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Empfehlung für die Kombinationstherapie mit Tarceva® – S3-Leitlinie "Exokrines Pankreaskarzinom"
Hautausschlag: Nebenwirkung mit zwei Gesichtern
Von Prof. Dr. med. Axel Hauschild
München (20. Mai 2008) – Die Verwendung des niedermolekularen Inhibitors der Tyrosinkinase des humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors 1 / epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (HER1/EGFR), Erlotinib (Tarceva®), hat sich mittlerweile als Standard beim Pankreaskarzinom in der Kombinationstherapie mit Gemcitabin etabliert. Die Verträglichkeit von Erlotinib wird generell als „gut“ angesehen, lediglich Diarrhöen und Hautreaktionen (Rash) vor allem der Schweregrade 1 und 2 werden bei der Hälfte bzw. 75% aller behandelten Patienten beobachtet. Diese Nebenwirkungen können bei der Kombinationstherapie mit Gemcitabin eindeutig Erlotinib zugeordnet werden, da sie bei der Kombination von Gemcitabin und einem oralen Plazebo signifikant weniger häufig beobachtet werden.
In der PA.3-Studie korrelierten die Schweregrade der Hautreaktionen mit der medianen Überlebenszeit sowie der 1-Jahres-Überlebensrate [1]. Hierbei zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten mit fehlendem Rash und einem Rash Grad 1. Bei Patienten ohne Rash (n=79) lag die mediane Überlebenszeit bei 5,29 Monaten und die 1-Jahres-Überlebensrate bei 16%. Bei Patienten mit einem Rash Grad 1 (n=108) betrug die mediane Überlebenszeit 5,75 Monate und die 1-JahresÜberlebensrate 11%. Lediglich ein schwererer Rash vom Grad 2 oder mehr (n=103) korrelierte mit einer deutlich verlängerten medianen Überlebenszeit von 10,51 Monaten und einer 1-Jahres-Überlebensrate von 43%. Die Hazard Ratio (HR) dieses statistischen Vergleichs lag bei 0,71, der p-Wert bei < 0,0001.
2007 publizierten Wacker und Mitarbeiter eine gepoolte Analyse von 1.172 Patienten aus den randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase III-Studien zu Erlotinib beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) und beim Pankreaskarzinom [2]. Hierbei gingen wiederum die Ergebnisse der beiden zulassungsrelevanten Studien (PA.3 zum Pankreaskarzinom / BR.21 zum NSCLC) ein. Das Ziel der Untersuchung war, die Korrelation von Hautreaktionen und klinischen Ergebnissen der Therapie zu evaluieren. Im Gegensatz zur PA.3-Studie zeigte sich in der BR.21-Studie auch eine Korrelation des Auftretens von Hautnebenwirkungen und dem Gesamtüberleben für den Schweregrad 1 im Vergleich zu fehlenden kutanen Nebenwirkungen (HR 0,41; p = 0,001) und für Nebenwirkungen ≥ Grad 2 (HR 0,29; p < 0,01). Eine ähnliche Korrelation konnte für das progressionsfreie Überleben gezeigt werden. Auch die Krankheitskontrollrate schien mit Inzidenz und Schweregrad der Hautreaktion zu korrelieren.
Diese Studienergebnisse sind insofern von Bedeutung, da möglicherweise ein Surrogatmarker für ein Therapieansprechen gefunden wurde. Es könnten somit gerade die Patienten besonders von der Therapie mit Erlotinib profitieren, die am meisten unter den Hautreaktionen leiden, was wiederum die Frage aufwirft, wie das optimale Management des Rash aussehen sollte.
Pathogenetisch ist bis heute noch unklar, welche Patienten für die Hautreaktionen prädisponiert sind. Der epidermale Wachstumsfaktor (EGF) ist bekanntermaßen wichtig für die Physiologie der Haut, Schleimhaut und der Adnexen wie z. B. der Haare. Kutane Nebenwirkungen treten im Allgemeinen 2-20 Tage nach Beginn einer Erlotinib-Therapie schleichend auf. Nach Absetzen der Therapie klingen sie spontan ohne jede weitere Therapie ab. Die Nebenwirkungen imitieren eine Akne vulgaris oder Rosazea hinsichtlich des klinischen Bildes, pathogenetisch liegen jedoch differente Krankheitsbilder vor.
Zu den allgemeinen Maßnahmen bei der Behandlung von Hautreaktionen unter EGFRAntagonisten gehören die regelmäßige und konsequente Hautpflege mit rückfettenden Präparaten sowie die Vermeidung von Irritationen der Haut. Im Vordergrund der therapeutischen Bemühungen steht der Juckreiz (Pruritus), der im Allgemeinen leicht dermatologisch zu behandeln ist. Lediglich schwere Fälle bedürfen einer Therapie mit sedierenden Antihistaminika, ansonsten lassen sich Polidocanol-haltige Externa verwenden. Beim Auftreten von Rhagaden insbesondere an den akralen Lokalisationen ohne entzündliche Zeichen reichen rückfettende Maßnahmen der Haut aus, nur bei ekzematösen Veränderungen sollten Glukokortikosteroid-haltige Externa eingesetzt werden.
Die für Erlotinib typischen papulopustulösen Hautveränderungen im Gesicht- und Dekolletébereich („akneiformes Exanthem“) können mit Metronidazol-haltigem Gel im Allgemeinen gut behandelt werden. Bei schwereren Formen sollte eine Kombinationstherapie mit Glukokortikosteroid-haltigen Externa durchgeführt und auch eine systemische Metronidazol-Therapie diskutiert werden.
Das Auftreten von Paronychien unter EGFR-Inhibitoren ist ebenfalls bekannt. Antibiotikahaltige Externa sowie austrocknende Maßnahmen reichen im Allgemeinen aus, um milde Formen der Paronychie zu behandeln. Lediglich bei ausgeprägteren Formen sollte nach Anfertigung eines Antibiogramms der Einsatz systemischer Antibiotika erwogen werden.
Das Auftreten von kutanen Veränderungen – meist in Form von papulopustulösen Hautreaktionen – ist ein Marker für ein vorteilhaftes Therapieansprechen auf Erlotinib und damit für eine bessere Prognose der behandelten Patienten. Somit ermöglicht das Auftreten eines Rash eine schnelle und einfache Therapiekontrolle. Ein Rash kann als ein Surrogatmarker, jedoch nicht als ein prädiktiver Marker genutzt werden. Weitere, insbesondere grundlagenwissenschaftliche Untersuchungen müssen folgen, um den Pathomechanismus dieser kutanen Reaktionen und des Tumoransprechens besser verstehen zu können.
Quellen
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Moore MJ et al.: J Clin Oncol 2007; 25:1960-1966
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Wacker B et al.: Clin Cancer Res 2007; 13: 3914-3921