MEDIZIN

DOC-CHECK LOGIN

Telmisartan in der antihypertensiven Therapie

Nur Blutdrucksenkung oder mehr?

 

Bochum (22. November 2007) ‑ Herz‑Kreislauf‑Krankheiten sind nach wie vor weltweit die Todesursache Nummer eins und letztendlich verantwortlich für jeden dritten Todesfall. Dabei kommt der arteriellen Hypertonie als entscheidendem Risikofaktor eine besondere Bedeutung zu. Eine moderne antihypertensive Therapie sollte neben einer numerischen Blutdrucksenkung auch die hypertoniebedingten Endorganschäden an Gehirn, Herz und Niere verhindern. So lautet das Fazit des von Boehringer Ingelheim im Rahmen der 31. Wissenschaftlichen Jahrestagung der Deutschen Hochdruckliga veranstalteten Symposiums „Bluthochdrucktherapie: die Ziele im Wandel" in Bochum. Die Experten erwarten mit Spannung die Ergebnisse zur kardio‑vaskulären Protektion durch eine duale Hemmung des RAS mit der Kombination Micardis und Ramipril, die in der ONTARGET‑Studie untersucht wurde und im März diesen Jahres veröffentlicht wird.

 

Große epidemiologische Studien, zuletzt die INTERHEART‑Studie(1), konnten zeigen, dass die arterielle Hypertonie einer der wichtigsten Risikofaktoren für die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität darstellt. Entscheidend für das individuelle Infarktrisiko sei allerdings, so Professor Thomas Unger, Berlin, die Kumulation der verschiedenen Risikofaktoren.

 

Individuelle Risikostratifizierung erforderlich

Diesen Gesichtspunkt tragen die neuen Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie(2) in besonderer Weise Rechnung. Danach sollte man sich bei der Diagnostik und Therapie der arteriellen Hypertonie nicht mehr allein auf die Blutdruckmessung beschränken, erläuterte Unger. Entscheidend sei vielmehr die Erfassung des Gesamtrisikos bei einzelnen Patienten, also die Suche nach weiteren Risikofaktoren, Endorganschäden und Begleiterkrankungen. Bei Risikopatienten spreche vieles für die Gabe eines Angiotensin II‑Rezeptor‑Blockers (ARB) wie Telmisartan (Micardis®).

 

Neue Zielwerte

Nach den Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie(2) sollte grundsätzlich bei Patienten ohne weitere Risikofaktoren (unkomplizierte arterielle Hypertonie) ein Blutdruckwert < 140/90 mmHg angestrebt werden. Bei Patienten mit einer komplizierten Hypertonie wird ein Blutdruckwert < 130/80 mmHg empfohlen. Dazu gehören Patienten mit einem Diabetes mellitus, Zustand nach Apoplex, Zustand nach Herzinfarkt, Niereninsuffizienz bzw. Proteinurie. Um diese strengen Zielblutdruckwerte zu erreichen, so Unger, sei für die Mehrzahl der betroffenen Patienten eine kombinierte Therapie unumgänglich. Dazu sollte immer eine Substanz gehören, die das Renin-Angiotensin‑Aldosteron‑System beeinflusst, wie ARBs. „Die Gabe eines ARBs empfiehlt sich deshalb, weil diese Substanzgruppe eine über die Blutdrucksenkung hinausgehende Endorganprotektion verspricht", erklärte Professor Unger. In der JIKEI‑Studie wurde gezeigt, dass die Gabe von Sartanen im Vergleich zu einer anderen die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität um 40 Prozent senkt.(3)

 

Verhinderung von Typ 2‑Diabetes mellitus

Darüber hinaus belegen mehreren Studien, dass unter der Angiotensin II‑RezeptorBlockade das Risiko für die Neumanifestation eines Typ 2‑Diabetes mellitus um nahezu 25 Prozent gesenkt wird. Als Erklärung für diese günstige metabolische Begleitwirkung werden mehrere Mechanismen diskutiert(4). Dazu gehören die Zunahme des muskulären Blutflusses, eine Abnahme der Sympatikusaktivität, eine Verstärkung des intrazellulären Insulinsignals und eine Aktivierung nukleärer Rezeptoren (PPAR gamma Rezeptoren). Als einziger AT1‑Blocker kann Telmisartan bereits in niedrigen therapeutisch wahrscheinlich relevanten Konzentrationen PPAR-gamma‑Rezeptoren aktivieren.

