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Fatigue bei Tumorpatienten
Wenn der Alltag zur Qual wird
Von PD Dr. med. Jens Ulrich Rüffer
Was ist Fatigue?
Eltville-Erbach (23. August 2007) – Fatigue, ein Begriff des französischen und englischen Sprachgebrauchs, bedeutet Müdigkeit und Erschöpfung. Innerhalb der Medizin kennen wir unterschiedliche Krankheitsbilder, die mit Müdigkeit einhergehen, vor allem chronische Erkrankungen. Um Missverständnisse und falsche Zuordnungen zu vermeiden, ist daher eine möglichst exakte Definition der Fatigue‑Erkrankung notwendig. Da die Ursache der krebsbedingten Fatigue nicht in allen Einzelheiten geklärt ist, kann ihre Eingrenzung nur durch eine exakte Beschreibung der auftretenden Symptome erfolgen. Fatigue stellt eine krankhafte Ermüdung dar, die vom Patienten mehr als unangenehm empfunden wird. Die Erschöpfung lässt sich durch normale Erholungsmechanismen nicht beheben. Auch Schlaf führt nicht zur Regeneration. Fatigue lässt sich nicht auf eine Ursache reduzieren, man spricht von einem multifaktoriellen oder auch multikausalem Geschehen. Als Ursachen kommen unter anderem in Frage:
-
Tumorerkrankung
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Therapie der Tumorerkrankung
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Anämie
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Begleiterkrankungen
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immunologische Prozesse
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Depression (?)
Nach einem Vorschlag der amerikanischen Fatigue Coalition zur Diagnose von Fatigue müssen mindestens sechs der folgenden elf Symptome zutreffen, um Fatigue zu diagnostizieren:
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Müdigkeit, Energiemangel oder unverhältnismäßig gesteigertes Ruhebedürfnis
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Gefühl der generalisierten Schwäche oder Gliederschwere
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Konzentrationsstörungen
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Mangel an Motivation oder Interesse, den normalen Altersaktivitäten nachzugehen
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Gestörtes Schlafmuster (Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafbedürfnis)
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Erleben des Schlafs als wenig erholsam
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Gefühl, sich zu jeder Aktivität zwingen zu müssen
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Ausgeprägte emotionale Reaktion auf die empfundene Erschöpfung (z. B. Niedergeschlagenheit, Frustration, Reizbarkeit)
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Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags
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Störungen des Kurzzeitgedächtnisses
-
Nach körperlicher Anstrengung mehrere Stunden andauerndes Unwohlsein
Ziel zukünftiger Anstrengungen wird es sein, Fragebögen zu entwickeln, die Fatigue in seiner komplexen Form noch zuverlässiger erfassen.
Krebstherapie und Fatigue
Der Tumor und die Tumortherapie sind verantwortlich für die Entstehung der akuten Fatigue.
Abgeschlagenheit und ein Leistungsabfall können Anzeichen einer Tumorerkrankung sein. In Einzelfällen können diese Symptome schon Monaten vor der Diagnose auftreten. Ursache hierfür sind unterschiedliche, durch den Tumor bedingte Veränderungen. Biologisch sehr aktive Tumore bilden darüber hinaus Botenstoffe, die Stoffwechselprozesse des Körpers empfindlich stören können. So wird häufig die Blutbildung beeinträchtigt, und es kommt zur Anämie (Mangel an Erythrozyten), die wiederum zu einer krankhaften Erschöpfung führt.
Doch auch die Behandlung des Tumors kann Fatigue verursachen. Durch Hemmung der Blutbildung entsteht eine reduzierte Abwehrbereitschaft des Körpers (Leukopenie), eine erhöhte Blutungsgefahr (fhrombopenie) und längerfristig eben auch eine Blutarmut (Anämie).
Anämie: Eine der Hauptursachen der Fatigue
Die Anämie oder Blutarmut ist eine der wesentlichen Ursachen für das Auftreten der akuten Fatigue. Chemo‑ und Strahlentherapie beeinträchtigen, ähnlich wie der Tumor, den Prozess der Blutbildung. Das führt längerfristig zur Anämie ‑ einer Armut an roten Blutkörperchen oder auch Erythrozyten, die vornehmlich in den Becken‑ und großen Röhrenknochen produziert werden.
Die Aufgabe der Erythrozyten im Blut ist der Sauerstofftransport. Sauerstoff wird aus der Atemluft in der Lunge auf die Erythrozyten übertragen. Über den Blutkreislauf wird so der gesamte Körper mit Sauerstoff versorgt. Je weniger rote Blutkörperchen vorhanden sind, desto schlechter ist die Sauerstoffversorgung der Organe.
Die Produktion der roten Blutkörperchen im Knochenmark wird durch Erythropoietin stimuliert. Dieses Hormon wird bei gesunden Menschen von den Nieren ausgeschüttet.
Sowohl der Tumor als auch die Chemotherapie können zu einem Mangel an Erythropoietin führen und damit die Blutbildung empfindlich stören. Die Folge ist eine individuell unterschiedlich ausgeprägte Anämie, die durch den fortwährenden Sauerstoffmangel den gesamten Organismus nachhaltig schwächt.
Liegt eine Anämie vor, dann kann entweder durch Gabe von Blutprodukten (Erythrozytenkonzentrate) oder durch Gabe von Erythropoietin versucht werden, dieser entgegenzuwirken. Die Bluttransfusion ist einerseits mit verschiedenen Infektions‑ und Unverträglichkeitsrisiken verbunden, kann andererseits aber kurzfristig immer eine akute Anämie beheben. Dagegen ist die Gabe von Erythropoietin wesentlich risikoärmer und sorgt für konstante Hb‑Werte. Mit einer Ansprechrate von 93 Prozent kann die EPOTherapie bei den meisten Patienten eingesetzt werden. Unabhängig von der Methode, durch die eine Blutarmut behoben wird, bessert eine Anhebung der mit den Erythrozyten einhergehenden Hämoglobinwerte (roter Blutfarbstoff) sowohl die Leistungsfähigkeit als auch die Lebensqualität des Patienten. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass das nicht nur für schwere, sondern auch schon für leichtgradige Anämien gilt. Darüber hinaus geht eine Blutarmut bei verschiedenen Erkrankungen auch mit einer schlechteren Prognose für den Verlauf einher. Ob allerdings die Behebung dieser Anämie die Prognose bessert, muss noch untersucht werden.
Fatigue und Beruf
Fatigue hat einen starken Einfluss auf das Berufsleben der Betroffenen. Die Reintegration nach überstandener Krebserkrankung wird verzögert. Die Betroffenen sind nicht in der Lage, wie andere Krebspatienten die Arbeit wieder in vollem Umfang aufzunehmen. Grundsätzlich sollte eine Überforderung des Patienten bei Wiedereinstieg in den Beruf verhindert werden. Das Erleben einer dauernden Überforderung erzeugt eine immer wiederkehrende Frustation, die schnell in Resignation münden kann.
Quelle: Presseveranstaltung der Firma Roche Pharma zum Thema “10 Jahre NeoRecormon® in der Onkologie – bewährt in der Therapie tumorbedingter Anämie” am 23.08.2007 in Eltville-Erbach (medical relations).