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Zavesca® (Miglustat) erhält EU-Zulassung für die Behandlung progressiver neurologischer Symptome bei Patienten mit Niemann-Pick Typ C

 

ALLSCHWIL/BASEL, SCHWEIZ (29. Januar 2009) – Actelion Ltd (SIX: ATLN) teilte heute mit, dass Zavesca® (Miglustat) in der Europäischen Union für die Behandlung progressiver neurologischer Symptome bei Erwachsenen und Kindern mit der Niemann-Pick Typ C-Krankheit (NPC) zugelassen wurde. Zavesca® ist das erste Präparat, das in dieser Indikation eine Zulassung erhält. Niemann-Pick Typ C ist eine sehr seltene, kontinuierlich fortschreitende, genetisch bedingte neurodegenerative Erkrankung mit tödlichem Ausgang, an der sowohl Kinder als auch Erwachsene leiden.

 

Zavesca® (100 mg Miglustat) ist bereits für die orale Behandlung von erwachsenen Patienten mit leichter bis mittelschwerer Typ-1-Gaucher-Krankheit zugelassen. Zavesca® darf nur für die Behandlung von Patienten mit Typ-1-Gaucher-Krankheit eingesetzt werden, bei denen eine Enzymersatztherapie nicht in Betracht kommt.

 

Dr. Jean-Paul Clozel, Chief Executive Officer von Actelion kommentierte: "Ich bin sehr stolz, dass Actelion in enger Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft aufzeigen konnte, dass Zavesca® ein Fortschreiten der klinisch relevanten neurologischen Symptome bei NPC-Patienten bremst. Ich möchte den Patienten und deren Familien sowie den klinischen Experten für ihr jahrelanges Engagement bei der Durchführung des klinischen Studienprogramms danken. Im Streben nach wissenschaftlichem Fortschritt und einer patientenorientierten Medizin wird sich Actelion auch in Zukunft für Patienten einsetzen, die an seltenen Krankheiten leiden."

 

Dr. Ed Wraith vom Royal Manchester Children’s Hospital erklärte: "Mit Zavesca® steht erstmals eine behördlich zugelassene Behandlung für NPC zur Verfügung. Die in einer klinischen Studie und einer retrospektiven Kohortenstudie erhobenen Daten zeigten eine konsistente günstige klinische Reaktion auf. Als behandelnder Arzt weiss ich, wie wichtig es ist, ein Fortschreiten der neurologischen Symptome zu bremsen." 

Auch in anderen Ländern wird derzeit die erweiterte Zulassung von Miglustat für Patienten mit NPC geprüft.

  

Über die Niemann-Pick-Krankheit Typ C

NPC ist ein sehr seltenes neurodegeneratives, genetisch bedingtes Leiden mit tödlichem Ausgang, das überwiegend Kinder und Jugendliche betrifft, jedoch in jedem Alter einsetzen kann. Die Symptome werden durch die Speicherung gewisser Glykosphingolipide in bestimmten Körperzellen einschließlich des Gehirns hervorgerufen. Die Erkrankung ist unerbittlich progressiv, und die meisten Patienten sterben innerhalb von fünf bis zehn Jahren nach der Diagnose. Kinder, die unter dieser Krankheit leiden, erreichen das Erwachsenenalter in der Regel nicht.  Die Verschlechterung neurologischer Funktionen ist ein Hauptkennzeichen der Krankheit. Sie kann sich in schwerfälligen Körperbewegungen, Gleichgewichtsproblemen, langsamer und undeutlicher Sprache, Schluckbeschwerden, Problemen mit den Augenbewegungen und Krampfanfällen äußern. Ein Nachlassen der intellektuellen Fähigkeiten ist üblich. In den Endstadien der Erkrankung ist das Kind oder der junge Erwachsene bettlägerig, hat wenig Muskelkontrolle und ist intellektuell geschädigt. Die Diagnose der Krankheit kann sich infolge ihres seltenen Auftretens und der unterschiedlichen Ausprägung als schwierig und langwierig erweisen. Bisher gab es keine Behandlungsmöglichkeit für dieses Leiden.

 

Über Zavesca® und Niemann-Pick Typ C

Zavesca® ist für die Behandlung progressiver neurologischer Symptome bei Erwachsenen und Kindern mit Niemann-Pick Typ C indiziert.

Grundlage für die Zulassung von Zavesca® für die Behandlung von Niemann-Pick Typ C sind klinische Daten, die im Rahmen der klinischen Studie OGT918-007 und zwei multizentrischen retrospektiven Kohortenstudien mit NPC-Patienten gewonnen wurden.

 

Erwachsene NPC-Patienten erhielten normalerweise dreimal täglich 200 mg Zavesca®. Die Dosierung für Kinder wurde auf Basis der Körperoberfläche angepasst.

