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Urologen legen Positionspapier zur Urologischen Onkologie vor

 

Politische Fehlentwicklungen in der Versorgung von Krebspatienten befürchtet

 

Düsseldorf (27. Juli 2011) – Die Urologen sehen die künftige Versorgung der urologischen Krebspatienten in Gefahr. Mit dem Nationalen Krebsplan hat die Bundesregierung Ziele und neue Strategien zu einer Verbesserung der Früherkennung, Vorsorge und Behandlung von Krebserkrankungen vorgegeben. Die politische Formulierung wünschenswerter Ziele und die Schaffung neuer Strukturen allein führen nach Ansicht der Urologen nicht per se zu besseren Ergebnissen – also Lebensqualität und Überleben – für die Krebspatienten.

 

In einem gemeinsamen Positionspapier beziehen die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU), der Berufsverband der Deutschen Urologen e.V. (BDU) und die Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (AUO) Stellung zur Situation der Urologischen Onkologie. Darin heißt es, man sehe „mit Sorge Fehlentwicklungen im Bereich der Bedarfsplanung und der Fachorientierung bei den urologischen Krebserkrankungen“. Um auch künftig eine gute Versorgung von Patienten mit malignen Erkrankungen des Urogenitaltraktes zu gewährleisten, fordern die Urologen zusammenfassend eine Neudefinition der Onkologievereinbarung, einen fachlich und inhaltlich sinnvollen Umgang mit Mindestmengen und eine Neudefinition der uro-onkologischen Weiterbildung in der Weiterbildungsordnung.

In dem Positionspapier wird die inhaltliche und fachliche Kompetenz der Urologen für die Diagnose, Therapie und Nachsorge der urogenitalen Malignome betont, die in Deutschland etwa 25 Prozent aller soliden Tumore ausmachen. „Die Urologie muss die Kriterien zur Behandlung uro-onkologischer Entitäten selbst definieren. Dieser Kriterienkatalog muss von den jetzt tätigen Uro-Onkologen und nicht von den politischen Gremien definiert werden“, fordert DGU-Präsident Prof. Dr. Joachim Steffens. Er hält einen interdisziplinären Ansatz in der uro-onkologischen Patientenversorgung für sinnvoll, stellt aber auch klar, dass die Federführung von der Urologie als „zuständigem“ Organfach übernommen werden sollte. Auch die Übernahme der Leitungsfunktion in onkologischen Zentren durch allgemein tätige Hämatoonkologen sieht er kritisch.

„Wir Urologen in Klinik und Praxis halten an der Sicherstellung – und der Versorgungsverantwortung der urologischen Krebserkrankungen fest. Wir wollen diesen Behandlungsanspruch nicht nur aufrecht erhalten, sondern ihn im Interesse unserer Patienten kooperativ und fachgruppenübergreifend weiter entwickeln“, macht BDU-Präsident Dr. Axel Schroeder deutlich. Im Positionspapier wird festgestellt: „Eine Übernahme der umfassenden Versorgung und Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen urogenitalen Malignomen, die einer systemischen Therapie bedürfen, durch andere Fachgebiete und Strukturen ist allein mengenmäßig – im Hinblick auf eine wohnortnahe Versorgung – und von der fachlichen Kompetenz her ausgeschlossen." Das Papier ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass jüngste Entwürfe eines Versorgungsgesetzes vorsehen, eine neue ambulante spezialärztliche Versorgungsebene als dritten Sektor zwischen Klinik und Praxis zu etablieren. „Eine flächendeckende wohnortnahe ambulante Uro-Onkologie in den Praxen niedergelassener Urologen wäre damit in der bisherigen Form kaum mehr möglich und zum Nachteil der Krebspatienten“, warnt Dr. Schroeder.

Insbesondere wenden sich die Verfasser des Positionspapiers gegen die festgelegten Mindestmengen an Fallzahlen, die in der neu eingeführten Onkologievereinbarung definiert werden: „Mit der Argumentation, eine Qualitätsverbesserung erreichen zu können, wurde die Onkologievereinbarung so geschaffen, um onkologisch tätige Ärzte mit geringen Fallzahlen aus der Versorgung herauszunehmen.“ Die Festsetzung der Mindestmengen ist nach Ansicht von DGU-Generalsekretär Prof. Dr. Oliver Hakenberg in der angewandten Weise nicht angemessen: „Sie orientiert sich an den Fallzahlen von Hämatoonkologen, die bei einer großen Vielzahl von Tumorentitäten systemische Tumortherapien verabreichen, wohingegen der onkologisch tätige Urologe ausschließlich urogenitale Krebserkrankungen therapiert.“ So weist das Positionspapier denn auch auf die speziellen Kenntnisse und Erfahrungen hin, die für die besondere Palette uroonkologischer Therapien erforderlich sind. Diese würden jedoch von onkologisch tätigen Urologen erbracht, nicht von allgemein tätigen Hämatoonkologen. Eine Festlegung von Mindestmengen müsse sich daher statt an Fallzahlen von Hämatoonkologen an vergleichbaren Behandlungszahlen anderer onkologisch verantwortlicher Fachärzte orientieren. In diesem Zusammenhang ist das Urteil des Sozialgericht Berlin/Brandenburg von lnteresse, welches Mindestmengen als Qualitätsmerkmal verneint.

Grundsätzlich wird die Definition von Mindestmengen in der Onkologie problematisch gesehen, da sie die Gefahr beinhalten, Indikationen auszuweiten, um die Behandlungszahlen im Bereich oberhalb der Mindestmengen zu halten. Außerdem sagten Mindestmengen nicht automatisch etwas über die Qualität der Behandlung aus, für die Qualifikation und Kompetenz entscheidend seien. Beides liege in der Hand der Urologen.

Prof. Dr. Jürgen Gschwend, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft, betont, man habe „die vom Nationalen Krebsplan angestoßenen Entwicklungen konsequent und nachhaltig mit Maßnahmen im Bereich der Therapie und der Fortbildung aufgegriffen“. Er verweist auf die entwickelte interdisziplinäre S3-Leitlinie Prostatakarzinom und auf Leitlinien zu Nieren-, Penis- sowie Harnblasenkarzinom, die sich in Vorbereitung befinden sowie den seit vielen Jahren etablierten, regelmäßig aktualisierten interdisziplinären Konsensus zur Diagnostik und Therapie des Hodentumors. Die Fortbildungsveranstaltungen von DGU, BDU und AUO zur leitliniengerechten Therapie bei urologischen Malignomen würden regelmäßig stark nachgefragt.

In ihrem Positionspapier machen sich die Urologen dafür stark, die Weiterbildung „Medikamentöse Tumortherapie“ begleitend zur Ausbildung Facharzt für Urologie durchzuführen und nicht erst nach deren Abschluss. Zusätzlich streben DGU und BDU durch eine Änderung der Musterweiterbildungsordnung die Etablierung einer Zusatzqualifikation im Sinne eines Schwerpunktes „Urologische Onkologie“ an.

 

 


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V., 27.07.2011 (tB).

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