MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Manisch-depressive Mischzustände – eine therapeutische Herausforderung

Asenapin stabilisiert die Stimmung

 

Berlin (18. Oktober 2014) – Manische Episoden mit depressiven Symptomen gehören zu den größten Herausforderungen in der Behandlung von Patienten mit bipolaren Störungen. Im DSM-51 wurde die diagnostische Schwelle gesenkt und die Definition von Mischzuständen breiter gefasst. Wie es im klinischen Alltag gelingen kann, sowohl die manischen als auch die depressiven Symptome in den Griff zu bekommen, erläuterten ausgewiesene Experten bei der 27. Jahrestagung des ECNP2. Die Ergebnisse aktueller Post-hoc-Analysen kontrollierter randomisierter Studien weisen darauf hin, dass der Multirezeptorantagonist Asenapin (Sycrest®) nicht nur bei manischen Episoden im Rahmen einer Bipolar-I-Störung, sondern auch bei manisch-depressiven Mischformen bipolarer Störungen gemäß dem DSM-5 „Mixed Feature Specifier“ wirksam und gut verträglich ist. Der Schlüssel für eine adäquate Therapie ist allerdings, depressive Symptome bei Patienten mit manischen Episoden möglichst frühzeitig zu erkennen. Hier kann der neue, validierte Patientenfragebogen M.I.N.I.3 helfen.

 

Bei bis zu 40% aller Patienten mit einer Bipolar-I-Störung treten während der manischen Episoden auch unterschiedlich stark ausgeprägte depressive Symptome auf [1]. Die betroffenen Patienten erleiden mehr und längere Episoden; sie sind häufiger suizidal, werden öfters hospitalisiert, haben höhere Raten an psychiatrischer Komorbidität – insbesondere Substanzmissbrauch – und sprechen schlechter auf die Therapie an als Patienten mit rein manischen oder depressiven Episoden, berichtete Prof. Trisha Suppes, Palo Alto/USA. Im klinischen Alltag sind manisch-depressive Mischzustände schwierig zu diagnostizieren und zu therapieren. „Die früheren Kriterien für gemischte Episoden waren zu restriktiv und entsprachen nicht der klinischen Realität“, betonte Suppes. Mithilfe des im DSM-5 eingeführten „Mixed Features Specifier“ werde es für den Arzt einfacher, das gesamte Kontinuum gleichzeitig auftretender, nicht überlappender Symptome verschiedener Polarität früher als bisher zu erkennen. Somit könnten Patienten mit gemischten Symptomen nun rechtzeitig identifiziert und einer adäquaten Therapie zugeführt werden. Nach der neuen Definition reichen mindestens drei während einer depressiven Episode bzw. mindestens drei depressive Symptome während einer manischen Episode aus, um die Kriterien eines Mischzustands („Mixed Feature“) gemäß DSM-5 zu erfüllen [2].

 

 

M.I.N.I. erleichtert die Diagnose von Mischzuständen

 

Der neue Patientenfragebogen M.I.N.I. kann den behandelnden Arzt bei der schwierigen Diagnose gemäß dem DSM-5 „Mixed Feature Specifier“ unterstützen. Er enthält neun einfache, von den Patienten selbst zu beantwortende Fragen zu depressiven Symptomen (Stimmung, Kognition, Anhedonie, Energie, Selbstwert, Schuldgefühle/psychotische Merkmale und Suizidalität). Mit dem M.I.N.I.-Modul lassen sich depressive Symptome im Rahmen manischer Episoden mit hoher Sensitivität (0,91) und Spezifität (0,70) erfassen [3]. Der Fragebogen erleichtere die Beurteilung des neuen „Mixed Feature Specifiers“ und helfe Fehldiagnosen zu vermeiden, erläuterte Suppes. Das neue Diagnose-Instrument wurde bereits in einer großen internationalen, prospektiven „Real-World“-Studie mit 1.035 Bipolar-I-Patienten eingesetzt. Die im Rahmen des ECNP-Kongresses vorgestellten Studienergebnisse zeigen, dass ein Drittel (34%) der Gesamtpopulation mindestens drei depressive Symptome hatten und somit die DSM-5 „Mixed Feature“-Kriterien erfüllten. Ängstlichkeit, Reizbarkeit und Agitation waren häufiger und schwerer ausgeprägt und die Suizidalität signifikant höher als bei Patienten mit maximal zwei depressiven Symptomen [4].

 

 

Asenapin bei manisch-depressiven Mischzuständen?

 

Depressive Symptome während manischer Episoden seien nicht nur schwierig zu diagnostizieren, sondern auch schwierig zu behandeln, berichtete Prof. Alan Swann, Houston/USA. Besonders wichtige Zielstrukturen seien die Serotonin (5-HT)-Rezeptoren, vor allem der 5-HT2c-Rezeptor. Eine Blockade des 5-HT2c-Rezeptors ist mit antidepressiven und anxiolytischen Wirkungen assoziiert [5]. Anders als die meisten Antipsychotika hat Asenapin eine hohe Affinität und eine antagonistische Wirkung auf 5-HT2A, 5-HT2B, 5-HT2C-Rezeptoren, nur niedrige Affinitäten zu H1- und α1-Rezeptoren und nahezu keine Affinität zu muskarinergen Rezeptoren [6].

