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Depression entschlossen behandeln – aber wie?
Dr. med. Michael Enzl
Wiesbaden (30. April 2011) – Depressionen im höheren Lebensalter werden zu selten diagnostiziert und häufig nicht aus-reichend behandelt. Dabei ist das Alter als solches, mit seinen zahlreichen körperlichen Erkrankungen, der Vielzahl der verordneten Medikation und der sozialen Isolation, schon ein begünstigender Faktor zur Entwicklung depressiver Verstimmungen. Liegt die durchschnittliche Häufigkeit depressiver Erkrankungen in der Bevölkerung bei fünf Prozent, müssen wir mit steigendem Lebensalter von deutlich höheren Zahlen ausgehen. Bedingt durch körperliche Gebrechen, Isolation, Einsamkeit, Immobilität und Statusverlust ist das Risiko für die Entwicklung einer Depression im Alter erhöht. Dass die Depression im Alter häufig nicht erkannt wird, liegt nicht allein in der Angst des älteren Menschen vor psychischen Erkrankungen begründet. Auch die Symptome der Altersdepression unterscheiden sich von denen in jüngeren Jahren. So klagt der ältere Patient eher über wechselnde körperliche Beschwerden und verneint auf Nachfragen Traurigkeit oder Resignation.
Die Depression ist eine häufige Begleiterkrankung der Demenz
Eine besondere Schwierigkeit besteht darin, depressive Störungen von beginnenden Demenzerkrankungen abzugrenzen oder sie bei bestehender Demenz zu diagnostizieren, da die Angaben des Patienten häufig nicht mehr wegweisend sind. Unerkannte depressive Störungen führen häufig zu einer Verlängerung von Krankenhausaufenthalten oder zu einer verzögerten Genesung. Auch das Suizidrisiko ist insbesondere bei älteren Menschen mit Depressionen deutlich erhöht.
Depressive Störungen haben einen erheblichen Einfluss auf den Genesungsprozess von körperlichen Erkrankungen. Der Rehabilitationsprozess nach Schlaganfällen oder Herzinfarkten ist bei gleichzeitig bestehender Depression verzögert, das Risiko, einen erneuten Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, ist erhöht. Immerhin leiden bis zu ein Drittel aller Patienten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall unter schweren depressiven Symptomen, die aber wegen der schweren körperlichen Symptome oft unerkannt bleiben. Auch bei Morbus Parkinson (bis zu 50 %) und der Alzheimer-Demenz (bis zu 25 %) ist das Risiko depressiver Störungen deutlich erhöht.
Die Behandlung depressiver Störungen im Alter bedarf einer besonderen Umsichtigkeit. Aufgrund der meist begleitenden körperlichen Erkrankungen und der bereits vorhandenen vielfältigen Medikation kann es eher zum Auftreten medikamentöser Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten kommen als bei jüngeren Menschen. Die Gruppe der neueren Antidepressiva stellt für den älteren, mehrfach erkrankten Menschen ausgezeichnete Behandlungsmöglichkeiten bereit.
Die Depression im Alter darf keinesfalls unbehandelt bleiben. Es besteht eine ebenso gute Prognose wie die Behandlung der Depression im jüngeren Lebensalter. Eine besondere Beachtung bedarf allerdings die soziale Situation und Biografie sowie auch die Beobachtung zugrunde liegender körperlicher Beeinträchtigungen. Hierzu zählen insbesondere die Gefahren der Sedierung mit dem Risiko von Stürzen und Gangunsicherheit, die Gefahr der anticholinergen Nebenwirkungen mit Sehstörungen, Obstipation und Verschlechterung der kognitiven Funktionen bis hin zum Delirium. Als besonders gut wirksam und verträglich haben sich die modernen Antidepressiva, insbesondere die SSRI (Serotonin- Wiederaufnahmehemmer), gezeigt. Dabei handelt es sich bei den SSRI um eine sehr inhomogene Gruppe mit erheblichen Unterschieden hinsichtlich Verträglichkeit und Interaktionen, wobei dem Escitalopram hier durch seine gute Verträglichkeit und Wirksamkeit eine hervorzuhebende Rolle zukommt. Da im Alter auf Grund des erhöhten Rezidivrisikos oft eine längerfristige Einnahme über Jahre erforderlich ist, ist gerade hier auf ein geringes Nebenwirkungsspektrum zu achten.
Zur Behandlung der Depression gehört weitaus mehr, als die Einnahme von Medikamenten, die für sich allein gesehen niemals Lebenszufriedenheit erzielen können. Aktive Teilnahme am Leben bis ins hohe Alter, Bewegung, Spaziergänge, Sport, Theater- und Konzertbesuche, Freundeskreise pflegen und weiterhin für sich und andere Verantwortung zu übernehmen, sind wichtige Voraussetzungen für ein erfülltes Leben bis ins hohe Alter und der beste Schutz, um Einsamkeit und Depression entgegenzuwirken.
Autor
Dr. med. Michael Enzl
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am Alexianer-Krankenhaus, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Münster
Quelle: Symposium der Firma Lundbeckauf dem 117. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zum Thema „Demenz und Depression: „Der Blick voraus – Wie viel Psychiatrie braucht der Hausarzt?“ am 30.04.2011 in Wiesbaden (Hering Schuppener Healthcare) (tB).