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Hochgebirgsklinik Davos

Mukoviszidose: Rehabilitation im Hochgebirge

 

Davos, Schweiz (5. Juli 2011) – Die Hochgebirgsklinik Davos bietet seit 2010 ein mit den Patientenorganisationen und Fachgesellschaften aus der Schweiz, Deutschland und Österreich abgesprochenes und von diesen akzeptiertes, multidisziplinäres Rehabilitationsprogramm für Patienten mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF). Die angeborene Krankheit erfordert eine umfassende und lebenslange Therapie. In Davos werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen behandelt. Dabei wird streng darauf geachtet, dass sich die Patienten in der Klinik nicht mit unerwünschten Keimen infizieren. Strikte räumliche und zeitliche Trennung von Patientengruppen mit unterschiedlicher bakterieller Besiedlung ist dabei oberstes Gebot. Die Betroffenen und ihre Familien profitieren während ihres Aufenthaltes in Davos sowohl von der hohen fachlichen Kompetenz des multidisziplinären CF- spezialisierten Teams der Hochgebirgsklinik als auch von den klimatischen Besonderheiten des 1.600 m hoch gelegenen geschützten Hochtales.

 

 

Mukoviszidose – lebenslange Last

 

Die Mukoviszidose ist eine vererbbare Stoffwechselerkrankung mit einer Inzidenz von 1:2.500 in Europa. Aufgrund einer genetisch bedingten Fehlfunktion der Chloridkanäle werden dabei die Sekrete verschiedener Organe sehr dickflüssig bis zäh. Speziell die Verdickung des Bronchialschleimes macht die Betroffenen besonders anfällig für Infektionen der Atemwege. Aber auch die Funktion der Verdauungsorgane kann beeinträchtigt sein. Der zähe Stuhl führt bei ca. 10 % der Säuglinge zum Mekonium-Ileus, schön früh können Verdauungsstörungen deutlich werden, die das Gedeihen des Kindes verzögern. Durch die Beeinträchtigung der Bauchspeicheldrüse entsteht bei 30% der Patienten im Verlauf ein Diabetes mellitus, die Sekretion von Leber und Galle ist gestört und auch die Sekrete der Genitalorgane sind zu zähflüssig- häufig mit der Folge der Unfruchtbarkeit.

 

Ursache der Krankheit ist eine Mutation auf dem langen Arm des Chromosoms 7. Dadurch wird das Protein CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) nicht oder nur mangelhaft gebildet. Es ist in der Zellmembran für den Chloridtransport und weitere Funktionen zuständig. Deshalb gelangt zu wenig Wasser in die Sekrete der betroffenen Organe.

 

 

Frühe Diagnose wichtig!

 

„Je früher die Diagnose CF gestellt wird, desto besser“, sagte Prof. Andrew Bush vom Royal Brompton Hospital, London. Denn gerade die ersten Lebensjahre sind für die Entwicklung der Lunge besonders wichtig. In seinem Vortrag zur ‚Lungenkrankheit im Frühstadium der CF’ während des diesjährigen EACD Symposiums an der Hochgebirgsklinik Davos wies er darauf hin, dass CF-Kinder zwar mit normalen Atemwegen geboren werden, dann aber immer wieder eine rasche Verschlechterung ihrer Lungenfunktion – am ehesten durch frühe entzündliche Veränderungen- erleiden. Der genaue Mechanismus der zugrunde liegenden Prozesse ist allerdings noch nicht vollständig verstanden, so Bush. Bisher wird angenommen, dass das zähe Sekret in Folge der Fehlfunktion des Chloridkanals Infektionen begünstigt, die dann Entzündungen zur Folge haben, die wiederum die Lunge zerstören. Aber auch eine primäre Störung mit veränderter Entzündungsreaktion wird diskutiert. In über 90 % der Todesfälle durch CF ist eine Zerstörung des Lungengewebes die Ursache, erklärte Bush. Dabei haben die häufigen oder sogar chronischen Infektionen einen nachweisbar verschlechternden Effekt auf die Lungenfunktion. Besonders nachteilig ist es, wenn es bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter zu einer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa kommt. Auch die Körpergröße dieser Kinder ist oft durch die meist reduzierte Funktion der Bauchspeicheldrüse mit verminderter Aufnahme von Nährstoffen und fettlöslichen Vitaminen und durch einen erhöhten Energieverbrauch wegen vermehrter Atemarbeit aufgrund der Lungenerkrankung gemindert.

