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Krebs bei Kindern – Risiken und Chancen heute
Stiftung Kindergesundheit informiert über ein seltenes, schweres, aber erfolgreich behandelbares Gesundheitsrisiko des Kindesalters
München (3. August 2009) – Beim Thema Krebs gibt es zwei weit verbreitete Annahmen. Die erste lautet: Krebs bedroht vor allem ältere Menschen. Und die zweite: Krebs ist unheilbar. Beide Annahmen sind falsch, betont die in München beheimatete Stiftung Kindergesundheit. Die Wahrheit ist: Schon Kinder können an Krebs erkranken und das passiert im Kleinkindesalter sogar häufiger als im späteren Kindesalter. Doch zum Glück kann von „unheilbar“ gerade bei Kindern schon lange nicht mehr die Rede sein. Die bei ihnen vorherrschenden Krebsarten sind heute nämlich besonders gut behandelbar.
In Deutschland erkranken jährlich etwa 428.000 Menschen an Krebs. Das mittlere Erkrankungsalter liegt in der Tat im fortgeschrittenen Alter: Für Männer bei 68,5 und bei Frauen bei 69,3 Jahren. „Verglichen mit dieser Zahl kommen Krebserkrankungen im Kindesalter ausgesprochen selten vor“, sagt Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit: „Der Anteil krebskranker Kinder an allen Krebskranken liegt unter ein Prozent“.
Dennoch sind bösartige Neubildungen in dieser sonst so gesunden Altersstufe die zweithäufigste Todesursache nach Unfällen. Dem Deutschen Kinderkrebsregister werden jährlich 1.700 bis 1.800 Neuerkrankungen bis zu einem Lebensalter von 15 Jahren gemeldet. Das bedeutet: Von 100.000 Kindern erkranken jedes Jahr etwa 15 an Krebs. Oder anders gerechnet: Bei etwa jedem 500. Kind wird bis zu seinem 15. Geburtstag eine bösartige Krebserkrankung diagnostiziert. Professor Koletzko: „Diese Häufigkeit ist aber seit Jahrzehnten in etwa konstant geblieben, sie hat also nicht zugenommen wie Krebskrankheiten bei den Erwachsenen“.
Krebserkrankungen bei Kindern treten im Kleinkindesalter (1. bis 4. Lebensjahr) am häufigsten auf und werden dann ab dem 6. Lebensjahr etwas seltener und bleiben bis etwa 14. Lebensjahr konstant. Die Leukämie (im Volksmund „Blutkrebs“ genannt) stellt mit 34,1 Prozent die häufigste Krebsdiagnose bei Kindern dar. Die Tumore des zentralen Nervensystems sind mit knapp 22,1 Prozent die zweithäufigste und die Lymphome mit 11,8 Prozent die dritthäufigste Krebsdiagnose. Jungen sind fast doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.
Kein Todesurteil mehr
Die Diagnose einer Krebserkrankung bei einem Kind kam noch vor 50 Jahren einem Todesurteil gleich. Mittlerweile haben sich jedoch die Überlebenschancen geradezu dramatisch verbessert. Die Wahrscheinlichkeit des Überlebens fünf Jahre nach der Krebsdiagnose stieg für alle bösartigen Erkrankungen des Kindesalters von weniger als zehn Prozent in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf mittlerweile etwa 81 Prozent, stellt die Stiftung Kindergesundheit erfreut fest. Die Fünfjahres-Überlebensraten variieren von über 97 Prozent für das Retinoblastom und 90 Prozent für die akute lymphoblastische Leukämie (ALL) bis zu nur 59 Prozent für die akute myeloische Leukämie (AML).
Inzwischen leben in Deutschland über 28.000 junge Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend wegen einer Krebserkrankung erfolgreich behandelt wurden. Ihre Zahl nimmt aufgrund der gestiegenen Heilungschancen weiter zu.
