das Interesse auf eine individuell abgestufte Dosierung, mit dem Ziel, die Wirksamkeit von MTX bei gleichzeitiger Minimierung der Nebenwirkungen zu optimieren.

 

Auf MTX wird in der Praxis heute eigentlich nur verzichtet, wenn gravierende Nebenwirkungen zu erwarten sind, beispielsweise bei deutlich eingeschränkter Nierenfunktion, so Fiehn. Generell lässt sich die Toxizität heute aufgrund der feineren Abstufung der Dosis und durch Umstellen auf die subkutane Gabe in der Mehrzahl der Fälle umgehen bzw. minimieren, wie die klinische Erfahrung zeigt.

 

„Zwischendosierungen erlauben eine optimal angepasste MTX-Therapie und werden im klinischen Alltag vielfach benutzt. Ihr Einsatz ergibt sich auch aus den Therapieempfehlungen zur gewichtsadaptierten Dosierung von MTX,“ bestätigte auch Prof. Dr. Martin Fleck, Bad Abbach, im Rahmen des Symposiums. Letztere ist zunehmend nicht nur mit Blick auf die jüngsten MTX-Anwender – Patienten mit JIA (Juveniler idiopathischer Arthritis) –, sondern auch auf ältere und Patienten mit höherem Gewicht ein Thema. Eine gewichtsadaptierte bzw. auf die Körperoberflache bezogene Dosierung, wie sie in der Kinderrheumatologie üblich ist, könnte demnach bald in die Erwachsenenrheumatologie Einzug halten. Denn es ist u.a. davon auszugehen, dass Patienten mit 90 kg KG unterdosiert sind, wenn sie dieselbe Dosis erhalten wie ein Patient mit 60 kg KG. Derzeit ist eine gewichtsadaptierte MTX-Gabe bei Erwachsenen nur bei der Riesenzellarteriitis und dem kutanen Lupus erythematodes üblich.

 

 

Feindosierung von MTX in 2,5 mg-Schritten

 

In der Praxis kommt der Feineinstellung der individuellen MTX-Dosis laut Fleck in folgenden Situationen Bedeutung zu:

 

  • im Rahmen der Therapieintensivierung bei unzureichender Wirksamkeit,
  • bei der Dosisreduktion im Falle einer langfristigen Remission,
  • bei Patienten mit individuell erhöhtem Nebenwirkungsrisiko,
  • und im Therapiemanagement von Patienten mit Transaminasenerhöhung.

 

Generell wird für die Dosisdeeskalation bei RA-Patienten in Remission oder auch die Feineinstellung der individuell optimalen Dosis eine Dosisabstufung in 2,5 mg-Schritten favorisiert. Eine fundierte Datenlage für diese Vorgehensweise bzw. ein direkter Vergleich unterschiedlicher Dosierungen liegt allerdings noch nicht vor. Es wurde aber in verschiedenen Studienprotokollen bei RA-Patienten eine Dosissteigerung in 2,5- oder 5 mg-Schritten bzw. eine Dosisreduktion nach Remission in 2,5 mg-Schritten pro Woche angewendet. Möglich ist diese Feinabstufung u.a. durch die Einführung von vier weiteren Dosierungen der MTX-Fertigspritze metex® FS geworden (12,5, 17,5, 22,5 und 27,5 mg).

 

Als praktischer Leitfaden für die beste Dosierungsstrategie von MTX bei RA-Patienten können die Empfehlungen der deutschen 3e-Initiative dienen. Danach kann unter Berücksichtigung der folgenden Aspekte eine rasche klinische und radiologische Wirkung erzielt und gleichzeitig die Toxizität minimiert werden (Tarner et al.: Z Rheumatol 2010; 69:250–252):

  1. Es sollte möglichst rasch eine subjektiv tolerierbare und klinisch effektive Dosis erreicht werden.
  2. Bei früher RA sollte vorzugsweise mit einer subkutanen Therapie begonnen werden.
  3. Eine Steigerung der wöchentlichen MTX-Dosis auf über 20 mg kann im Hinblick auf eine verbesserte klinische Wirksamkeit sinnvoll sein.
  4. Höhere Dosierungen, auch die höhere effektive Dosis bei parenteraler Gabe, können mit einer höheren Rate an Nebenwirkungen verbunden sein.

  

Bessere Therapieerfolge bei subkutaner Injektion

 

Neben der klinischen Erfahrung sprechen die Ergebnisse zweier klinischer Studien dafür, dass die subkutane Applikation von MTX den Therapiererfolg verbessert. Zum einen ist die Wirkung aufgrund der besseren Bioverfügbarkeit ausgeprägter, zum anderen das Nebenwirkungsprofil günstiger. So konnten Braun et al. (Arthritis Rheum 2008; 58:73–81) in ihrer Studie zeigen, dass nach 24 Wochen das ACR-Ansprechen von MTX-naiven RA-Patienten bei gleicher Dosis (15 mg), aber subkutaner Gabe signifikant (p < 0.05) besser war als nach oraler Gabe (ACR20: 78 vs. 70%, ACR50: 62 vs. 59% und ACR70: 41 vs. 33%). Obwohl in der Studie überraschend nur eine vergleichbare Verträglichkeit beobachtet wurde, spricht die Praxiserfahrung laut Fleck eindeutig dafür, dass Patienten nach subkutaner Gabe weniger Nebenwirkungen haben.

