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DGVS 2007 in Bochum

Jetzt Standard: Add-on-Strategie bei chronischer Hepatitis B

 

Bochum (14. September 2007) ‑ Resistenzvermeidung und der Einsatz von Kombinationsstrategien spielen in der Therapie der chronischen Hepatitis B eine immer wichtigere Rolle, betonten die Experten PD Dr. Thomas Berg, Berlin, und PD Dr. Jörg Petersen, Hamburg, auf dem Symposium „DGVS-Leitlinien für die chronische Hepatitis B ‑ Update 2007", das im Rahmen der 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Bochum stattfand. Wegen seiner Wirksamkeit, seiner guten Verträglichkeit und seiner hohen genetischen Resistenzbarriere ist das Nukleotidanalogon Adefovirdipivoxil (Hepsera®) eine wichtige Option für eine initiale Monotherapie. Die neuen Leitlinien empfehlen Adefovirdipivoxil darüber hinaus als Add-on-Therapie bei Lamivudin‑resistenten Patienten.

 

Wenn es um die Entscheidung geht, ob eine chronische Hepatitis-B-Infektion therapiert werden soll oder nicht, ist seit der Veröffentlichung der neuen DGVS-Leitlinien 2007(2) die Höhe der Viruslast der zentrale Parameter ‑ die Leberwerte haben dagegen an Bedeutung verloren. Ausschlaggebend für das Umdenken waren aktuelle Daten (3,4), die belegen, dass das Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) und andere Komplikationen der chronischen Hepatitis B, wie eine Leberzirrhose, stark mit der Anzahl der Viruskopien im Blut korreliert, betonte PD Dr. Thomas Berg, Charite Berlin.

 

Gemäß der aktuellen Leitlinie sollten Patienten mit einer Virämie von 104 oder mehr Kopien/ml und erhöhten Leberwerten bzw. weiteren Risikofaktoren für ein HCC in jedem Fall therapiert werden ‑ unabhängig von einer Leberbiopsie, so Berg weiter. Ziel der Therapie ist eine zuverlässige und anhaltende Suppression der Virusvermehrung ‑ die Viruslast sollte dauerhaft unter der Nachweisgrenze bleiben.

 

Da Interferon nur in wenigen Fällen indiziert ist, wird in den meisten Fällen die Behandlung mit einem Nukleos(t)idanalogon begonnen. Dieses Regime kann solange die Viruslast bei regelmäßiger Kontrolle unter der Nachweisgrenze bleibt ‑ über Jahre beibehalten werden. Das gut verträgliche Adefovirdipivoxil (Hepsera®) ist besonders für eine initiale Behandlung geeignet, denn sowohl HBeAg-positive (infiziert mit dem Wildtyp des HBV) als auch HBeAg-negative (infiziert mit der Präcore-Mutante des HBV) Patienten profitieren unter Adefovirdipivoxil von steigenden Ansprechraten mit zunehmender Therapiedauer (5,6).

 

Mutationsanfälliges Hepatitis-B-Virus begünstigt Resistenzen

Bei der chronischen Hepatitis B spielen Arzneimittelresistenzen inzwischen eine ähnlich wichtige Rolle wie bei einer HIV-Infektion. Ursachen hierfür sind unter anderem die fehleranfällige viruseigene Polymerase und die extrem hohe Zahl an Viruskopien, die täglich gebildet werden, was zu einer Vielzahl präexistierender Genommutationen (Quasispezies) führt.