Was bei Kindern ein Zeichen für Krebs sein kann
Leukämien: Unerklärliche Fieberschübe, Infekte, von denen sich das Kind nicht richtig erholt. Knochen- und Gelenkschmerzen, die das Kind am Toben hindern. Blässe, Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Bauchschmerzen.
Hodgkin’sche Krankheit (Lymphogranulomatose): Große verhärtete Lymphknoten am Hals, die nicht wehtun, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust. Manchmal Fieberanfälle, manchmal starker Juckreiz.
Hirntumore: Kopfschmerzen, Erbrechen, ohne vorher gegessen zu haben (z. B. morgens nach dem Aufstehen), Schielen, Schwindel, verlangsamtes Sprechen.
Neuroblastom: Spielunlust, Appetitlosigkeit, Knoten, Schwellungen, Knochenschmerzen, Hinken, Blutergüsse ums Auge.
Rhabdomyosarkom: Tastbare Knoten oder sichtbare Schwellungen, Lähmungserscheinungen und Bewegungsausfälle, schmerzende Muskeln, Glieder und Knochen.
Nierentumore: Aufgetriebener Bauch, später Bauchweh, Erbrechen, Verstopfung oder Fieber.
Ewing-Sarkom: Knochenschmerzen an der Stelle der bösartigen Bindegewebsgeschwulst, mitunter auch Schwellung und Fieber.
Therapien strikt nach Plan
Krebserkrankungen bei Kindern werden heute in allen onkologischen Kliniken entsprechend der Therapieoptimierungsprotokolle der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) behandelt, um die hohen Heilungsraten zu gewährleisten und zu verbessern. „Diese Therapieprotokolle sind über nunmehr fast fünf Jahrzehnte entwickelt und optimiert worden“, berichtet Privatdozentin Frau Dr. Schmid, Leiterin der Abteilung Hämatologie und Onkologie von der Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital München. „Die Empfehlungen sind durch langjährige Erfahrung und Auswertung der vorangegangenen Studien entstanden. Das jeweils aktuelle Protokoll enthält neue Modifikationen, die das Ziel haben, die Therapie zu optimieren, das heißt, die Prognose zu verbessern oder die Toxizität bei gleichen Heilungschancen zu verringern“.
Im Rahmen dieser so genannten Therapieoptimierungsstudien erhalten alle jungen Patienten nach einheitlichen Standards die jeweils beste Therapie. Durch die Kombination verschiedener Anti-Krebs-Mittel wurde die Chemotherapie immer weiter verfeinert. Der Einsatz von unterstützenden Maßnahmen macht die Nebenwirkungen der eingesetzten Zellgifte einigermaßen erträglich.
Die Behandlung erfordert eine enge Zusammenarbeit der Spezialisten aus der pädiatrischen Onkologie, aus der Pädiatrie, Kinderchirurgie, Neurochirurgie, Tumororthopädie, Strahlentherapie, Radiologie, Pathologie und Sozialpädiatrie, so die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme.
Belastende Nebenwirkungen der Behandlung
Haarausfall ist ein typisches Begleitsymptom der Therapie. Um die Vermehrungsfähigkeit der Krebszellen zu stoppen, werden Zellgifte eingesetzt, Medikamente, die sich gegen die Wachstumsmechanismen aller Zellen richten. Von dieser unerwünschten, aber meist unvermeidbaren Nebenwirkung sind vor allem solche Zellen betroffen, die ebenfalls schnell wachsen: Die Zellen der Haarfollikel, die Zellen im Knochenmark und im Verdauungstrakt.
Privatdozentin Dr. I. Schmid: „Den Haarausfall verkraften die meisten kranken Kinder noch am ehesten. Viel schwerer wiegt die Beeinträchtigung der Knochenmarksfunktion: Die Zahl der Blutzellen wird verringert, es entsteht eine Anämie, also eine Blutarmut mit dem Zeichen Müdigkeit. Es kann zu Blutungen kommen, weil auch die Zahl der Blutplättchen verringert sein kann, und die Chemotherapie schwächt die Immunabwehr. Die Kinder werden anfällig selbst gegenüber harmlosen Erregern, mit denen das Immunsystem normalerweise spielend fertig wird, und sie erleiden immer wieder Infektionen“.
