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Epoetin beta
10 Jahre Anämietherapie bei onkologischen Patienten
Eltville‑Erbach (23. August 2007) ‑ Vor 10 Jahren, im Juli 1997, wurde Epoetin beta (NeoRecormon®) zur Anämietherapie onkologischer Patienten zugelassen. Seither hat sich das rekombinante humane Erythropoietin bei mehr als 750.000 Patienten mit Tumorerkrankungen bewährt. Heute wird Epoetin beta zur Behandlung der symptomatischen Anämie (Hb </= 11 g/dl) bei erwachsenen Patienten mit nicht‑myeloischen malignen Erkrankungen eingesetzt, die eine Chemotherapie erhalten. Empfohlen wird die Gabe von 30.000 IE/Woche, einmal wöchentlich subkutan verabreicht. Verschiedene Experten ziehen auf der Jubiläums‑Pressekonferenz nun ein Resümee.
Eine Anämie bei Krebspatienten ist häufiger als vermutet: Bis zu 97 % der Patienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, sind betroffen (1). Dennoch erhalten mehr als 60 % der Betroffenen keine Therapie, da die Folgen der Anämie insbesondere die eingeschränkte Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit ‑ von den behandelnden Ärzten nach wie vor erheblich unterschätzt werden.
Eine für den Betroffenen täglich spürbare Auswirkung der Anämie ist die chronische Erschöpfung (Fatigue). Konkret bedeutet dies, so PD Dr. med. Jens Ulrich Rüffer, Köln, dass der Betroffene es als sehr mühsam empfindet, auch nur kurze Strecken zu gehen oder Treppen zu steigen. Dadurch, dass auch der Schlaf als nicht erholsam empfunden wird, empfinden viele keine Lebensfreude mehr und ziehen sich aus dem sozialen Umfeld zurück. Alltagsleben und Arbeitsfähigkeit der Betroffenen sind somit deutlich beeinträchtigt. Verglichen mit anderen Krebs(therapie)‑assoziierten Symptomen wie Übelkeit, Depression oder Schmerzen wurde die Fatigue von den Patienten als das belastendste Problem empfunden (2). Für 9 von 10 Krebspatienten ist die Behandlung der Fatigue deshalb besonders wichtig (3).
Epoetin beta ‑ wirksame Bekämpfung der Fatigue
Dass durch eine Korrektur der Anämie die Fatigue zurückgeht und die Lebensqualität der Patienten verbessert wird, ist in zahlreichen klinischen Studien belegt. Wie Prof. Dr. med. Wolfram Brugger, Villingen‑Schwenningen, ausführte, kann die Fatigue unter einer Epoetin beta‑Therapie gelindert werden: Der Patient hat mehr Energie, und die Fähigkeit, einfache Alltagsaktivitäten wieder auszuüben, steigt in signifikanter Weise an (p<0,001) (4). Innerhalb der ersten 4 Wochen beträgt der durchschnittliche Anstieg des Hämoglobin‑(Hb)‑Wertes etwa 1,0 bis 1,2 g/dl. Dies gilt unabhängig von der Art der gleichzeitig verabreichten Chemotherapie (5). Der größte Zuwachs an Lebensqualität wird erzielt, wenn der Hb‑Wert von 11 auf 12 g/dl angehoben wird (6). Dieses Studienergebnis steht in Einklang mit den Therapieempfehlungen der EORTC‑Leitlinien (European Organisation for Research and Treatment of Cancer), wonach bei einem Hb‑Wert von 9 bis 11 g/dl mit der ESA‑Therapie (ESA = Erythropoiese‑stimulierende Agenzien wie Epoetin beta) bei symptomatischen Patienten unter Chemotherapie begonnen und ein Zielwert von 12 g/dl erreicht werden soll (7). Das Hauptziel der ESA‑Gabe wird in den Leitlinien ebenfalls genannt. Es besteht darin, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und Transfusionen zu vermeiden.
Aktuelle Studien mit Epoetin beta bestätigen die hohe Wirksamkeit und Sicherheit dieser bewährten Substanz. In der randomisierten BRAVE‑Studie, in der chemotherapierte Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom einmal wöchentlich 30.000 IE Epoetin beta erhielten, wurde die Anämie effektiv korrigiert (8). In der NAUTICA‑Studie erhielten knapp 700 Patienten mit soliden oder hämatologischen Tumoren 30.000 IE Epoetin beta einmal wöchentlich. Hierunter stieg der Hb‑Wert von im Durchschnitt 10,1 auf 12,0 g/dl an (9). In einer Studie bei chemotherapierten Lungenkrebspatienten konnten durch die einmal wöchentliche Gabe von 30.000 IE Epoetin beta Transfusionen in 95 % der Fälle komplett vermieden werden (10).
Original versus „Biosimilars"
Ein biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel wie NeoRecormon® durchläuft einen sehr komplexen Herstellungsprozess, der ständig überwacht werden muss. Dieser Prozess, so Dr. rer. nat. Anton Haselbeck, Penzberg, ist nicht kopierbar, „Biogenerika" kann es deshalb nicht geben. Bestenfalls ist Ähnlichkeit zu erreichen, weshalb man den Begriff „Biosimilars" geprägt hat. Ein „Biosimilar" eines anderen Herstellers mag dieselbe Gensequenz aufweisen, bereits der daraus geklonte DNAVektor ist aber wahrscheinlich verschieden. Auch die rekombinante Produktions‑Zell‑Linie, der Fermentierungs‑ und Reinigungsprozesse sowie die galenische Formulierung sind verschieden. Die Wirksamkeit und Sicherheit eines solchen „Biosimilars" kann mit analytischen Methoden nicht vorhergesagt werden.
Epoetin beta ist seit mittlerweile 10 Jahren für die Behandlung der Anämie bei onkologischen Patienten zugelassen und hat in der klinischen Anwendung seine hohe Wirksamkeit und Sicherheit unter Beweis gestellt. Eine groß angelegte Metaanalyse, in die die Daten von 9 randomisierten, kontrollierten Epoetin beta‑Studien mit 1.413 Patienten mit soliden oder nicht‑myeloischen hämatologischen Malignomen eingingen, bestätigen das günstige Sicherheitsprofil dieser Substanz (11).
Quellenangaben
(1) Groopman JE et al., J Natl Cancer Inst 1999;91:1616‑34
(2) Curt GA et al., Oncologist 2000; 5: 353‑60
(3) Vogelzang et al., Semin Hematol 1997; 34(3Suppl2): 4‑12
(4) de Castro et al., Cancer Chemother Pharmacol 2007; 59: 35‑62
(5) Boogaerts et al., Anticancer Res 2006; 26: 479‑484
(6) Crawford et al., Cancer 2002; 95: 888‑895
(7) Bokemeyer C et al., Eur J Cancer 2007; 43: 258‑70
(8) Aapro et al., Breast Cancer Res Treat 2006; 100(Suppl 1): Abstract 6095
(9) Spaeth et al., Ann Oncol 2006; 17(Suppl9):Abstract 1020P
(10) Pirker et al., Lung Cancer 2007; 55: 88‑94 (11) Aapro et al., Br J Cancer 2006; 95: 1467‑73