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Erlotinib beim Pankreaskarzinom

Hautausschlag: Prädiktiver Marker für ein längeres Überleben

 

Köln (25. Juni 2009) – Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom, die bei einer Behandlung mit dem Tyrosinkinasehemmer Erlotinib (Tarceva®) einen Hautausschlag entwickeln, leben im Median signifikant länger als Patienten ohne Hautausschlag. Dies bestätigt eine beim ASCO-Kongress 2009 vorgestellte Analyse der AViTA-Studie.

 

Zur Behandlung des Pankreaskarzinoms wurden in den vergangenen Jahren viele Studien durchgeführt, bei denen eine Gemcitabin-Monotherapie mit einer Kombination aus Gemcitabin plus einer weiteren Substanz verglichen wurde. Alle Studien waren jedoch negativ. Lediglich die Kombination Gemcitabin plus Erlotinib in der PA.3-Studie führte zu einer Senkung des Sterberisikos um 18 % (p = 0,038) im Vergleich zur Monotherapie mit Gemcitabin (1). Aufgrund dieser Studienergebnisse wurde Erlotinib in Kombination mit Gemcitabin für die Erstlinientherapie des metastasierten Pankreaskarzinoms zugelassen.

 

In der PA.3-Studie zeigte sich bereits die Bedeutung der durch Erlotinib induzierten Hautreaktion (Rash) als prädiktiver Marker für ein längeres Überleben. Das Gesamtüberleben von Patienten mit einem Hautausschlag Schweregrad > 1 war deutlich verlängert, nämlich von 5,3 (Patienten ohne Hautausschlag) auf 10,5 Monate (p < 0,0001) (2).

 

AViTA-Studie: Rash prädiktiv für Therapieansprechen

In der internationalen, Plazebo-kontrollierten AViTA-Studie, einer Phase-III-Studie bei Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom, wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Kombination aus Gemcitabin und Erlotinib ohne (n = 301) oder mit Bevacizumab (n = 306) verglichen. Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS), sekundäre Endpunkte waren unter anderem das progressionsfreie Überleben (PFS), die Ansprechraten und die Verträglichkeit. In einer exploratorischen Analyse wurde der Zusammenhang zwischen dem Auftreten und der Stärke eines Hautausschlags mit dem Gesamtüberleben, dem PFS, dem Ansprechen und der Krankheitskontrolle untersucht. Die zusätzliche Gabe des Angiogenesehemmers Bevacizumab führte im Trend zu einem besseren Gesamtüberleben (Hazard-Ratio [HR] 0,89, p = 0,21; Median 7,1 Monate vs. 6,0 Monate für GE-P). Das PFS wurde durch Bevacizumab signifikant verlängert (HR 0,73, p = 0,0002) (3).

 

Verslype et al. (4) präsentierten beim ASCO 2009 Daten, die den Zusammenhang zwischen Hautausschlag durch Erlotinib und Therapieansprechen verdeutlichen. Ein Hautausschlag wurde nach durchschnittlich 16 Tagen bei 62 % der Patienten in der Gemcitabin/Erlotinib-Gruppe (GE-P) und nach durchschnittlich 14 Tagen bei 73 % der Patienten beobachtet, die Bevacizumab plus Gemcitabin und Erlotinib (GE-B) erhielten. Einen Hautausschlag Schweregrad 1 zeigten 56,7 % der Patienten der GE-P-Gruppe und 51,2 % der GE-B-Gruppe. Ein Schweregrad ≥ 2 wurde bei 43,3 % der Patienten in der GE-P- und bei 48,8 % der Patienten in der GE-B-Gruppe beobachtet.

 

Von Erlotinib profitierten alle Patienten mit einem Hautausschlag jeden Schweregrads unabhängig davon, ob sie zusätzlich Bevacizumab erhalten hatten oder nicht. So lag das mediane Gesamtüberleben der Patienten ohne Hautausschlag bei Behandlung mit Gemcitabin/Erlotinib ± Bevacizumab bei 4,8 Monaten, mit Hautausschlag jeden Schweregrads jedoch bei 8,0 Monaten (HR = 0,54 [0,44-0,65], p < 0,0001). Auch das PFS der Patienten mit Hautausschlag war signifikant länger (2,5 vs. 4,6 Monate, HR = 0,53, p < 0,0001). Da der Hautauschlag bei rund zwei Dritteln der Patienten in der Studie auftrat, dürften auch rund zwei Drittel der Patienten von der Erlotinib-Einnahme profitieren (4).