 

Bush stellte aber die Frage, ob der Inflammation nicht eventuell ein schützender Effekt zugeschrieben werden muss und wies überdies darauf hin, dass bei Kindern mit CF, unabhängig von Infektion oder Inflammation, eine Verdickung der Atemwege festzustellen sei. In jedem Falle sollte die Therapie so früh wie irgend möglich beginnen, um die zerstörerischen Prozesse an den jungen Atemwegen möglichst zu verlangsamen.

 

 

Diagnostik

 

Das Auftreten eines Mekonium-Ileus muss vor diesem Hintergrund als hilfreich betrachtet werden, weil er zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Hinweis auf das Vorliegen einer Cystischen Fibrose liefert. Auch ein vermehrter Salzgehalt im Schweiß des Babys wird teils schon von den Eltern bemerkt, bevor ein Schweißtest die Diagnose bestätigt. Veränderungen an den Atemwegen werden laut Bush am frühesten und am sensitivsten mit dem Lung Clearance Index (LCI) festgestellt. Hierbei wird bei normaler Atmung der wash-out eines inerten Gases gemessen. Wird die Ausatmung des Gases durch vermehrte Obstruktion aufgrund von Schleimansammlungen behindert, weicht das Ergebnis mehr oder weniger stark vom Normwert ab.

 

Der Test zeigt deutlich früher als die Lungenfunktionsuntersuchung pathologische Werte. Darüber hinaus scheint er auch dem HR-CT mindestens gleichwertig zu sein. Bush berichtete über einen Vergleich beider Methoden bei Kindern mit CF. Bei pathologischem LCI war nahezu immer auch das HR-CT pathologisch. Er schlägt daher vor, die Strahlenbelastung durch die CT-Untersuchung nur dann in Kauf zu nehmen, wenn ein Kind mit Verdacht auf CF einen normalen LCI-Test aufweist. Bei bereits pathologischem LCI biete die CT keine zusätzlichen Informationen.

 

 

Konsequente Therapie verlängert das Überleben

 

In den letzten Jahren konnte die mittlere Lebenserwartung der Mukoviszidose-Kranken deutlich verlängert werden. Während 1980 nur einer von hundert Betroffenen die Volljährigkeit erreichte, sind es heute 50 Prozent. Ein heute Neugeborenes mit Cystischer Fibrose hat die Chance, 50 Jahre und älter zu werden. Dies insbesondere dann, wenn ein konsequentes therapeutisches Konzept durchgehalten wird. In einem multidisziplinären Ansatz sollten dabei Ärzte, Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Ernährungsberater und Psychologen eng zusammenarbeiten.

 

Grundlage ist natürlich die Mitarbeit des Patienten und seiner Familie, für die die permanente Beschäftigung mit der Krankheit eine hohe Belastung darstellt. Spezielle Rehabilitationsprogramme sind geeignet, zusätzlich zu der regulären Betreuung das individuelle Therapieergebnis, das Selbstmanagement der Krankheit wie auch die Therapietreue noch zuoptimieren.

 

 

Indikationen für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme

 

Trotz engmaschiger ambulanter Versorgung können sich Situationen ergeben, die eine stationäre Rehabilitation sinnvoll erscheinen lassen. Übergeordnetes Ziel von Rehabilitationsmaßnahmen ist dem Patienten zu helfen, trotz seiner chronischen Krankheit möglichst normal am Alltagsleben teilhaben zu können. Häufige pulmonale Exazerbationen, unabhängig davon, ob sie eine antibiotische Therapie erfordern, sind eine wichtige Indikation. Möglicherweise ist die Ursache in einer falschen Inhalationstechnik zu suchen, die in einer Klinik engmaschig beobachtet und korrigiert werden kann. Auch die Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit wie auch der Lebensqualität sollten intensivere Bemühungen zur Folge haben. Möglicherweise sind die bislang angewendeten physiotherapeutischen Techniken trotz maximaler ambulanter Unterstützung ineffizient und können verbessert werden. Bei Kindern und Jugendlichen sind Gedeih- oder Wachstumsstörungen ein Grund, einen Rehabilitationsaufenthalt anzustreben. Dabei kann es sogar aus psychologischen Gründen sinnvoll sein, Kinder und Eltern eine zeitlang voneinander zu trennen- zum Beispiel zur Förderung der Selbständigkeit von Jugendlichen. Dies und geeignete psychosoziale Unterstützung kann beiden helfen, die Krankheit zu akzeptieren und mit ihr besser zurecht zu kommen.