 

Hinweise für die Wirkung von Asenapin bei Mischzuständen seien vorhanden, erläuterte Prof. Andrea Fagiolini, Siena/Italien. Eine Post-hoc-Analyse der gepoolten Daten von zwei kontrollierten Studien zeigte, dass Asenapin bei Patienten mit manischen Episoden mit depressiver Symptomatik beide Stimmungspole stabilisiere: Nach drei Wochen führte die Therapie mit Asenapin zu einer signifikanten Reduktion der Manie gemäß YMRS4 (p<0,05 vs. Placebo) und der Depression gemäß MADRS5 (p<0,01 vs. Placebo) [7]. Olanzapin, Referenzsubstanz in einem dritten Studienarm, zeigte während der dreiwöchigen placebokontrollierten Doppelblindphase keine signifikanten Effekte im Vergleich zu Placebo. Zudem weisen die Ergebnisse einer weiteren Post-hoc-Analyse darauf hin, dass die Überlegenheit von Asenapin auch erhalten bleibt, wenn die neue Konzeptualisierung von Mischzuständen nach dem DSM-5 „Mixed Feature Specifier“ zugrunde gelegt wird. In dieser Untersuchung zeigte sich bereits nach 2 Tagen ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten von Asenapin gegenüber Placebo auf der YMRS (p≤0,01), der während des gesamten Behandlungszeitraumes anhielt [8]. Die Wirkung von Asenapin war unabhängig vom Schweregrad der depressiven Symptome zu Baseline. Neben einer medikamentösen Therapie stellen laut Fagiolini auch psychoedukative Ansätze eine sinnvolle Maßnahme bei gemischten Episoden dar.

 

 

Fazit für die Praxis

 

Manisch-depressive Mischzustände bei bipolaren Patienten sind mit einer ungünstigen Prognose assoziiert und sind häufiger als in der Vergangenheit oftmals angenommen. Der neue M.I.N.I.-Fragebogen erleichtert die Detektion depressiver Symptome während manischer Episoden und die Beurteilung des DSM-5 „Mixed Feature Specifiers“. Post-hoc-Daten zu Asenapin weisen darauf hin, dass das Atypikum sowohl die manischen als auch die depressiven Symptome während gemischter Episoden verbessern könnte [8].

 

 

Anmerkungen

 

  • 1 DSM-5: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
  • 2 ECNP: European College of Neuropsychopharmacology
  • 3 M.I.N.I.: Mini International Neuropsychiatric Interview
  • 4 YMRS: Young Mania Rating Scale
  • 5 MADRS: Montgomery-Asberg Depression Rating Scale

 

 

Literatur

 

  • [1] Vieta E et al. J Affect Disord 2014; 156: 206-213
  • [2] American Psychiatric Association. Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Fifth Edition, APA, 2013
  • [3] Hergueta T, Weiller E. Int J Bipolar Disorder 2013; 1: 21
  • [4] Young A, Eberhard J. Eur Neuropsychopharmacol 2014; 24 (Suppl 2) S420-S421; Poster P.2.d.013
  • [5] Jensen NH et al. Scientific World Journal 2010; 10: 1870-1885
  • [6] Fachinformation Asenapin, Stand Februar 2013
  • [7] Azorin JM et al. J Affect Disord 2013; 145: 62-69
  • [8] McIntyre R et al. J Affect Disord 2013; 150: 378-383

 

 

Über Sycrest®

 

Sycrest® ist das einzige tetrazyklisches Antipsychotikum, das seit dem 1. September 2010 in allen 27-EU-Ländern für die Behandlung mäßiger bis schwerer manischer Episoden einer Bipolar-I-Störung bei Erwachsenen zugelassen ist. Weitere Hinweise zur Verschreibung finden sich in der Fachinformation von Sycrest®. Sycrest® ist eine eingetragene Handelsmarke von N.V. Organon, einer Tochtergesellschaft der Firma Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, N.J., U.S.A.

 

 

Über Lundbeck

 

Lundbeck ist ein international tätiges Pharmaunternehmen, das 1915 in Dänemark gegründet wurde und heute etwa 5.800 Mitarbeiter in 57 Ländern beschäftigt. Der deutsche Firmensitz ist in Hamburg. Das „Unternehmen ZNS“ hat sich auf die Entwicklung und den Vertrieb innovativer Medikamente zur Behandlung von psychischen und neurologischen Erkrankungen spezialisiert.

 


Quelle: Satelliten-Symposium “ Recognising, understanding and treating bipolar mania with depressive symptoms” im Rahmen des ECNP-Kongresses; unterstützt von H. Lundbeck A/S, Berlin, 18.10.2014.

Weitere Informationen über das Symposium finden Sie auch unter www.bipolarmania.net  (tB).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…