 

Diese Ergebnisse der AViTA-Studie bestätigen die Empfehlung, Patienten mit einem metastasierten Pankreaskarzinom zunächst mit der Kombination Gemcitabin/Erlotinib zu behandeln. Wenn nach vier bis acht Wochen ein Hautausschlag aufgetreten war, sollte diese Kombinationstherapie weitergeführt werden.

 

In der Phase-III-Studie RACHEL wird derzeit untersucht, ob bei Patienten, bei denen innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Behandlung mit Gemcitabin/Erlotinib kein Hautausschlag oder nur Hautausschlag der Stufe 1 auftritt, die Gesamtüberlebenszeit durch Erhöhung der Erlotinib-Dosis verlängert werden kann.

 

Niedriger CRP-Wert vorteilhaft?

Weiterhin konnte in der AViTA-Studie gezeigt werden, dass ein Hautausschlag häufiger auftrat, wenn die Patienten einen niedrigen Ausgangswert an C-reaktivem Protein (CRP) aufwiesen oder Nichtraucher waren. Bei Patienten mit niedrigem CRP-Ausgangswert war das Gesamtüberleben signifikant besser (HR = 0,38 [0,29-0,40], p < 0,0001), während sich zwischen Raucherstatus und Überlebensrate kein Zusammenhang erkennen ließ. Diese Daten müssen allerdings noch prospektiv untersucht werden.

 

Verträglichkeit der höheren Erlotinib-Dosis

Voraussetzung für die Dosiserhöhung ist eine ausreichende Verträglichkeit. Heinemann et al. stellten Zwischenergebnisse der Sicherheitsanalyse einer Phase-III-Studie vor, in der 281 Patienten randomisiert mit Capecitabin plus Erlotinib (150 mg/Tag) gefolgt von Gemcitabin als Zweitlinientherapie oder mit Gemcitabin plus Erlotinib (150 mg/Tag) gefolgt von Capecitabin als Zweitlinientherapie behandelt werden. Die Daten der bislang 127 analysierten Patienten zeigten, dass der Tyrosinkinasehemmer in der Dosierung von 150 mg/Tag in Kombination mit Gemcitabin und mit Capecitabin bei weniger als 15 % der Patienten zu hämatologischen Toxizitäten Grad 3/4 führte. Schwere Durchfälle traten bei 7 bzw. 9 % (Capecitabin-Arm) der Patienten auf, schwere Hautreaktionen bei 4 bzw. 12 %. Die Autoren zogen die Schlussfolgerung, dass Erlotinib 150 mg/Tag in Kombination mit Gemcitabin oder Capecitabin unter Verträglichkeitsaspekten bei Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom eingesetzt werden kann (5).

 

 

Quellen

 

Berlin J. Pancreas and hepatocellular cancers. American Society of Clinical Oncology. Orlando: ASCO 2009.

Moore MJ et al., J Clin Oncol. 2007;25(15):1960–6.

Van Cutsem E et al., J Clin Oncol. 2009;27(13):2231–7

Verslype C et al., J Clin Oncol. 2009; 27(7s):Abstr. 4532.

Heinemann V et al., J Clin Oncol. 2009; 27(15s):Abstr. 4604.

 

 

 

Download

 

Längeres Überleben beim metastasierten Pankreaskarzinom – Rash zeigt, dass Erlotinib wirkt

basistext_pankreas-ca.pdf basistext_pankreas-ca.pdf (28.25 KB)

 

 

Daten und Fakten

 

Pankreaskarzinom factsheet_pankreaskarzinom.pdf factsheet_pankreaskarzinom.pdf (34.90 KB)
Erlotinib (Tarceva®) beim metastasierten Pankreaskarzinom factsheet_pankreas-ca.pdf factsheet_pankreas-ca.pdf (28.52 KB)

 


 

Quelle: Pressekonferenz der Firma Roche Pharma zum Thema „Post-ASCO 2009 – Fortschritte in der Krebstherapie : Wo stehen wir ?“ am 25.06.2009 in Köln (medical relations).

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