 

Primäre und sekundäre Schlaganfallprävention

Eine der häufigsten und gefährlichsten Komplikationen der arteriellen Hypertonie ist der Schlaganfall, wobei es sich in ca. 90 Prozent der Fälle um ischämische Insulte und nur in ca. 10 Prozent um intrazerebrale Blutungen handelt. Der Schlaganfall habe viele Ursachen, so Professor Martin Grond, Siegen. Der häufigste Grund einer TIA bzw. eines ischämischen Insultes seien arterio‑arterielle Embolien bei atherosklerotisch veränderten Gefäßen, gefolgt von kardialen Embolien insbesondere bei Vorhofflimmern und der Mikroangiopathie. Beim Schlaganfall handelt es sich immer um ein Krankheitsbild mit ernster Prognose; denn jeder vierte Schlaganfallpatient erleidet innerhalb von fünf Jahren ein schweres vaskuläres Ereignis zerebraler oder kardialer Genese, nach zehn Jahren sogar jeder zweite.

 

„Würden alle Möglichkeiten der Prävention optimal genutzt, so könnte dieses Risiko um etwa 80 Prozent gesenkt werden", so Grond. Dies zeigen die Ergebnisse einer englischen Studie(5), bei der Patienten mit einer TIA entweder sofort innerhalb von 2‑3 Tagen oder erst nach drei Wochen einer medikamentösen Prävention zugeführt wurden. Durch die sofortige Einleitung einer entsprechenden Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmer und CSE‑Hemmer konnte das Insultrisiko von 10,3 Prozent auf 2,1 Prozent gesenkt werden.

 

Mit einem ARB konnte im Vergleich zu einem Betablocker bei gleich starker Blutdrucksenkung eine signifikante Risikoreduktion bezüglich Schlaganfall von nahezu 13 Prozent dokumentiert werden(6). Dieser Effekt dürfte auch teilweise darauf zurückzuführen sein, dass Angiotensin II‑Rezeptoren‑Blocker die Neumanifestation eines Vorhofflimmerns bei Hypertonikern um etwa 30 Prozent senken.

 

ONTARGET:

Das größte Studienprogramm in der kardio‑vaskulären Protektion

Die kardio‑vaskuläre Prävention, insbesondere die Sekundärprävention nach einem kardio‑vaskulären Ereignis ist eine der großen Herausforderungen der Kardiologie. Schon vor einigen Jahren konnte im Rahmen der HOPE‑Studie gezeigt werden, dass eine Hemmung des Renin‑Angiotensin‑Systems lokal an den Gefäßen einen antiatherosklerotischen Effekt entfaltet. Im Rahmen dieser Studie konnte durch die Gabe des ACE‑Hemmers Ramipril bei Patienten mit hohem kardio‑vaskulären Risiko die kardio‑vaskuläre Sterblichkeit ebenso wie die Häufigkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen und die Progression der Niereninsuffizienz günstig beeinflusst werden.

 

Im Rahmen der ONTARGET‑Studie wird jetzt die Wirkung von Micardis, Ramipril und der Kombination aus beiden bei kardio‑vaskulären Risiko‑Patienten untersucht, wobei insbesondere die Überlegenheit der dualen Hemmung des Renin‑Angiotensin‑Systems mit Micardis und Ramipril gegenüber den Effekten der einzelnen Substanzen auf entsprechende kardio‑vaskuläre Endpunkte beleuchtet wird. Die Rationale für eine duale RAS‑Inhibition ergibt sich aus der Tatsache, dass beide Substanzen ihre Wirkung auf unterschiedlichen Wegen erzielen. ACE‑Hemmer blockieren das RAS nie vollständig.

 

Damit kommt es zu einem Angiotensin Il‑Escape‑Effekt. AT1 ‑Blocker hingegen blockieren die Wirkung von Angiotensin II direkt an der Zelle. Beide gemeinsam blockieren das RAS noch effektiver. Dies lässt eine bessere Blutdrucksenkung, einen besseren Schutz vor den schädlichen Effekten des Angiotensin II und einen ausgeprägteren Anstieg von NO erwarten.

 

Der AT1‑Blocker Telmisartan (Micardis®) wurde aufgrund seiner besonderen pharmakologischen Eigenschaften für ONTARGET ausgewählt. Die Substanz weist bei plazeboähnlicher Verträglichkeit eine kraftvolle und konstante Blutdrucksenkung über 24 Stunden auf. Eine im Vergleich zu anderen ARB überlegene antihypertensive Wirkung(7-9,11) und die geringste renale Ausscheidungsrate von allen Sartanen. Mehrere klinische Studien weisen zudem auf ein organprotektives Potenzial von Micardis hin.