Die Behandlung ist sehr beschwerlich: Nahezu alle krebskranken Kinder leiden während ihrer Krankheit unter Schmerzen, die entweder durch die Krebserkrankung selbst verursacht sind oder durch die Behandlung und die eingreifenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Zur Blutentnahme wird immer wieder in den Finger gestochen. Die Venen müssen punktiert werden, Nervenflüssigkeit aus dem Rücken entnommen werden, Proben von Knochenmark untersucht werden. Allerdings erhalten alle Kinder und Jugendlichen während der intensiven Chemotherapie einen permanent liegenden Zentralen Venenkatheter (z.B. sogenannter Hickmankatheter), so dass keine schmerzhaften Blutentnahmen mehr durchgeführt werden müssen. Alle sonstigen schmerzhaften Eingriffe werden inzwischen ebenfalls in einer kurzen Sedierung oder Narkose durchgeführt. Das Ziel ist, dass den Kindern und Jugendlichen möglichst keine Schmerzen zugefügt werden, alles was vermieden werden kann, muss vermieden werden!
Und trotzdem bleiben: Immer wieder Übelkeit, schweres Erbrechen, aufgeplatzte Lippen, schmerzhafte offene Stellen im Mund. Und immer wieder stationäre Aufenthalte oder ambulante Vorstellungen in der Klinik und dann die allgegenwärtigen Gedanken: „Werde ich wirklich wieder gesund? Bleibe ich auch gesund? Oder muss ich vielleicht sterben?“
Auch die Geschwister leiden mit
Ist ein Kind an Krebs erkrankt, ist die psychische Belastung der Familie immens. Die Eltern gehören in gewisser Weise zum Behandlungsteam: Nur sie können dem kranken Kind Geborgenheit vermitteln und Zuversicht geben. Die meisten kleineren Kinder benötigen in den ersten Tagen des Krankenhausaufenthaltes die ständige Anwesenheit eines Elternteils auf der Station.
Darunter leiden auch die von der Krankheit nicht betroffenen Geschwister. Zu Hause dreht sich alles nur noch um das bedrohte Leben des kranken Kindes und wie man seine Qualen lindern kann. Die gesunden Geschwister stehen dagegen im Schatten der Krankheit und müssen auf den kranken Bruder oder die kranke Schwester Rücksicht nehmen. Oft müssen sie während der langwierigen Therapie auf einen Elternteil ganz verzichten und immer wieder mal bei Verwandten und Bekannten untergebracht werden.
Solche „Schattenkinder“ entwickeln häufig ambivalente Gefühle zu ihrem kranken Geschwister, mit denen sie fertig werden müssen. Sie werden von der unausgesprochenen Angst geplagt: „Ist das ansteckend? Kriege ich das auch?“, und reagieren mit psychosomatischen Symptomen wie Bettnässen, Bauchweh oder Schulproblemen. Deshalb müssen die Geschwister krebskranker Kinder in die psychologische Betreuung der Familie unbedingt von Anfang an mit einbezogen werden, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit mit großem Nachdruck.
Hier gibt es noch mehr Informationen:
Kompetenznetz |
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Robert-Koch-Institut |
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Deutsche Krebsgesellschaft |
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Deutsche Krebshilfe |
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DKFZ Heidelberg |
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Gesundheitsberichte des Bundes |
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Krebsinformationsdienst |
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Deutsches Kinderkrebsregister |
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Onko-Kids-online |
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Deutsche Kinderkrebsstiftung |
Quelle: Pressemitteilung der Stiftung Kindergesundheit vom 03.08.2009.