 

Virusmutanten, die gegen eine bestimmte antivirale Substanz resistent sind, können aufgrund des Selektionsdrucks unter der Behandlung mit diesem Arzneimittel stärker replizieren. Wird in dieser Situation das Therapieregime unverändert beibehalten, kommt es zu einem Wiederanstieg der Viruslast, dem virologischen Versagen und zum Fortschreiten der Erkrankung, erläuterte PD Dr. Jörg Petersen, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

 

Adefovirdipivoxil: Hohe Resistenzbarriere

Besonders häufig sind Resistenzen gegen das Nukleosidanalogon Lamivudin: Hier sprechen nach fünf Jahren fast 80 Prozent der Patienten nicht mehr auf die Therapie an(7,8). Unter der Behandlung mit Adefovirdipivoxil sind Resistenzen dagegen vergleichsweise selten. Hier profitierten auch nach fünf Jahren immer noch 70 Prozent der Patienten von einer anhaltenden Verbesserung ihrer Leberfibrose(9),

 

Die langfristige Resistenzentwicklung unter den neueren Nukleos(t)idanaloga wie Telbivudin oder Entecavir kann aufgrund der Datenlage derzeit nur schwer beurteilt werden, so Petersen, doch auch hier zeichnen sich nennenswerte Resistenzraten ab. So sind unter Telbivudin im zweiten Jahr bereits 18 Prozent der HBeAg-positiven Patienten resistent(10).

 

Add‑on statt sequenzieller Monotherapie

Auf das Thema Resistenzentwicklung in der Therapie der chronischen Hepatitis B wird auch in der aktuellen Leitlinie detailliert eingegangen. So soll für den Fall, dass mit der initialen Monotherapie keine komplette Suppression der Virusvermehrung erreicht werden kann, auf einen Wechsel von einer Monotherapie zu einer anderen verzichtet werden, da dieses Vorgehen die Selektion überlappender Resistenzen gegen verschiedene Substanzen begünstigt. Stattdessen wird heute ein zusätzliches Virostatikum verabreicht (Add-on-Strategie). Dabei werden Substanzen kombiniert, die unterschiedliche Resistenzprofile aufweisen oder die aus verschiedenen Wirkstoffklassen stammen, unterstrich Petersen. Gemäß der aktuellen DGVS-Leitlinie sollte bei einer Lamivudin-Resistenz möglichst frühzeitig zusätzlich Adefovirdipivoxil verabreicht werden.

 

Studiendaten unterstützen diese neue Strategie: So trat in einer aktuellen Untersuchung von Lampertico et al. nach Addition von Adefovirdipivoxil zu einer fortlaufenden Lamivudin‑Therapie im Laufe von drei Jahren keine Resistenz gegen Adefovirdipivoxil auf (0 Prozent in 3 Jahren). Je früher im Verlauf einer Lamivudin-Resistenzentstehung Adefovirdipivoxii addiert wurde, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass die Viruslast erneut rasch unter die Nachweisgrenze sank(11,12).

 

Quellen

 

  1. Satelliten‑Symposium „DGVS-Leitlinien für die Chronische Hepatitis B ‑ Update 2007" anlässlich der 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs‑ und Stoffwechselkrankheiten, 14. September 2007 in Bochum.
  2. Cornberg M et al. Z Gastroenterol 2007; 45: 1‑50
  3. Chen CJ et al. JAMA 2006; 295: 65‑73
  4. Iloeje Gastroenterology 2006; 130: 678‑686
  5. Marcellin et al. N Engl J Med 2003; 348; 808‑816
  6. Marcellin et al. Hepatology 2004; 40 (Suppl. 1), 655 A: 1135
  7. Lai et al. Clin Inf Dis 2003
  8. Man Fun Yuen et al. Hepatology 2005; 42, Suppl. 1, 583A: 985
  9. Hadzyannis et al. Hepatology 2005 (Suppl. 2); LB 14
  10. DiBisceglie A et al. Hepatology 2006; 44 (Suppl. 1): 230A
  11. Lampertico P et al. Hepatology 2005; Vol 42, No. 6
  12. Lampertico P et al. Hepatology 2006; 44 (Suppl. 2): 38


Quelle: Satelliten-Symposium der Firma Gilead Sciences zum Thema „DGVS-Leitlinien für die Chronische Hepatitis B ‑ Update 2007", anlässlich der 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) am 14. September 2007 in Bochum (3K-Agentur für Kommunikation).

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