MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Herzkatheter

Wechsel der Methode reduziert Sterblichkeit deutlich

 

Bern, Schweiz (16. März 2015) – Aktuell erfolgt der Zugang zum Herzen bei Untersuchungen oder Behandlungen mit Herzkathetern meist via Leiste. Deutlich besser schneidet als Methode jedoch der Zugang übers Handgelenk ab. Dies zeigt eine internationale Studie, an der die Universität Bern massgeblich beteiligt ist, die heute in der Fachzeitschrift «Lancet» publiziert wurde.


Pro Jahr werden in der Schweiz rund 46’000 Herzkatheter-Untersuchungen durchgeführt, etwa 22’000 sind verbunden mit einer Behandlung der Herzkranzgefässe. Dabei werden die Gefässe –etwa bei einem Herzinfarkt – mit einem kleinen Ballon erweitert und mit einem medikamentenbeschichteten Stent gestützt, so dass der Herzmuskel wieder ausreichend mit Blut versorgt wird. Aktuell erfolgt die Mehrheit aller Interventionen mit dem Herzkatheter noch über den Leistenzugang. Der alternative Zugang über das Handgelenk wird in der Schweiz seltener gewählt, da er technisch anspruchsvoller ist.

Die Umstellung auf diese Methode hat jedoch bereits begonnen. Zu Recht, wie die bisher grösste randomisierte Studie zum Vergleich von Handgelenk und Leiste als Zugangsorte für Herzkatheter-Untersuchungen zeigt. Denn der Zugang über das Handgelenk kann Leben retten: Die Methode reduziert nicht nur das Risiko für Blutungen, sie senkt auch die Sterblichkeit der Patientinnen und Patienten um mehr als einen Viertel. Die Studie wird heute in der Medizinfachzeitschrift Lancet publiziert. «Die beobachtete Reduktion der Gesamtsterblichkeit wurde durch eine Meta-Analyse aller relevanten Studien untermauert», sagt einer der Hauptverantwortlichen, Professor Peter Jüni, neuer Direktor des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Bern. «Deswegen sollte nun baldmöglichst von der Leiste aufs Handgelenk umgestellt werden», so Jüni.


Weniger Todesfälle, keine Mehrkosten

Die Studie, an der Forschende der Universität Bern gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Italien, Spanien, Schweden und den Niederlanden gearbeitet haben, wurde in der Zeitschrift «Lancet» publiziert. Sie basiert auf den Daten von rund 8400 Patienten mit akutem Herzinfarkt oder hohem Risiko dafür. Nach 30 Tagen wurden bei Patientinnen und Patienten, bei denen das Handgelenk als Zugangsort für den Herzkatheter gewählt wurde, 66 Todesfälle beobachtet, bei Patienten mit Leiste als Zugangsort 91Todesfälle.

«Bisherige Studien haben eine Reduktion des Blutungsrisikos gezeigt, aber keine klaren Vorteile bezüglich Sterblichkeit», meint der Erstautor der Studie, Dr. Marco Valgimigli von der Universität Rotterdam, Niederlande, und erklärt: «Die dank unserer Analysen nun ebenfalls gesicherte Reduktion der Gesamtsterblichkeit geht vor allem auf eine Verminderung grösserer Blutungen an der Zugangsstelle zurück.» In der Studie wurden beim Handgelenkszugang 16, beim Leistenzugang hingegen 43 dieser Blutungen beobachtet.

«Aufgrund dieser Zahlen gehen wir davon aus, dass mit einer vollständigen Umstellung des Zugangs von der Leiste auf das Handgelenk in der Schweiz jährlich mehrere hundert Blutungen oder Todesfälle vermieden werden können», sagt Jüni, «und dies gänzlich ohne Mehrkosten.» Die Studie sei damit ein typisches Beispiel für eine grosse Studie mit simpler Fragestellung, welche die Praxis verändere und die Behandlungsstrategie massgeblich verbessere. «Viele dieser einfachen Fragestellungen sind uninteressant für die Industrie, aber hochrelevant für unsere Patientinnen und Patienten», führt der Berner Professor für Hausarztmedizin aus. Deswegen brauche es in der Schweiz – wie in anderen Ländern längst der Fall – industrieunabhängige Finanzierungsquellen für die patientenzentrierte klinische Forschung, welche in Zukunft die zur Durchführung solcher Studien notwendigen ein- oder zweistelligen Millionenbeträge aufbringen können.


Umstellung auf die neue Methode braucht Ausbildung

Der Zugang am Handgelenk ist technisch allerdings anspruchsvoller als jener via Leiste. Denn die Arterie, welche am Handgelenk für die Einführung des Herzkatheters verwendet wird, ist kleiner als diejenige in der Leiste. Der Zugang über diesen Weg erfordert genügend Erfahrung und eine hohe technische Fertigkeit. «Eine sofortige Umstellung ist deshalb nicht möglich, es braucht dazu eine entsprechende Ausbildung», erläutert Professor Stephan Windecker, Chefarzt Kardiologie am Inselspital Bern. «Zudem ist bei einem kleinen Prozentsatz der Patientinnen und Patienten ein Zugang via Handgelenk aus technischen Gründen nicht möglich, sie müssen trotzdem über die Leiste behandelt werden.» Windecker, Hauptverantwortlicher für die entsprechende Richtlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie, war nicht in die Studie involviert. Trotzdem ist er zuversichtlich, wie er sagt: «Eine Trendwende hat bereits stattgefunden, welche durch die Studienresultate weiter beflügelt wird».

 

 

Weitere Informationen

 

 

 

 

Anhang


 

 

 


Quelle: Universität Bern, 16.03.2015 (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…