 

Auch sekundäre Komplikationen wie ein durch die CF ausgelöster Diabetes mellitus (CFRD) oder eine allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) sind Gründe, eine Rehabilitation zu beantragen. Und nicht zuletzt ist ein Rehabilitations- Aufenthalt dann sinnvoll, wenn eine Lungentransplantation vorbereitet werden soll. Durch die Rehabilitation kann eine Besserung des allgemeinen Gesundheitszustandes erzielt werden und damit die Voraussetzungen für den Erfolg einer Transplantation optimiert werden.

 

 

Was kann Davos bieten?

 

Hierüber berichtete Dr. Christian Geidel vom Zentrum für Kinder und Jugendliche an der Hochgebirgsklinik Davos auf dem EACD. Bereits 2009 wurde an der Hochgebirgsklinik in Zusammenarbeit mit führenden CF-Zentren und Patientenorganisationen in Deutschland und der Schweiz ein multidisziplinäres Rehabilitationsprogramm für Patienten mit Mukoviszidose entwickelt. Das Programm wird regelmäßig von führenden CF-Spezialisten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich überprüft und gegebenenfalls aktualisiert.

 

Grundsätzlich werden Patienten, die mit MRSA oder mit B. cepacia infiziert sind, nicht in das Reha-Programm aufgenommen, denn vor allem soll sichergestellt werden, dass nicht durch Ansteckung der Patienten untereinander eine Verschlechterung ihrer gesundlheitlichen Situation eintritt. Und so werden auch hinsichtlich einer Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa strenge Vorsorgemaßnahmen ergriffen. Pseudomaonas-positive Patienten sind immer zu einer anderen Zeit in der Klinik als die Pseudomanas-negativen und sie werden auch immer in einem anderen Gebäudeteil untergebracht. Zusätzlich erfolgt noch eine Trennung nach Altersgruppen.

 

All diesen Patienten bietet die Hochgebirgsklinik ein für sie passendes Rehabilitationsprogramm, das neben der Unterstützung der o.g. CF-Spezialisten auch in enger Zusammenarbeit mit führenden Forschungsinstitutionen im Bereich Allergie, Immunologie und Lungenkrankheiten (CK-CARE, SIAF) erarbeitet wurde. Bei der Entwicklung der Fortbildungsinhalte für junge Patienten und ihre Eltern sowie erwachsene Patienten konnte die Klinik auch auf ihre langjährigen Erfahrungen in der Asthmatherapie (Asthmaakademie Davos) zurückgreifen. Vermittelt werden Informationen über die Pathophysiologie der Erkrankung, die Medikation, über Inhalationstherapie, die richtige Ernährung zum Erreichen eines ausreichend hohen Körpergewichts, über wichtige Enzyme, über Diabetes, Fragen der Hygiene, Physiotherapie und die Möglichkeit der Lungentransplantation. Besonders darauf geachtet wird dabei auf die jeweilige Umsetzbarkeit und mögliche Erleichterungen im Alltag trotz optimierter Therapie. Alle diese Informationen und Schulungen sollen die Patienten und Angehörigen stärken und das Bewusstsein schaffen, auch nach dem Klinikaufenthalt die aufwändige Therapie zu Hause wieder mit mehr Kraft und Optimismus durchzuführen und etwas bewegen zu können („Empowerment“).

 

2010 konnten bereits 38 Patienten mit CF in Davos behandelt werden, Tendenz steigend. Sie alle profitierten von dem ausgefeilten Therapieprogramm ebenso wie von dem Aufenthalt in 1600 m Höhe, der mit einem generell antientzündlichen klimatischen Effekt verbunden ist. Die Höhenluft enthält kaum Aspergillen, Pollen und andere Allergene und ist besonders rein, betonte Geidel.

 

 


Quelle: Hochgebirgsklinik Davos, 05.07.2011 (Media Concept)(tB).

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