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Medikamentöse Therapie der generalisierten Angststörung
Von Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Borwin Bandelow
Frankfurt am Main (17. November 2005) – Angststörungen sind die häufigsten psychiatrischen Erkrankungen. Nach einer Untersuchung leiden 8,5 Prozent derjenigen Patienten, die eine Allgemeinarztpraxis aufsuchen, unter einer generalisierten Angststörung.(1) Bei dieser Angsterkrankung leiden die Patienten unter den körperlichen Ausdrucksformen der Angst (Zittern, Herzrasen, Schwindel, Übelkeit, Muskelverspannungen usw.) sowie unter Konzentrationsstörungen, Nervosität, Schlafstörungen und anderen psychischen Symptomen. Im Gegensatz zur Panikstörung treten diese Symptome allerdings nicht gleichzeitig in Form eines Anfalls, sondern in wechselnder Kombination als Dauerzustand auf. In der Regel können die Patienten nicht angeben, wovor sie eigentlich Angst haben. Die Betroffenen werden aber auch durch eine ständige Furcht gequält, daß ihnen oder ihren Verwandten Unfälle zustoßen oder sie erkranken könnten. Die Krankheit verläuft oft chronisch und tritt gehäuft gemeinsam mit Depressionen auf.
Wie bei anderen Angststörungen werden traumatische Lebenserfahrungen, Fehlkonditionierungen, genetische Einflüsse und neurobiologische Dysfunktionen als mögliche ätiologische Faktoren diskutiert.
Die Behandlung wird meist in einer Kombination psychotherapeutischer und medikamentöser Maßnahmen durchgeführt. Wirksamkeitsnachweise bestehen für die kognitive Verhaltenstherapie sowie für eine Reihe von Medikamenten.
Wegen des günstigen Nebenwirkungsprofils wird die Therapie in erster Linie mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI) durchgeführt.(2) Zu den Nebenwirkungen der SSRI gehört eine anfängliche Unruhe, die besonders bei ängstlichen und weniger bei depressiven Patienten auftritt und sich meist nach einigen Tagen bessert. Trizyklische Antidepressiva wie Imipramin sind ebenfalls gut wirksam und führen nicht zur Abhängigkeit; sie haben in der Regel mehr Nebenwirkungen als moderne Antidepressiva. Vor allem in der Langzeitbehandlung können Mundtrockenheit, Sedierung und Gewichtszunahme die Compliance erschweren.
Benzodiazepine sind zwar gut wirksam, werden aber in den letzten Jahren wegen einer möglichen Suchtentwicklung zugunsten der antidepressiven Behandlung in den Hintergrund gedrängt. Zur Überbrückung bis zum Eintritt der Wirkung eines Antidepressivums oder bei therapieresistenten Fällen können sie jedoch sinnvoll sein. Einige Untersuchungen existieren auch zu dem Serotonin1A-Agonisten Buspiron. Nach Doppelblindstudien waren auch Hydroxyzin und Opipramol wirksam; weitere kontrollierte Studien zur Absicherung dieser Ergebnisse wären wünschenswert.
Der SSRI Escitalopram ist das S-Enantiomer des Razemats Citalopram. Es hat bisher eine Zulassung für die Behandlung von Depressionen, Panikstörung und sozialer Angststörung. In einigen Doppelblindstudien konnte auch die Wirksamkeit von Escitalopram bei generalisierter Angststörung gezeigt werden.(3-7) Mehrere klinische Doppelblindstudien bestätigten die bessere Wirkung von Escitalopram gegenüber Citalopram bei Depressionen und Angststörungen.(8,9) Dies wird damit erklärt, daß beim Razemat (Citalopram) das R-Enantiomer das S-Enantiomer am Serotoninwiederaufnahme-Transporter ausbremst, während bei Escitalopram das S-Enantiomer seine Wirkung voll entfalten kann, so daß ausreichend Serotonin im synaptischen Spalt zur Verfügung steht.
Literatur
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Linden, M., et al.: Psychische Erkrankungen und ihre Behandlung in Allgemeinarztpraxen in Deutschland [Psychiatric diseases and their treatment in general practice in Germany. Results of a World Health Organization (WHO) study]. Nervenarzt 67, S. 205-215, 1996.
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Bandelow, B., et al.: World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) guidelines for the pharmacological treatment of anxiety, obsessive-compulsive and posttraumatic stress disorders. World J Biol Psychiatry 3, S. 171-199, 2002.
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Bielski, R. J., Bose, A. und Chang, C. C.: A double-blind comparison of escitalopram and paroxetine in the long-term treatment of generalized anxiety disorder. Ann Clin Psychiatry 17, S. 65-69, 2005.
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Davidson, J. R., et al.: Escitalopram in the treatment of generalized anxiety disorder: double-blind, placebo controlled, flexible-dose study. Depress Anxiety 19, S. 234-240, 2004.
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Goodman, W. K., Bose, A. und Wang, Q.: Treatment of generalized anxiety disorder with escitalopram: pooled results from double-blind, placebo-controlled trials. J Affect Disord 87, S. 161-167, 2005.
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Allgulander, C., Florea, I. und Trap Huusom, A. K.: Prevention of relapse in generalized anxiety disorder by escitalopram treatment. Int J Neuropsychopharmacol 9, S. 1-11, 2005.
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Stein, D. J., Andersen, H. F. und Goodman, W. K.: Escitalopram for the treatment of GAD: efficacy across different subgroups and outcomes. Ann Clin Psychiatry 17, S. 71-75, 2005.
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Bandelow, B., Andersen, H. F. und Dolberg, O. T.: Escitalopram in the treatment of anxiety symptoms associated with depression. Depr Anxiety, in press.
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Moore, N., Verdoux, H. und Fantino, B.: Prospective, multicentre, randomized, double-blind study of the efficacy of escitalopram versus citalopram in outpatient treatment of major depressive disorder. Int Clin Psychopharmacol 20, S. 131-137, 2005.
Verfasser
Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Borwin Bandelow
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Universität Göttingen
Von-Siebold-Str. 5
37075 Göttingen
Quelle: Vortrag, gehalten auf einer Pressekonferenz der Firma Lundbeck zum Thema „Cipralex® – die neue Kraft bei Depression und generalisierter Angststörung“ am 17. November 2005 in Frankfurt am Main (Gianni Public Relations) (tB).