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Hormonersatztherapie (HRT) weiterhin im Fokus der Gynäkologie

Relevanz der Gestagenkomponente und niedrige Dosierungen beschäftigen die HRT-Forschung

 

London/Hannover (7. September 2009) – Die Hormonersatztherapie (HRT) steht weiterhin im Fokus des Interesses in der Gynäkologie. Auf dem 8. Menopause-Kongress der European Menopause and Andropause Society (EMAS) in London wurden bei einem Satellitensymposium von Solvay Pharmaceuticals neue Studienergebnisse mit hoher Relevanz für die tägliche Praxis vorgestellt. Eine große Fall-Kontroll-Studie bestätigte die Bedeutung der Gestagenkomponente für das Mammakarzinomrisiko unter HRT. Dieses war unter der Kombination von Estradiol und dem Gestagen Dydrogesteron (Femoston®) nicht erhöht und tendenziell niedriger als unter anderen Hormonkombinationen. Zudem zeichnete sich ein tendenziell geringeres Risiko für ischämische Schlaganfälle und venöse Thromboembolien ab. Darüber hinaus könnte für einen Teil der Frauen in der Postmenopause eine noch niedriger dosierte HRT eine Option sein. Beim Vergleich der kontinuierlich-kombinierten Gabe von Estradiol/Dydrogesteron in etablierter (1 mg/5 mg) und in niedrigerer Dosis (0,5 mg/2,5 mg) wurden Hitzewallungen äquieffektiv reduziert, irreguläre Blutungen waren bei niedriger Dosis seltener. Der endometriale Schutz war dennoch gewährleistet.

 

Das unter einer kombinierten HRT geringfügig erhöhte Mammakarzinomrisiko hat zu einer kritischen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dieser Behandlung geführt. Nun verdichten sich die Hinweise aus klinischen Studien, dass das Brustkrebsrisiko nicht nur von der Estrogenkomponente, sondern maßgeblich auch von der Gestagenkomponente abhängt. So ergab eine aktuell publizierte finnische Studie, dass sich bei Frauen, die über mindestens fünf Jahre eine kombinierte HRT erhalten hatten (n = 44.406), unter Dydrogesteron das Mammakarzinomrisiko nicht signifikant über das Grundrisiko hinaus erhöht (RR 1,13), während es unter Kombinationen mit Norethisteronacetat und Medroxyprogesteronacetat signifikant ansteigt (RR 2,03 bzw. 1,64) (1). Die Ergebnisse einer großen bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie, die auf Daten der wissenschaftlich renommierten britischen General Practice Research Database zurückgreift, bestätigen nun die Bedeutung der Gestagenkomponente bei kombinierter HRT. Ausgewertet wurden Daten von insgesamt 69.412 Frauen, die entweder eine Kombination aus 17β-Estradiol/Dydrogesteron (Femoston®; n = 4.658), eine andere Hormonkombination* (n = 30.048) oder keine HRT (n = 34.706) erhielten. Das mittlere Alter der Frauen lag zu Beginn des Follow-ups bei 51,3 Jahren, die Beobachtungsdauer bei sechs Jahren für HRT-Anwenderinnen und bei 5,7 Jahren für Nicht-Anwenderinnen.

 

 

Kein erhöhtes Mammakarzinomrisiko unter Estradiol/Dydrogesteron

 

Insgesamt traten im Beobachtungszeitraum 1.261 Mammakarzinome auf. Der Blick auf die Inzidenzraten in den einzelnen Studiengruppen zeigt den Vorteil der Estradiol/Dydrogesteron-Kombination im Vergleich zu anderen Hormonkombinationen: Ohne HRT lag die Inzidenz pro 1.000 Patientinnenjahre bei 3,16, unter Estradiol/Dydrogesteron bei 2,41 und unter anderen kombinierten HRT bei 3,28. Insgesamt war das Risiko für Frauen, die Estradiol/Dydrogesteron einnahmen, nicht über das Grundrisiko hinaus erhöht und zugleich geringer als bei Frauen, die eine andere HRT erhielten.