 

Im Rahmen der klinischen Studie OGT918-007 erhielten erwachsene und jugendliche NPC-Patienten (n=29, Alter >=12 Jahre) zwölf Monate lang entweder 200 mg t.i.d. Miglustat (n=20) oder wurden standardmäßig versorgt (n=9) [1]. Außerdem wurde zwölf Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren Miglustat in einer an ihre Körperoberfläche angepassten Dosierung verabreicht. Im Anschluss daran erhielten alle Patienten für weitere zwölf Monate Miglustat. Endpunkt der Studie war die Veränderung der Geschwindigkeit der sakkadischen horizontalen Augenbewegungen (Horizontal saccadic eye movement – HSEM). Andere Endpunkte beinhalteten Schlucken, Gangbild, neurologische Untersuchung, neuropsychologische Beurteilung, Tremor und Lebensqualität. Nach zwölf Monaten hatte sich die HSEM-Geschwindigkeit bei Patienten unter Miglustat gegenüber der Gruppe, die standardmäßig versorgt wurde, verbessert; signifikante Ergebnisse wurden bei Ausschluss von Patienten unter Benzodiazepinen erzielt (p=0.028) [1]. Nach zwölf Monaten zeigte sich auch bei Kindern eine vergleichbare Verbesserung der HSEM-Geschwindigkeit. Bei über zwölfjährigen Patienten konnte außerdem eine Verbesserung des Schluckvermögens, eine stabile Hörschärfe und eine verlangsamte Verschlechterung des Mobilitätsindexes  festgestellt werden [1].

 

In einer unkontrollierten Verlängerungsphase der OGT918-007-Studie zeigten die dabei gewonnenen Daten, dass Miglustat bei wichtigen Markern für neurologische Fehlfunktionen im Zusammenhang mit NPC eine Krankheitsstabilisierung sowohl bei jugendlichen/erwachsenen als auch bei pädiatrischen Kohorten herbeiführen kann. Diese Ergebnisse stützen die Interpretation, dass in der kontrollierten Studienphase nach Ablauf von zwölf Monaten mit Miglustat ein Behandlungseffekt erzielt wurde [2,3].

 

Die Sicherheit und Verträglichkeit von dreimal täglich 200 mg Miglustat entsprach den Ergebnissen aus früheren Studien im Zusammenhang mit Typ-1-Gaucher-Krankheit, in denen nur die Hälfte dieser Dosierung verabreicht worden war [1, 2, 3]. 

Eine erste retrospektive Kohortenstudie wurde an 25 Studienzentren in zwölf Ländern durchgeführt. Dabei wurde die Veränderung des neurologischen Status und der Behandlungsnutzen von Miglustat bei 66 NPC-Patienten untersucht, die außerhalb der OGT918-007-Studie durchschnittlich eineinhalb Jahre lang mit Miglustat behandelt wurden. Die Bewertung des Schweregrades von Dysphagie (Schlucken), Dystonie (Feinmotorik), Ataxie (Gangbild) und Dysarthrie (Artikulationsfähigkeit) bei Diagnosestellung, Behandlungsbeginn und letzter Konsultation wurde anhand einer krankheitsspezifischen Behinderungsskala vorgenommen [4]. In Bezug auf diese vier Parameter blieb die Mehrheit der Patienten nach Abschluss der Behandlung zumindest stabil, was darauf hindeutet, dass Miglustat das Fortschreiten neurologischer Manifestationen bei NPC-Patienten klinisch positiv beeinflusst [4].

 

Eine zweite retrospektive Kohortenstudie wurde an sieben Zentren in sechs Ländern durchgeführt. Ziel war die Erhebung von Daten bezüglich der Veränderung des neurologischen Status bei 57 Patienten, deren  normaler Krankheitsverlauf ohne eine Verabreichung von Miglu­stat durchschnittlich fünfeinhalb Jahre lang beobachtet wurde. Die Schwere von Dysphagie, Dystonie, Ataxie und Dysarthrie zum Zeitpunkt der Diagnose und der zuletzt erfolgten Konsultation wurde unter Verwendung derselben Behinderungsskala gemessen. Die Ergebnisse sollen im ersten Halbjahr 2009  vorgestellt werden.

 

Der Behandlungsnutzen von Zavesca® im Hinblick auf neurologische Symptome bei Patienten mit Niemann-Pick Typ C sollte regelmäßig, beispielsweise halbjährlich, evaluiert werden. Nach wenigstens einjähriger Behandlungsdauer sollte über eine Fortsetzung der Therapie mit Zavesca® entschieden werden.

 

Über Zavesca®  und Typ-1-Gaucher-Krankheit

Zavesca® (100 mg Miglustat in Kapselform) ist für die orale Therapie von erwachsenen Patienten mit leichter bis mittelschwerer Typ-1-Gaucher-Krankheit zugelassen. Zavesca® darf nur für die Behandlung von Patienten mit Typ-1-Gaucher-Krankheit eingesetzt werden, bei denen eine Enzymersatztherapie nicht in Betracht kommt. Das Medikament ist in der Europäischen Union, den USA, Kanada, der Schweiz, Brasilien, Australien, der Türkei und Israel zugelassen. 