 

Das ONTARGET Studienprogramm mit insgesamt 31.000 Patienten ist das größte sekundär präventive Interventionsprogramm, das bisher überhaupt durchgeführt wurde, sagte Professor Michael Böhm, Homburg/Saar. Die Ergebnisse dieser Studie, die im Frühjahr 2008 erwartet werden, bieten angesichts ihrer umfangreichen Datenlage die Möglichkeit, zahlreiche epidemiologische und pathophysiologische Hypothesen an Patienten zu überprüfen und auch neu zu generieren.

 

Literaturverzeichnis

1         Yusuf S et al. Lancet 2004; 364.

2         Mancia G et al. J Hypertens 2007; 25: 1105‑1187

3         Mochizuki S et al. The Lancet 2007; 369:1431‑1439 

4         Scheen AJ. Diabetes Metab. 2004; 30:498‑505
5         Rothwell PM et al. Lancet 2007 Oct 20;370 (9596):1432‑42

6         Dalhöf B et al. Lancet 2002;359: 995‑1003

7         Neutel JM, Smith HG. J Clin Hypertens 2003;5(1):58‑63

8         Burnier M, Brunner HR. Lancet 2000;355:637‑45

9         Brunner HR. J Hum Hypertens 2002;16(suppl 2):S13‑S16

10     Williams B et al. Poster presented at the European Society of Hypertension Annual Meeting, 20 June2005, Milan, Italy.

11     Parati et al. Presented at the Annual Meeting of the European Society of Hypertension. June 2006, Madrid, Spain.


 

Quelle: Symposium der Firma Boehringer Ingelheim zum Thema “Bluthochdrucktherapie: Die Ziele im Wandel” am 22.11.2007 in Bochum (3K-Agentur für Kommunikation).

MEDICAL NEWS

IU School of Medicine researchers develop blood test for anxiety
COVID-19 pandemic increased rates and severity of depression, whether people…
COVID-19: Bacterial co-infection is a major risk factor for death,…
Regenstrief-led study shows enhanced spiritual care improves well-being of ICU…
Hidden bacteria presents a substantial risk of antimicrobial resistance in…

SCHMERZ PAINCARE

Hydromorphon Aristo® long ist das führende Präferenzpräparat bei Tumorschmerz
Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret: „Sorge als identitätsstiftendes Element…
Problem Schmerzmittelkonsum
Post-Covid und Muskelschmerz
Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

DIABETES

Wie das Dexom G7 abstrakte Zahlen mit Farben greifbar macht…
Diabetes mellitus: eine der großen Volkskrankheiten im Blickpunkt der Schmerzmedizin
Suliqua®: Einfacher hin zu einer guten glykämischen Kontrolle
Menschen mit Diabetes während der Corona-Pandemie unterversorgt? Studie zeigt auffällige…
Suliqua® zur Therapieoptimierung bei unzureichender BOT

ERNÄHRUNG

Positiver Effekt der grünen Mittelmeerdiät auf die Aorta
Natriumaufnahme und Herz-Kreislaufrisiko
Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern
Diät: Gehirn verstärkt Signal an Hungersynapsen
Süßigkeiten verändern unser Gehirn

ONKOLOGIE

Strahlentherapie ist oft ebenso effizient wie die OP: Neues vom…
Zanubrutinib bei chronischer lymphatischer Leukämie: Zusatznutzen für bestimmte Betroffene
Eileiter-Entfernung als Vorbeugung gegen Eierstockkrebs akzeptiert
Antibiotika als Störfaktor bei CAR-T-Zell-Therapie
Bauchspeicheldrüsenkrebs: Spezielle Diät kann Erfolg der Chemotherapie beeinflussen

MULTIPLE SKLEROSE

Multiple Sklerose: Aktuelle Immunmodulatoren im Vergleich
Neuer Biomarker für Verlauf von Multipler Sklerose
Multiple Sklerose: Analysen aus Münster erhärten Verdacht gegen das Epstein-Barr-Virus
Aktuelle Daten zu Novartis Ofatumumab und Siponimod bestätigen Vorteil des…
Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus – kommt die MS-Impfung?

PARKINSON

Meilenstein in der Parkinson-Forschung: Neuer Alpha-Synuclein-Test entdeckt die Nervenerkrankung vor…
Neue Erkenntnisse für die Parkinson-Therapie
Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere von Bewegungssymptomen bei Parkinson…
Technische Innovationen für eine maßgeschneiderte Parkinson-Diagnostik und Therapie
Biomarker und Gene: neue Chancen und Herausforderungen für die Parkinson-Diagnose…