 

 

Dydrogesteron bietet „günstiges Sicherheitsprofil“

 

Kardiovaskuläre Ereignisse waren, bei insgesamt kleinen Fallzahlen, unter Estradiol/Dydrogesteron tendenziell seltener. Im Vergleich zu Nicht-Anwenderinnen (RR 1,0) lag das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall unter Estradiol/Dydrogesteron bei 0,5 (andere HRT: 1,18), für venöse Thromboembolien bei 0,84 (andere HRT: 1,42). Fazit von Studienleiter Dr. Christoph Meier, Basel: „Es besteht eine Evidenz, dass Frauen unter einer Femoston-Therapie ein nicht signifikant niedrigeres Risiko für Mammakarzinom, ischämischen Schlaganfall und venöse Thromboembolien haben als unter anderen HRTs. Dydrogesteron ist unseren Daten zufolge ein Gestagen mit einem günstigen Sicherheitsprofil für Frauen in der Postmenopause.“

 

 

Plädoyer für niedrige Dosierungen

 

Weiter verbessert werden könnte die Verträglichkeit der HRT bei Frauen in der Postmenopause durch eine weitere Reduktion der Hormondosen. Laut Dr. Peter van de Weijer, Apeldoorn, ist eine niedrig dosierte Estrogentherapie ähnlich effektiv bei vasomotorischen Beschwerden und hinsichtlich des Erhalts der Knochendichte, geht aber mit weniger Mastalgien und gestagenen Nebenwirkungen (2) sowie einem geringeren Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse (3) und venöse Thromboembolien (4) einher als die etablierte HRT.

 

 

Äquieffektiv, aber weniger irreguläre Blutungen

 

Van de Weijer stellte aktuelle Daten einer plazebokontrollierten, doppelblinden Studie vor, die die kontinuierlich-kombinierte Therapie mit 17β-Estradiol/Dydrogesteron in der etablierten Dosis 1 mg/5 mg (n = 59) und in der niedrigen Dosis 0,5 mg/2,5 mg (n = 122) miteinander verglich. Beide Dosen reduzierten bei postmenopausalen Frauen mit mindestens 50 mäßigen bis schweren Hitzewallungen pro Woche vor Studienbeginn vasomotorische Symptome äquieffektiv und signifikant besser als Plazebo (n = 124). Auch das Blutungsmuster war unter der niedrigen Dosis mit einer höheren Amenorrhö-Rate sowie weniger Zwischen- und Schmierblutungen erwartungsgemäß günstiger. Die endometriale Sicherheit war auch unter der niedriger dosierten Therapie gewährleistet. In einer offenen, multizentrischen Studie mit etwa 400 Frauen, die mit 17β-Estradiol/Dydrogesteron 0,5 mg/2,5 mg über 52 Wochen behandelt wurden, lag die Hyperplasie-Inzidenz bei 0,2 Prozent. Nach den Richtlinien des Committee for Medicinal Products for Human Use ist die endometriale Sicherheit gewährleistet, wenn die Inzidenz von Hyperplasien und Karzinomen zwei Prozent oder weniger beträgt.

 

 

Anmerkung

 

*konjugierte equine Estrogene/Norgestrel, Estradiolvalerat/Norethisteron(acetat), konjugierte equine Estrogene/Medroxyprogesteronacetat

 

 

Literatur

 

(1) Lyytinen et al. Obstet Gynecol 2009; 113:65-73

(2) Van de Weijer PHM et al. Maturitas 2007; 56:231-248

(3) Grodstein F. et al. Arch Intern Med 2008; 168:861-866

(4) Eilertsen AL et al. Thromb Hämost 2008; 6:928-934

 


 

Quelle: Symposium „Progestogens from threatened pregnancy through to climacteric complaints”, veranstaltet von Solvay Pharmaceuticals auf dem 8. Menopause-Kongress der European Menopause and Andropause Society (EMAS), London, 17. Mai 2009 (3K-Agentur für Kommunikation).

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