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DGGG-Kongress 16. – 19. September 2008 in Hamburg
Vermindertes sexuelles Verlangen – Frauen suchen Hilfe
Hamburg/Ingelheim (19. September 2008) – "Ich habe meine Lust auf Sex verloren – das belastet mein ganzes Leben", solche oder ähnliche Äußerungen hören Gynäkologen von Frauen mit vermindertem sexuellen Verlangen (HSDD = Hypoactive Sexual Desire Disorder). Laut einer Studie des Informationszentrums für Sexualität und Gesundheit e.V. (ISG, Freiburg) suchen viele Patientinnen aller Altersklassen Rat bezüglich sexueller Probleme. Am häufigsten wird das Thema vermindertes sexuelles Verlangen angesprochen. Dabei ist der Gynäkologe der erste und wichtigste Ansprechpartner für die betroffenen Frauen. Demgegenüber steht, dass Gynäkologen nach eigenen Angaben über therapeutische Möglichkeiten nicht ausreichend informiert sind. In dieser aktuellen Befragung zu weiblichen sexuellen Funktionsstörungen, die im Rahmen des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) in Hamburg erstmals vorgestellt wurden, gaben nur 42,2 Prozent der befragten Ärzte an, sich bei der Diagnostik sicher zu fühlen.
"Der Fortbildungsbedarf zu sexuellen weiblichen Funktionsstörungen ist im Allgemeinen sehr hoch. Dies gilt vor allem im Bereich der Frühintervention, Diagnostik, Basisbetreuung und Therapie", so Dr. Michael Berner, Oberarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Freiburg. Berner stellte auf dem von Boehringer Ingelheim veranstalteten Symposium "Vermindertes sexuelles Verlangen: Neue Erkenntnisse zu HSDD" erste Ergebnisse einer Befragung zur ambulanten Versorgungssituation von Patientinnen mit sexuellen Funktionsstörungen im gynäkologischen Bereich vor. Für die repräsentative Umfrage wurde jeder 7. deutsche Gynäkologe um Beantwortung eines standardisierten Fragebogens zum Umgang mit sexuellen Funktionsstörungen gebeten. Weiterhin wurden die Ärzte aufgefordert, die Patientin zu beschreiben, mit der sie diese Thematik zuletzt besprochen hatten. Das Durchschnittsalter der Patientinnen lag im Mittel bei 40 Jahren (Range: 19-67 Jahre). Bemerkenswert war, dass 72,1 Prozent der Referenzpatientinnen von sich aus sexuelle Probleme angesprochen hatten – lediglich ein Viertel der Frauen wurde routinemäßig von ihrem Arzt dazu befragt. Dies ist umso bedeutsamer, als dass die sexuelle Zufriedenheit anerkanntermaßen ein wichtiger Teil der Gesamtgesundheit ist und wesentlich zur Lebensqualität beiträgt.
Vermindertes sexuelles Verlangen – HSDD
Frauen mit einer verminderten Libido leiden unter den Symptomen, fühlen sich unweiblich, isoliert und frustriert. Das verminderte sexuelle Verlangen (Hypoactive Sexual Desire Disorder = HSDD) ist diagnostisch klar definiert: Ein reduziertes sexuelles Interesse, nur selten sexuelle Gedanken und Fantasien, deutlicher Leidensdruck und keine organischen Umstände oder Nebenwirkungen eines Medikamentes als Ursache für die Störung. Häufig führt das Leiden zu Problemen in der Partnerschaft. Die Frauen empfinden Schuldgefühle, weil ihnen das Interesse an sexueller Nähe verloren gegangen ist.
Die Neurobiologie hinter der Lust
Aus neurologischer Sicht entsteht eine sexuelle Erregung aus einer "Hemmung der Hemmung": Die Unterdrückung hemmender Signale – wie sie beispielsweise bei Angst oder Ablenkung vorliegen – ist entscheidend. Professor Uwe Hartmann, Leiter des Arbeitsbereichs Klinische Psychologie der Medizinischen Hochschule Hannover, erklärte in seinem Vortrag, dass bei einer sexuellen Dysfunktion das System aus Erregung und Hemmung (Dual-Control-Model) gestört ist. Bei der sexuellen Erregung spielen insbesondere kortikale Regionen eine wichtige Rolle. Langanhaltende Dysregulationen und entsprechende Erfahrungen von vermindertem sexuellen Verlangen (HSDD) können zu strukturellen Veränderungen führen. Hartmann erläuterte, dass "in der Pharmakotherapie vor allem Substanzen interessant wären, die zentral ansetzen und die Erregung verstärken und/oder die Hemmung schwächen können".
Ein Weg aus der Frustration
"Von HSDD betroffene Frauen sind oft sehr verunsichert und würden gern etwas an ihrer Lustlosigkeit ändern, wissen aber nicht wie", betonte Dr. Anneliese Schwenkhagen, Gynäkologin in Hamburg.
Dabei wünschen sich die Patientinnen dringend Unterstützung und der Gynäkologe ist der wichtigste Ansprechpartner. Bei einer Befragung von Patientinnen unter 45 Jahren zum Umgang ihres Arztes mit den sexuellen Problemen gaben jedoch 77 Prozent der Frauen an, dass es ihnen peinlich war, den Arzt aktiv anzusprechen. Viele hätten sich gewünscht, dass der Arzt von sich aus das Thema professionell und kompetent erwähnt.
Als therapeutische Interventionsmaßnahmen stehen den Ärzten heute nur die Sexualtherapie und – in eingeschränktem Maße – die Pharmakotherapie zur Verfügung. Derzeit sind die therapeutischen Möglichkeiten jedoch begrenzt. Weitere Erkenntnisse über das komplizierte Zusammenspiel zwischen dem Erregungs- und Hemmungssystem machen deutlich, dass eine zentrale Beeinflussung von Dysfunktionen hilfreich wäre. Neue Substanzen, wie beispielsweise Flibanserin, nutzen diesen Ansatz. Die Substanz wirkt als ein 5-HT1A-Serotoninrezeptoragonist und 5-HT2A-Serotoninrezeptorantagonist auf das zentrale Nervensystem. Flibanserin wird derzeit in einem großen internationalen Studienprogramm (Bouquet®-Studien) untersucht.
Quellen
[1] ISG-Studie STEFFI, Internet basierte Befragung mit dem „Bonner Fragebogen zur Sexualität der Frau“ nach Prof. Rohde, Bonn
[2] Berner M. (2008) DGGG-Vortrag, unveröffentlichte Daten
[3] Nusbaum MRH et al. Maturitas 2004; 49: 283-291
Quelle: Pressemitteilung der Firma Boehringer Ingelheim vom 19.09.2008 (tB).