 

In der Post-hoc-Analyse der CAMERA-Studie an Patienten mit aktiver RA seit weniger als zwölf Monaten und initialer Therapie mit 7,5 mg MTX pro Woche und Therapieintensivierung gemäß Treat-to-Target-Konzept erbrachte das Umstellen von der oralen auf die subkutane MTX-Gabe eindeutig eine besseres Ansprechen gemessen (DAS28-Abfall) nach vier Wochen (Bakker et al.: Ann Rheum Dis 2010; 69:1849–1852).

 

Als Grund für das bessere Ansprechen auf die subkutane MTX-Gabe wird neben der besseren Resorption eine andere Metabolisierung angeführt. Offenbar kommt es zu einer stärkeren Akkumulation von langkettigem, polyglutamiertem MTX, was die intrazelluläre Persistenz von MTX und die Affinität für folatabhängige Enzyme in der Synovia und damit die Wirksamkeit erhöht. Anders als bei einer verstärkten Akkumulation aufgrund einer Dosissteigerung, des erhöhten Lebensalters oder einer reduzierten Clearance geht dies nicht mit einer erhöhten Toxizität einher.  Rauchen oder eine NSAR-Begleittherapie hemmen dagegen die Akkumulation von polyglutamiertem MTX, was die Wirksamkeit reduziert. Auch bei der peroralen Gabe ist die Akkumulation vermindert.

 

 

Personalisierte MTX-Therapie bisher anhand von laborchemischen Markern

 

Mit Blick auf die Vorhersagbarkeit des Therapieerfolges bzw. des Therapieversagens anhand von Markern werden große Hoffnungen in die personalisierte Medizin gesetzt. Die Erfolge des genetischen Mappings sind allerdings bisher eher bescheiden, wie Fiehn erklärte. Nur ein Prädiktor für ein MTX-Versagen konnte bisher anhand von Daten zu gut 300 Patienten mit früher RA aus einem britischen Register ausgemacht werden, und zwar das Vorliegen des so genannten Shared Epitop. Vielversprechend ist laut Fiehn ein Index, der sich aus klinischen und pharmakogenetischen Faktoren zusammensetzt. Seine Aussagekraft wird derzeit im klinischen Alltag überprüft. Bis dahin bleiben die Beachtung von Kontraindikationen, die Dosisanpassung mit dem Ziel der Vermeidung von Toxizität sowie klinische und einfache laborchemische Marker die wichtigsten Faktoren für eine personalisierte Medikamentenauswahl in der Praxis. Wie man inzwischen weiß, ist MTX bei Patienten mit einem niedrigen bis mittelhohen anti-CCP (cyclische citrullinierte Peptide)-Antikörper-Spiegel besonders wirksam. In der PROMPT-Studie an Patienten mit früher undifferenzierter RA lies sich bei ihnen der Übergang zu einer RA durch eine MTX-Monotherapie verhindern und die radiologische Progression abfangen. „Bei hochpositiven Patienten war MTX zwar auch effektiv, aber es bestand ein höheres Risiko dafür, dass es allein nicht ausreicht,“ so Fiehn.

 

Er wies abschließend auf eine eigene Untersuchung hin, die belegt, dass die Röntgenprogression bei Patienten mit RA in der Ära der Biologika parallel zum vermehrten Einsatz von MTX seit Mitte der 1990er Jahre deutlich reduziert wurde. Während Patienten mit Erstvorstellung in den Jahren 1986–1990 nur in 28% der Fälle im Verlauf MTX erhielten und einen Erosionsscore (Ratingenscore) von 5,69 pro Jahr aufwiesen, erhielten zwischen 1997–2005 73% MTX. Parallel dazu fiel der Erosionsscore pro Jahr auf 0,95 (DGRh 2011, Poster RA-05). Die Prognose der RA-Erkrankten ist also mit dem massenhaften Gebrauch dieses Basistherapeutikums besser geworden.

 

 

Leflunomid als Second-line-Option bei MTX-Versagen

 

Wird MTX nicht vertragen, stellt Leflunomid (z.B. Leflunomid medac) eine Second-line-Option in der Therapie von Patienten mit RA dar, wie Prof. Dr. Harald Burkhardt, Frankfurt am Main, sagte. Es weist in der Monotherapie eine vergleichbare Wirksamkeit wie MTX auf (ACR-Response und radiologische Progression). In der Kombination mit TNF-α-Blockern ist es nach Daten des RABBIT-Registers dem MTX vergleichbar, in der Kombination mit Rituximab tendenziell effektiver, so Burkhardt.

 

Auch bei der Psoriasis-Arthritis gilt Leflunomid aufgrund der Evidenz aus kontrollierten Studien als Second-line-DMARD nach MTX-Versagen. Das entspricht auch den Daten des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums (DRFZ) zur ambulanten Versorgung im Jahr 2007, wonach MTX die deutlich präferierte Substanz war.

 


 

Quelle: Symposium „Methotrexat – Neue Chancen für die Therapie“ im Rahmen des 39. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), München, 1. September 2011; Veranstalter: medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH.

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