 

Sicherheitsinformationen zu Zavesca®

Bei mehr als 80% der mit Zavesca® behandelten Patienten wurden Magen-Darm-Reaktionen, vor allem Diarrhoe, entweder zu Beginn der Behandlung oder auch intermittierend, festgestellt. Diese verlaufen mehrheitlich mild und verschwinden in der Regel nach den ersten Behandlungswochen von selbst. In der klinischen Praxis zeigte sich, dass die Diarrhoe durch eine Veränderung der Nahrungszusammensetzung  (Reduzierung der Einnahme von Lactose und anderer Kohlenhydrate), die Einnahme von Zavesca® außerhalb der Mahlzeiten und/oder die Einnahme von Anti-Diarrhoe-Präparaten wie beispielsweise Loperamid unter Kontrolle gebracht werden konnte. Bei einzelnen Patienten könnte eine vorübergehende Herabsetzung der Dosis notwendig werden. Patienten mit chronischer Diarrhoe oder anderen anhaltenden Gastrointestinalbeschwerden, die auf diese Maßnahmen nicht reagieren, sollten gemäß klinischer Praxis untersucht werden. Zavesca® ist  bisher nicht bei Patienten mit einer Krankheitsgeschichte schwerwiegender Gastrointestinalerkrankungen wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen untersucht worden.

 

Bei mit Zavesca® behandelten Patienten mit Typ-1-Gaucher-Krankheit wurden Fälle von peripherer Neuropathie berichtet. Bei Patienten mit Typ-1-Gaucher-Krankheit treten im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung häufiger Fälle von peripherer Neuropathie auf. Alle Patienten sollten sich zu Beginn einer Behandlung und danach in regelmäßigen Abständen einer neurologischen Untersuchung unterziehen. Bei Patienten, die Symptome wie Taubheit oder Kribbeln entwickeln, sollten Nutzen und Risiken der Behandlung sorgsam abgeklärt werden.

 

Zavesca® kann bei schwangeren Frauen zu Missbildungen des ungeborenen Lebens führen. Es darf deshalb nicht an Frauen, die schwanger sind oder es werden können, abgegeben werden; Patienten sollten auf das Risiko fötaler Missbildungen hingewiesen werden. Die Einnahme kann bei Männern zur Unfruchtbarkeit führen. Während einer Therapie mit Zavesca® und bis drei Monate nach Absetzen der Therapie sollten deshalb Kontrazeptiva verwendet und keine Schwangerschaft geplant werden.

 

Bei einigen pädiatrischen Patienten mit Niemann-Pick Typ C wurde in der ersten Behandlungsphase mit Zavesca® ein verzögertes Wachstum beobachtet, wobei die anfängliche verminderte Gewichtszunahme möglicherweise mit einer verringerten Größenzunahme korrelierte. Bei pädiatrischen und heranwachsenden Patienten sollte während der Behandlung mit Zavesca® das Wachstum überwacht und  eine individuelle Nutzen-Risikoabwägung hinsichtlich der Fortsetzung der Therapie vorgenommen werden.

 

Bei einigen NPC-Patienten wurde im Verlauf der Behandlung mit Zavesca® eine leichte Abnahme der Blutplättchen beobachtet, die nicht mit Blutungen assoziiert war. Bei 40 bis 50 Prozent der Patienten, die an der klinischen Studie teilnahmen, lagen die Thrombozytenwerte bereits vor Behandlungsbeginn unter dem Normwert. Für diese Patienten wird die Kontrolle der Thrombozytenwerte empfohlen.

 

Literaturhinweis

  • Patterson MC, Vecchio D, Prady H, Abel L and Wraith JE. Miglustat for treatment of Niemann-Pick C disease: a randomised controlled study. Lancet Neurol 2007; 6:765-772.
  • Patterson MC, Vecchio D, Prady H, Abel L and Wraith JE. Miglustat for treatment of Niemann-Pick C disease: results of 24 month’s treatment. Proceedings of 57th Annual meeting of the American Society of Human Genetics, 2007; abstract # 2253.
  • Patterson MC, Vecchio D, Jacklin E and Wraith JE. Miglustat in Niemann-Pick disease Type C (NPC): long-term data from a clinical trial. Proceedings of 58th Annual meeting of the American Society of Human Genetics, 2008; abstract # 766.
  • Pineda M, Wraith JE, Sedel F, et al. Miglustat in patients with Niemann-Pick type C disease (NPC): a multicentre retrospective survey. Journal of Inherited Metabolic Disease 2008; 31(Suppl 1) 98. Note: this abstract describes the results of the survey with the first 44 cases collected.

 

Mehr Informationen und Hintergründe zu Morbus Niemann Pick finden Sie auch auf der Internetseite der Selbsthilfegruppe unter www.niemann-pick.de

 

 


 

Quelle: Pressemittteilung der Forma Actelion vom 29. Januar 2009 (Cramer-Gesundheits-Consulting).

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